Auf der Adriainsel Rab in der Kvarner-Bucht erinnert seit 1953 der Gedenkfriedhof Kampor an die Opfer des gleichnamigen Lagers. Dort hielten italienische Besatzungstruppen von 1942 bis 1943 bis zu 15.000 Menschen gefangen, vermutlich etwa 2.000 von ihnen starben.
Geschichte
Im Frühjahr 1941 eroberten deutsche Truppen und ihre Verbündeten Jugoslawien. Die Besatzer teilten das Land auf: Die Adriaküste wurde vom faschistischen Italien besetzt. Auf der Insel Rab in der nördlichen Adria errichteten die italienischen Besatzungsbehörden ab Sommer 1942 mehrere Lager. In den Lagern hielten die Italiener vor allem Slowenen und Kroaten fest, die im Verdacht standen, zu Partisanen zu gehören – meistens wurden ganze Familien interniert. Die Unterbringung der Häftlinge war völlig unzureichend: sie mussten in großen Zelten schlafen, Nahrung und Trinkwasser wurden nur in begrenzten Mengen zugeteilt. Während des etwa einjährigen Bestehens des Lagers Kampor starben vermutlich etwa 2.000 Menschen an Krankheiten und Hunger. Unter den Häftlingen waren auch etwa 3.500 Juden, die in einem abgetrennten Teil des Lagers untergebracht waren. Entgegen den deutschen Forderungen, die Juden an das nationalsozialistische Deutschland und damit zur Vernichtung auszuliefern, behielten die italienischen Besatzungsbehörden die Juden bis zur Auflösung des Lagers auf der Insel Rab. Nach der Absetzung Mussolinis und dem Waffenstillstand Italiens mit den Alliierten im September 1943 wurde das Lager aufgelöst. Die jüdischen und slowenischen Häftlinge schlossen sich Partisanen an und verließen die Insel in Richtung kroatisches Festland. Etwa 200 ältere, kranke und schwache Häftlinge blieben zurück. Im Spätherbst 1943 gerieten sie unter deutsche Besatzung. Im März 1944 verhaftete die Gestapo die auf Rab zurückgebliebenen Juden und deportiert sie in das Vernichtungslager Auschwitz.
Opfergruppen
In Rab waren von Sommer 1942 bis Herbst 1943 etwa 15.000 Menschen inhaftiert. Im Herbst 1942 befanden sich etwa 10.000 Häftlinge zur gleichen Zeit im Lager Kampor. Über die Zahl der Todesopfer herrscht Unklarheit: Einige Quellen sprechen von insgesamt etwa 2.000 Menschen, die an den Folgen der katastrophalen Lebensbedingungen im Lager starben.
Trotz der hohen Todesrate war das Lager auf Rab kein Todes- oder Vernichtungslager. Obwohl die Bedingungen im Lager schlimm waren, blieben viele Menschen – vor allem die Juden – gerade durch die Lagerhaft am Leben, da die Italiener sie nicht an die Deutschen auslieferten.
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Kroatien
Nach dem Ersten Weltkrieg war Kroatien Bestandteil des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, das 1929 von König Alexander I. (1888–1934) in eine – meist von serbischen Offizieren gestützte – Diktatur umgewandelt wurde und den Namen Jugoslawien erhielt. Der kroatische Nationalist Ante Pavelić (1889–1959) verließ das Land und bekämpfte die Königsdiktatur mit seiner terroristischen Untergrundorganisation »Ustascha« vom faschistischen Italien aus. Im April 1941 wurde Jugoslawien von deutschen Truppen und ihren italienischen, ungarischen und bulgarischen Verbündeten erobert und der Staat in einzelne annektierte, besetzte und scheinsouveräne Gebiete zerschlagen. Auf diese Weise entstand der »Unabhängige Staat Kroatien«, der tatsächlich ein vom Deutschen Reich abhängiger Staat unter dem Terrorregime der kroatischen Ustascha mit ihrem »Poglavnik« (Führer) Pavelić war. Deren Verfolgungs- und Vernichtungspolitik richtete sich gegen die große serbische Minderheit, gegen Juden, Roma sowie religiöse und weltanschauliche Systemgegner. Im Sommer 1941 errichteten die Machthaber in Jasenovac das größte Konzentrationslager auf dem Balkan. Etwa Mehr als 80.000 Personen kamen hier gewaltsam zu Tode, unter ihnen waren etwa 48.000 Serben, 13.000 Juden, 16.000 Roma und mehr als 4.000 Kroaten.
