Merxheim befindet sich etwa dreißig Kilometer westlich von Bad Kreuznach. Hier weihte die Gemeinde 1999 einen Gedenkstein für die ehemaligen jüdischen Einwohner des Ortes ein, die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung wurden.
Geschichte
Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Merxheim eine alteingesessene jüdische Gemeinde. Ihren Lebensunterhalt verdienten die Familien als Viehhändler, Händler, Metzger oder Geldverleiher. Im Obergeschoss eines Hauses in Merxheim hatte sich die Gemeinde eine Synagoge eingerichtet. 1933, im Jahr der nationalsozialistischen Machtübernahme, gehörten ihr 26 Personen an. Ab dieser Zeit begann eine zunehmende Ausgrenzung der jüdischen Einwohner aus der Dorfgemeinschaft. Während der Novemberpogrome 1938 zerstörten Mitglieder und Anhänger der NSDAP den Synagogenraum und verwüsteten die Wohnungen jüdischer Familien. Aufgrund der immer häufigeren und brutaleren antisemitischen Übergriffe verließen nach und nach alle jüdischen Einwohner ihren Heimatort. Viele von ihnen versuchten sich in den Niederlanden oder in den USA eine neue Existenz aufzubauen. Am 31.01.1939 reiste die letzte jüdische Familie mit dem Ziel Chicago aus Merxheim ab. Nicht allen Merxheimer Juden gelang es jedoch, sich endgültig in Sicherheit zu bringen.
Opfergruppen
Elf ehemalige jüdische Einwohner Merxheims sind im Holocaust ermordet worden. Nachdem sie in die Niederlande geflüchtet waren, wurden sie dort 1942/43 von der SS gefangen genommen. Sie wurden in Vernichtungslager im besetzten Polen deportiert und dort ermordet. Zwei starben im Ghetto Theresienstadt.
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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert.
Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar.
In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen.
Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.
Erinnerung
Jüdische Spuren sind in Merxheim nur wenige vorhanden. Der noch bestehende jüdische Friedhof wird von der Gemeinde gepflegt. An dem 1999 eingeweihten Gedenkstein ist eine Metallplatte angebracht, auf ihr sind die Namen, Geburts- und Sterbedaten sowie die Deportationsorte der elf ermordeten jüdischen Bewohner des Dorfes eingraviert. Die Initiative für die Aufstellung des Gedenksteins geht auf Werner Reidenbach zurück, der die Geschichte der Merxheimer Juden recherchierte und dabei die Nachkommen früherer jüdischer Einwohner befragte. Den Schlüssel zum jüdischen Friedhof verwaltet der Ortsbürgermeister.