Gedenktafel für die deportierten Juden - Bahnhof Deutschendorf

Pamätník Poprad


Am Bahnhof in Deutschendorf (slowakisch: Poprad) erinnert eine Gedenktafel an den ersten Deportationstransport von slowakischen Juden, der von dort in Richtung Auschwitz fuhr.

Geschichte

Seit dem späten 19. Jahrhundert lebte in Deutschendorf (slowakisch: Poprad), einer Stadt am Fuße der Hohen Tatra, eine kleine jüdische Gemeinde. Als 1938 die Slowakische Volkspartei von Jozef Tiso an die Macht kam und ab 1939 in der nun eigenständigen Slowakei eine Diktatur einrichtete, begann die slowakische Regierung, die im Land lebenden Juden systematisch zu verfolgen. Zuerst wurden sie aus dem öffentlichen Leben ausgeschlossen, anschließend enteignet und viele zur Zwangsarbeit verpflichtet. 1942 begann die Slowakei in enger Abstimmung mit dem Deutschen Reich mit der Deportation von Juden in Ghettos und Konzentrationslager im deutsch besetzten Polen. Die meisten Deportationen wurden über den Bahnhof von Deutschendorf abgewickelt. Der erste Transport mit etwa 1.000 jüdischen Mädchen und Frauen verließ am 25. März 1942 Deutschendorf in Richtung Auschwitz-Birkenau. Bis Ende des Jahres, als die Deportationen vorläufig eingestellt wurden, waren bereits fast 58.000 Juden aus der Slowakei nach Polen verschleppt worden. Die Deportationen wurden nach der Niederschlagung des Slowakischen Nationalaufstands im Herbst 1944 wieder aufgenommen. Insgesamt etwa 70.000 Juden wurden aus der Slowakei deportiert.

Opfergruppen

Die Gedenktafel ist den rund 1.000 Mädchen und jungen Frauen gewidmet, die am 25. März 1942 mit Zügen der slowakischen Eisenbahn von Deutschendorf aus ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort von der SS ermordet wurden. Insgesamt wurden etwa 75.000 slowakische Juden im Holocaust ermordet, die meisten von ihnen in Konzentrations- und Vernichtungslagern der SS im besetzten Polen.

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Nach dem Ende der Habsburger Monarchie 1918 schlossen sich Slowaken und die tschechischen Länder Böhmen, Mähren sowie Tschechisch-Schlesien zur Tschechoslowakei zusammen. Bis zum Frühjahr 1939 wurde diese Republik in mehreren Schritten durch das benachbarte nationalsozialistische Deutschland zerschlagen. Im Herbst 1938 erhielt die Slowakei einen Autonomiestatus mit einer eigenen Regierung, fast zugleich verlor sie Grenzgebiete an Ungarn. Im März 1939 erklärte sie ihre Unabhängigkeit und wurde zu einem Satellitenstaat des Deutschen Reiches unter Führung der nationalistischen Hlinka-Partei und dem Präsidenten Jozef Tiso (1887–1947), einem katholischen Priester. Ihr militärischer Arm nahm polizeiliche Aufgaben wahr und ging gegen Juden, Tschechen, die politische Linke und andere Gegner vor. Das Regime schuf ein Zwangsarbeitssystem, das auch viele Roma erfasste. Als erste verbündete Regierung stimmte Preßburg (Bratislava) im Herbst 1941 dem deutschen Plan zur Deportation von Juden nach Osteuropa zu. Allein 1942 wurden 60.000 aus der Slowakei in deutsche Vernichtungslager verschleppt. Insgesamt fanden etwa 75.000 slowakische Juden während des Holocaust den Tod. Der bevorstehende Einmarsch der Roten Armee führte im Spätsommer 1944 zum Nationalaufstand gegen das Regime der Hlinka-Partei. Die Erhebung schlugen deutsche Armee- und SS-Einheiten nieder; sie forderte etwa 20.000 Tote. Nach dem Krieg wurde die Slowakei erneut Teil der ab 1948 kommunistischen Tschechoslowakei. Die Erinnerung an den Nationalaufstand stand im Zentrum des kollektiven Gedächtnisses. Er wurde als Widerstand dargestellt, der die sozialistische Gesellschaft ermöglicht hatte. In Neusohl (Banská Bystrica), dem Zentrum des Nationalaufstands, entstand ab 1947 ein Erinnerungsort, der mehrfach erweitert wurde. Die Verantwortung für die Kollaboration mit Deutschland wurde ausschließlich den Anhängern der Hlinka-Partei zugeschrieben. 1993 trennten sich der tschechische und der slowakische Teil des Landes. Eine eigene staatliche Tradition jenseits der Existenz in den Jahren 1939 bis 1945 hatte die Slowakei nicht. Die heutige Gedenkkultur spiegelt dies wider: Neben den Sozialisten berufen sich nun auch die bürgerlichen Kräfte auf den Slowakischen Nationalaufstand. Sie verknüpfen mit ihm die – nach 1948 bitter enttäuschte – Hoffnung auf eine demokratische und an westlichen Werten orientierte Ordnung. Die nationalslowakischen Kräfte setzen sich von beiden Richtungen ab: Sie identifizieren sich mit der staatlichen Unabhängigkeit 1939–1945, verstehen den Aufstand, der die Besetzung des Landes zur Folge hatte, als Verrat und verehren Tiso. In diesem Lager gibt es kaum Bereitschaft, der deportierten Juden zu gedenken. Zuweilen sieht man die slowakische Kollaboration als Ergebnis deutschen Zwangs, dem man nachgeben musste, wollte man den slowakischen Staat nicht gefährden. Gegen diese Tendenzen arbeiten liberal eingestellte Wissenschaftler an. Sie verweisen auf die slowakische Beteiligung an den Verschleppungen und auf die Verfolgung der Roma. Seit den 1990er Jahren wurden an einzelnen Orten kleinere Gedenktafeln für die verfolgten und ermordeten Juden angebracht. Teilweise handelt es sich allerdings um Orte in den ab 1938 ungarisch besetzten Gebieten, aus denen nach dem Einmarsch der Wehrmacht im März 1944 deutsche SS-Einheiten Juden deportiert hatten. Der wichtigste Ort der Erinnerung an die aus der Slowakei deportierten Juden ist das Holocaustmuseum auf dem Gelände des ehemaligen Zwangsarbeitslagers Sered, das 2016 eröffnet wurde.

Erinnerung

In 1992 wurde eine Gedenktafel an der Wand der 1906 erbauten ehemaligen Synagoge von Deutschendorf aufgehängt. Im Jahr 2002, am 60. Jahrestag der ersten Deportation, wurde an der Mauer des Bahnhofsgebäudes eine neue Gedenktafel enthüllt. Sie wurde vom Jüdischen Museum von Pressburg mit der Unterstützung des Kulturministeriums der Slowakei angefertigt. Jedes Jahr am 25. März finden Trauerfeiern am Bahnhof statt.

Öffnungszeiten

Die Gedenktafeln sind jederzeit zugänglich.

Kontakt

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mzk@snm.sk

+421 2 59 34 91 42

Ulica J. Wolkera
058 01 Poprad