Ebenfalls im Sommer 1941 begann der bewaffnete Kampf der kommunistischen Partisanen unter Führung von Marschall Josip Broz Tito (1892–1980). Bereits 1942/43 brachten Titos Truppen einen großen Teil Kroatiens unter ihre Kontrolle und nahmen 1944/45 ganz Jugoslawien ein. Pavelić floh, Tito wurde Staatschef und ließ Zehntausende früherer Gegner und Zivilisten – darunter viele aus Kroatien – verfolgen und ermorden.
Bis zum Zerfall Jugoslawiens 1991 gab es in der Kroatischen Teilrepublik ca. 6.000 sehr unterschiedliche Gedenkorte, die die Erinnerung an die »Opfer des Faschismus« und an den Widerstandskampf wachhalten sollten. Gemeint waren Opfer des Terrors der kroatischen Ustascha, der deutschen und italienischen Besatzung, aber auch der königstreuen serbischen Milizen (Tschetniks), derer verallgemeinert als »Patrioten« gedacht wurde. Alle Opfer, so die staatliche Lesart, waren von »verräterischen Faschisten« verfolgt und umgebracht worden. Gleichzeitig wurde an die gefallenen oder ermordeten Widerstandskämpfer, zumeist führende Partisanen sowie Mitglieder der Kommunistischen Parteien Kroatiens und Jugoslawiens, erinnert.
Nach der Erklärung der Unabhängigkeit im Sommer 1991 begann die serbisch dominierte Jugoslawische Volksarmee einen Krieg gegen Kroatien, der bis Ende 1995 andauerte. Dabei wurde auch die Gedenkstätte Jasenovac von Serben besetzt und stark beschädigt, das Museum geplündert. Nachdem der Ort wieder Teil Kroatiens geworden war, wollte Präsident Franjo Tudjman (1922–1999) hier eine Stätte des Gedenkens an alle kroatischen Opfer des Zweiten Weltkrieges und des Krieges 1991–1995 einrichten. Erst 2006 konnten eine Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers und ein Bildungszentrum eröffnet werden. Der Umgang mit der Weltkriegsvergangenheit in Kroatien ist seit 1991 gespalten. Bis zum Jahr 2000 wurden mehr als 3.000 Gedenkorte, auch Gräber, beschädigt und auf unterschiedliche Art und Weise aus der Öffentlichkeit entfernt. In anderen Landesteilen wird das Erbe des »antifaschistischen Volksbefreiungskampfes« gepflegt.
Die wichtigste Gedenkstätte des Landes ist nach wie vor Jasenovac, wo es jahrzehntelang Kontroversen um die genaue Zahl und ethnische Zusammensetzung der Opfer gab. Mittlerweile haben führende sich führende Politiker des Landes am historischen Ort zur Verantwortung Kroatiens an den Verbrechen der Ustascha bekannt.
2022 wurde in Zagreb ein Holocaustdenkmal eingeweiht, das vor allem an die aus der Hauptstadt deportierten Juden erinnert.
Erinnerung
Der Gedenkfriedhof Kampor wurde 1953 vom slowenischen Architekten Edvard Ravnikar gestaltet. Auf dem Friedhof befinden sich mehrere Grabanlagen, eine offene Halle aus Stein mit einem Mosaik und eine hohe Steinsäule. Das Mosaik stellt die Leidensgeschichte der Häftlinge dar.
Die italienische Stiftung »Fondazione Ferramonti«, die sich für die Aufarbeitung der italienischen Lager während des Faschismus einsetzt, brachte 1998 eine Gedenktafel in italienischer und kroatischer Sprache an einer Mauer des Friedhofs an.
2002 wurde die Gedenkanlage um eine 18 Meter lange Metalltafel ergänzt, auf der die Namen von 1.433 Opfern des Lagers Rab stehen. Hinter jedem Namen steht ein fünfzackiger Stern als Symbol des Widerstands.