• Erinnerung an die ermordeten Juden von Kowel
Im Wald in der Nähe des Ortes Bachiw erinnert seit 2015 ein Gedenkort an die etwa 8.000 ermordeten Juden aus Kowel, die dort im Juni 1942 erschossen wurden. Die »Aktion« war der Auftakt zur Auflösung der Ghettos in Kowel. Insgesamt wurden in und um Kowel zwischen 1941 und 1942 etwa 15.000 Juden ermordet.
Bild:Kowel, 1930er Jahre, Jüdischer Markt in der Stadt, Israeli Organization of the Jews of Kovel and its Surroundings
Kowel, 1930er Jahre, Jüdischer Markt in der Stadt, Israeli Organization of the Jews of Kovel and its Surroundings

Bild:Kowel, 2015, Ansicht des neuen Denkmals, Anna Voitenko
Kowel, 2015, Ansicht des neuen Denkmals, Anna Voitenko
Kowel, in der historischen Region Galizien gelegen, gehörte ab 1795 zum Russischen Zarenreich an und wurde nach Ende des Ersten Weltkrieges wieder polnisch.
Die Gründung der jüdischen Gemeinde lässt sich auf das 16. Jahrhundert zurückdatieren. In der Zwischenkriegszeit waren über 50 Prozent der Einwohner Kowels Juden. Das politische und gesellschaftliche Leben der Juden war vielfältig. Ab Ende der 1920er Jahre wurde ihre politische Teilhabe jedoch immer mehr zurückgedrängt, als in Polen nationalistische Kräfte an Einfluss gewannen.
Infolge des Hitler-Stalin-Paktes fiel Kowel im Herbst 1939 an die Sowjetunion. Unter sowjetischer Besatzung wurden viele Juden verhaftet oder enteignet. Durch Fluchtwellen aus dem deutsch besetzen Polen stieg die Zahl der Juden noch einmal stark an. Als die deutsche Wehrmacht wenige Tage nach ihrem Angriff auf die Sowjetunion am 28. Juni 1941 in Kowel einmarschierte, lebten in der Stadt etwa 17.000 Juden.
Unter deutscher Besatzung mussten Juden zur Kennzeichnung Armbinden tragen und Zwangsarbeit leisten. Im Verlauf des Sommers 1941 wurden etwa 1.000 von ihnen ermordet. Am 27. Mai 1942 mussten alle Juden in zwei neu angelegte Ghettos umsiedeln. Rund 10.000 wurden in ein Ghetto in der Altstadt gezwungen, während etwa 3.500 Arbeiter und ihre Familien in ein Ghetto in der Neustadt ziehen mussten.
Anfang Juni 1942 verschleppten deutsche und ukrainische Polizisten die Juden aus dem Altstadtghetto an eine zuvor ausgehobene Sandgrube in der Nähe des Dorfes Bachiw. Innerhalb der nächsten drei Tage erschossen sie dort mehr als 8.000 von ihnen, sowie mehrere Hundert im Stadtgebiet. Etwa 1.000 Juden gelang bei dieser »Aktion« die Flucht. Die Einwohner des zweiten Ghettos wurden bald darauf ebenfalls erschossen. Bis Oktober 1942 wurden fast alle Juden in Kowel ermordet, die meisten auf dem jüdischen Friedhof.
Bild:Kowel, 1930er Jahre, Jüdischer Markt in der Stadt, Israeli Organization of the Jews of Kovel and its Surroundings
Kowel, 1930er Jahre, Jüdischer Markt in der Stadt, Israeli Organization of the Jews of Kovel and its Surroundings

Bild:Kowel, 2015, Ansicht des neuen Denkmals, Anna Voitenko
Kowel, 2015, Ansicht des neuen Denkmals, Anna Voitenko
Insgesamt ermordeten deutsche Einheiten zwischen Juni 1941 und Oktober 1942 etwa 15.000 Juden in und um Kowel. Etwa 8.000 von ihnen wurden im Wald bei Bachiw erschossen. Bei der Auflösung des zweiten Ghettos ermordeten die deutschen Einheiten außerdem etwa 150 Roma. Sie wurden ebenfalls auf dem jüdischen Friedhof begraben.
Bild:Kowel.o.D., Ein Mann mit dem kurz nach der Befreiung errichteten Holzdenkmal, www.jewishgen.org
Kowel.o.D., Ein Mann mit dem kurz nach der Befreiung errichteten Holzdenkmal, www.jewishgen.org

Bild:Kowel, 2015, Dreisprachige Widmung des Gedenkortes, Anna Voitenko
Kowel, 2015, Dreisprachige Widmung des Gedenkortes, Anna Voitenko
Ungefähr zweihundert Juden aus Kowel überlebten den Holocaust. Am 1. September 1944, zwei Monate nachdem die Rote Armee die Wehrmacht vertrieben hatte, lebten offiziell 22 Juden in der Stadt. Die meisten überlebenden Juden verließen die Sowjetunion wenig später.
Kurz nach der Befreiung errichteten jüdische Überlebende eine erste Holzstele in Bachiw in Erinnerung an die dort Ermordeten und umfassten das Gebiet mit einem Holzzaun. Dieses erste Gedenkzeichen verschwand jedoch bald wieder. Der Wald überwuchs die Massengräber. Im Laufe der Jahre wurden zwei weitere Denkmäler an der Erschießungsstelle erbaut. 1996 errichteten Überlebende und deren Angehörige ein Denkmal aus Stein mit hebräischer Inschrift.
Im Sommer 2014 errichtete das American Jewish Committee Berlin im Rahmen des vom deutschen Auswärtigen Amt unterstützen internationalen Projekts »Protecting Memory« eine Gedenkstätte auf dem Areal. Sie integriert vier Massengräber. Der alte Gedenkstein und eine neu errichtete Gedenktafel bilden das Zentrum der Anlage. Auf einer kleinen Anhöhe gelegen, sind sie durch Pfade mit den vier Massengräbern verbunden. Vermutlich befinden sich noch weitere, bislang unentdeckte Massengräber im Wald.
In Kowel selbst gibt es noch kein Denkmal für die ermordeten Juden. Die jüdischen Friedhöfe sind kaum mehr erkennbar.
Bild:Kowel, 2015, Ansicht des Gedenkortes, Anna Voitenko
Kowel, 2015, Ansicht des Gedenkortes, Anna Voitenko

Bild:Kowel, 2015, Informationstafel beim Gedenkort, Anna Voitenko
Kowel, 2015, Informationstafel beim Gedenkort, Anna Voitenko
Name
Pamjatnyk jewrejam zahyblym u Koveli
Adresse
TO 311
45031 Kowel
Telefon
+380 (044) 285-90-30
Fax
+380 (044) 285-90-30
Web
http://www.protecting-memory.org/de/memorial-sites/rawa-ruska/
E-Mail
uhcenter@holocaust.kiev.ua
Öffnungszeiten
Der Gedenkort ist jederzeit zugänglich.