Denkmal für die ermordeten Juden von Riwne

Меморіал Сосонки


Am östlichen Stadtrand Riwnes, in einem Pinienhain namens Sosonki, erinnert seit 1992 ein Denkmal an etwa 17.500 Juden, die dort im November 1941 ermordet wurden.

Geschichte

Die Stadt Riwne (russisch: Rowne, polnisch: Równe) gehörte in der Zwischenkriegszeit der polnischen Region Wolhynien an und wurde im September 1939 infolge des Hitler-Stalin-Paktes von der Sowjetunion besetzt. Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs waren fast die Hälfte der Einwohner Juden.
Bereits wenige Tage nach ihrem Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 marschierte die deutsche Wehrmacht in Riwne ein. Die neuen Besatzer setzten antijüdische Maßnahmen durch und stellten eine einheimische Hilfspolizei auf, die aktiv an der Verfolgung der mehr als 20.000 Juden, die sich in der Stadt aufhielten, teilnahm. In den folgenden Tagen verübten deutsche Einheiten zusammen mit der lokalen Hilfspolizei die ersten »Aktionen« gegen jüdische Einwohner. Allein im Sommer 1941 ermordeten sie bis zu 4.000 Juden, vorwiegend Männer.
Am 6. November 1941 befahlen die Deutschen allen Juden, die keinen Arbeitsschein besaßen, sich auf dem Kostelnaja-Platz zu versammeln. Anschließend trieben sie sie zum fünf Kilometer entfernten Pinienhain Sosonki. In den zwei folgenden Tagen ermordeten Einheiten des Einsatzkommandos 5, unterstützt durch die ukrainische Hilfspolizei und der Wehrmacht die etwa 17.500 Juden und verscharrten ihre Leichen in Gruben.
Im Dezember 1941 zwangen die Deutschen die übrigen Juden in ein Ghetto am Rande Riwnes umzusiedeln. Bis zu dessen Auflösung wurden zahlreiche Juden in »Einzelaktionen«» ermordet.
Am 13. Juli 1942 räumten die deutschen Besatzer mit Unterstützung der lokalen Hilfspolizei endgültig das Ghetto. Die Einwohner des Ghettos wurden in Güterwagons in einen 35 Kilometer entfernten Wald in der Nähe der Stadt Kostopol gebracht, dort erschossen und verscharrt.
Während der Räumung des Ghettos gelang mehreren Juden die Flucht. Ende des Monats erklärte Reichskommissar Erich Koch (1896–1986) die Stadt für »judenfrei«.

Opfergruppen

In den ersten zwei Monaten der Besatzung ermordeten deutsche Einheiten zusammen mit ihren einheimischen Helfern bis zu 4.000 Juden. Während der »Groß- Aktion« vom 6. und 7. November 1941 ermordeten sie nach den späteren Angaben der offiziellen sowjetischen Untersuchungskommission 17.500 Juden. Das entsprach etwa 80 Prozent der jüdischen Bevölkerung Riwnes. Die deutsche Einsatzgruppe selbst gab die Zahl der Ermordeten mit 15.000 an. Die deutschen Besatzer ermordeten die meisten der übrigen 5.000 jüdischen Einwohner Riwnes im Wald bei Kostopol am 13. Juli 1942.

