Mahnmal Bielefeld

Mahnmal Bielefeld


In der ostwestfälischen Großstadt Bielefeld erinnert seit 1998 ein Mahnmal an mehrere tausend Juden aus Bielefeld und der Umgebung, die ab 1941 von dort aus in Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert wurden.

Geschichte

Bielefeld liegt in der Region Ostwestfalen am Rande des Teutoburger Waldes. Juden siedelten sich in Bielfeld bereits im 14. Jahrhundert an. Die jüdische Gemeinde wuchs im 19. Jahrhundert stark an, blieb jedoch zahlenmäßig klein. 1933 lebten in Bielefeld etwa 800 Juden bei einer Gesamtzahl von etwa 121.000 Einwohnern.
Die Nationalsozialisten begannen nach der Machtübernahme damit, Juden systematisch vom öffentlichen Leben auszugrenzen und zu diskriminieren. Juden wurden aus ihren Berufen gedrängt, viele schlossen ihre Geschäfte. Von den über 150 jüdischen Läden und Geschäften in Bielefeld waren im Sommer 1938 nur noch etwa achtzig geöffnet. Diese wurden während der Novemberpogrome 1938 zur Zielscheibe der Nationalsozialisten. Am 12. November verschleppten die Nationalsozialisten 406 Juden, davon etwa 40 bis 50 aus Bielefeld, vom Bielefelder Hauptbahnhof aus in das Konzentrationslager Buchenwald. Obwohl sie nach einigen Wochen freigelassen wurden, wanderten viele Bielefelder Juden anschießend aus, die letzten vier jüdischen Geschäfte wurden 1939 »arisiert«.
Ab 1941 begannen die Nationalsozialisten Juden aus dem Deutschen Reich in Ghettos und Vernichtungslager im besetzten Osten zu deportieren. Die erste Deportation aus Bielefeld fand am 13. Dezember 1941 statt: In den bereits mit Juden aus Münster und Westfalen überfüllten Zug mussten jüdische Familien aus Bielefeld sowie den heutigen Kreisen Ostwestfalen-Lippe und Schaumburg-Lippe zusteigen. An diesem Tag wurden aus der Umgebung von Bielefeld etwa 420 Juden deportiert. Ingesamt neunmal hielten zwischen 1941 und 1945 Deportationszüge am Bielefelder Hauptbahnhof, um Juden aus der Stadt und der Region in die Ghettos und Lager zu schicken.

Opfergruppen

Aus Bielefeld wurden etwa 420 Juden deportiert. Nur wenig mehr als sechzig überlebten Verfolgung, Deportation und Massenmord der Nationalsozialisten. Aus der gesamten Region, dem Regierungsbezirk Minden, aus Lippe und Schaumburg-Lippe wurden insgesamt 1.840 jüdische Männer, Frauen und Kinder verschleppt.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Das Mahnmal mit dem Titel »Jede Ermordete, jeder Ermordete hat einen Namen« wurde am 16. August 1998 auf dem Bahnhofsplatz vor dem Bielefelder Hauptbahnhof eingeweiht. Die Friedensgruppe der Altstädter Kirchengemeinde hatte 1996 den Bau eines Mahnmals angeregt und durch ehrenamtliche Arbeit und Spendensammlungen die Fertigstellung ermöglicht. Die Gestaltung des Mahnmals wurde vom Architekten Hartmut Falkenberg ebenfalls ehrenamtlich ausgeführt: Auf zwei stilisierten Pulten aus Metall sind die Namen von 1.840 Juden aus Bielefeld, dem Regierungsbezirk Minden, aus Lippe und Schaumburg-Lippe eingraviert. Sie wurden vom Bielefelder Hauptbahnhof aus deportiert. Als weiterer Text steht auf den Tafeln auf hebräisch und deutsch der Psalm 78,6: »Auf daß erkenne das künftige Geschlecht, die Kinder, die geboren werden, daß sie aufstehen und erzählen ihren Kindern«.

Öffnungszeiten

Das Mahnmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

Bahnhofsplatz
33602 Bielefeld