Erfahre mehr über Ukraine

Die Ukraine, die zweitgrößte Republik der ehemaligen Sowjetunion, war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust. Die Zahl der ukrainischen Todesopfer wird auf fünf bis sechs Millionen Menschen geschätzt, darunter Hunderttausende Juden. Mitte September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens entsprechend einem deutsch-sowjetischen Geheimabkommen – dem Hitler-Stalin-Pakt –, kamen die südöstlichen Regionen Polens zur Sowjetukraine. Repressionen gegen die einheimische Bevölkerung gehörten fortan zum Alltag. Im Sommer 1941 traf der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zunächst genau diese Gebiete. Schon in den ersten Tagen wurde die jüdische Bevölkerung als angebliche Stütze der Sowjetmacht Ziel blutiger Übergriffe. Sie gingen häufig von national gesinnten Ukrainern aus, die den Vormarsch der Wehrmacht zunächst begrüßten. Bald darauf begannen deutsche SS-Einsatzgruppen und verbündete rumänische Einheiten mit Massenerschießungen von Juden. Die Schlucht von Babij Jar (ukrainisch Babyn Jar) nahe Kiew, wo deutsche Einheiten und ukrainische Miliz an zwei Tagen im September 1941 mehr als 33.700 Juden ermordeten, ist heute ein weltweites Symbol für den Völkermord an den Juden. Auch die nichtjüdische Bevölkerung geriet ins Visier der Verfolger. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten Ukrainer wie alle »Slawen« als »Untermenschen«. Die Besatzer plünderten das Land, verschleppten weit über eine Million Zivilisten zur Zwangsarbeit und verübten öffentliche Geiselmorde. Ab 1943 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die Wehrmacht, sondern auch der Kampf der nationalistischen »Ukrajinska Powstanska Armija« (Ukrainische Aufstandsarmee = UPA) gegen die Sowjets und die polnische Bevölkerung der Westukraine. Weit über 100.000 Polen fanden hierbei den Tod. 1944 wurde die Ukraine wieder sowjetisch und umfasst seitdem auch ehemals ostpolnische Regionen. Die UPA setzte ihren Kampf bis Mitte der 1950er Jahre fort. Die sowjetischen Behörden verschleppten rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien, um diesen Widerstand zu brechen. Die Gedenkkultur war an der sowjetischen Symbolsprache ausgerichtet. Es entstanden monumentale Gedenkanlagen zur Feier des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Erst in jüngerer Zeit trat neben die Heldenverehrung auch das Opfergedenken. In der Westukraine hat sich zudem eine Erinnerungskultur an den Kampf der UPA entwickelt, der als Unabhängigkeitskampf interpretiert wird. Eine Aufarbeitung der Kollaboration mit den deutschen Besatzern und des Antisemitismus hat erst um 2000 begonnen. Die Massenerschießungen an Juden wurden, mit wenigen Ausnahmen, bis in die 1980er Jahre übergangen. Erst die Regierung der unabhängigen Ukraine erkannte 1991 Babyn Jar als »Symbol jüdischen Märtyrertums« an. Die Ukraine war auch lange nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Die Dokumentation der sowjetischen Verbrechen – wie die staatlich herbeigeführte Hungerkatastrophe 1932/33 mit Millionen Toten (Holodomor) – hat größere Bedeutung als die Aufklärung über den Holocaust. Dennoch entstanden überall im Land neue Gedenkorte in Erinnerung an die ermordeten Juden, wie etwa die Gedenkstätte Drobizkij Jar in Charkiw oder das Holocaustmuseum in Odessa. An zahlreichen Massengräbern entstanden neue Denkmäler, teils mit Unterstützung aus Deutschland. In Kiew sollte bei der ehemaligen Massenerschießungsstätte Babyn Jar eine große Holocaustgedenkstätte mit weltweiter Ausstrahlung entstehen. Diese Pläne wurden mit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 auf Eis gelegt. Welche Auswirkungen der Verteidigungskrieg in Zukunft auf die Holocausterinnerung haben wird, bleibt abzuwarten.

Erinnerung

Riwne wurde am 5. Februar 1944 durch die Rote Armee befreit. Insgesamt überlebten nur wenige Juden aus Riwne den Krieg.
Die meisten Juden, die nach dem Krieg in Riwne lebten, wanderten zwischen 1970 und 1990 nach Westeuropa und nach Israel aus.
1967 wurde ein Gedenkstein in Sosonki aufgestellt. 1968 wurde ein Denkmal in der Nähe des ehemaligen Ghettos, zu Ehren der »Opfer des Faschismus« errichtet. Erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion konnte die jüdische Gemeinde die Umfriedung der Grabstätte und die Errichtung eines jüdischen Erinnerungsortes in Angriff nehmen. Dieser wurde 1992 eröffnet. Der Gedenkort integriert das Massengrab und ein Denkmal in Form eines Obelisken mit einer Inschrift in Jiddisch, Hebräisch und Ukrainisch, die 17.500 ermordeter Juden gedenkt. Um das Denkmal herum sind zahlreiche Grabsteine angeordnet, auf denen die Namen mehrerer Opfer verzeichnet sind. Ein Tunnel mit stilisierten Fußabdrücken führt hinauf zu einer weißen Menorah. Zahlreiche Pfade und Laternen leiten über das gesamte Gelände.
Eine weitere Gedenktafel befindet sich in der Nähe der Stadt Kostopol. Sie erinnert an die etwa 5.000 Einwohner des Ghettos in Riwne, die an dieser Stelle ermordet wurden.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

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Vulitsa Kyivskaya 110
33000 Riwne