Synagoge Aschenhausen

Synagoge Aschenhausen


Die ehemalige Synagoge im thüringischen Aschenhausen dient heute als Stätte der Begegnung und Erinnerung. Sie ist Zeugnis einer großen jüdischen Dorfgemeinde, die vor allem im 19. Jahrhundert in guter Nachbarschaft mit der christlichen Gemeinde lebte. Die Zeit des Nationalsozialismus überstand die Synagoge, weil sie ab 1936 als Scheune genutzt wurde. 1991 wurde sie restauriert und als profanes Gebäude wiedereröffnet.

Geschichte

Aschenhausen ist ein kleines Dorf im Südwesten Thüringens, unweit der hessischen und der bayerischen Landesgrenze, dessen Geschichte ins 9. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann.
Ende des 17. Jahrhunderts kamen die ersten Juden nach Aschenhausen. Die Gemeinde wuchs, sodass 1758 der erste Gebetssaal eingerichtet und 1767 die erste Synagoge im Ort gebaut wurde. 1841 brannte diese zusammen mit der Schule, dem Backhaus und weiteren Gebäuden nieder. Im Juni 1843 wurde eine neue Synagoge eingeweiht, die vor allem durch Spenden anderer jüdischer Gemeinden, aber auch der christlichen Großherzoglich-Weimarschen Regierung finanziert wurde und bis heute steht. Außerdem wurden eine neue jüdische Schule und weitere Gebäude errichtet.

Aufzeichnungen belegen, dass um das Jahr 1800 134 Christen und 113 Juden in Aschenhausen lebten. Die höchste Anzahl an Mitgliedern verzeichnete die jüdische Gemeinde um 1848. Das Zusammenleben zwischen Juden und Christen war gut geregelt funktionierte allem Anschein nach größtenteils problemlos. Der Ortsbeirat bestand zu gleichen Teilen aus Christen und Juden und spiegelte damit die ungefähren Verhältnisse in der Dorfbevölkerung wider. Außerdem war der stellvertretende Ortsvorsteher bis 1918 immer ein Jude gewesen. Allerdings verließen viele jüdische Dorfbewohner zum ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert das dörfliche Aschenhausen und zogen in die Städte. 1929 lebten nur noch etwa zehn Juden im Dorf.

1936 wurde die Synagoge von der jüdischen Gemeinde an einen christlichen Bewohner Aschenhausens verkauft. Religiöse Gegenstände wurden den jüdischen Vorschriften entsprechend auf dem Friedhof begraben. Der neue Eigentümer nutzte das Gebäude unter anderem als Scheune. Im Herbst 1938 war dort Stroh eingelagert, weswegen die Bevölkerung des Dorfes die SA davon abhielt, die Synagoge in Brand zu setzen.

Der jüdische Friedhof Aschenhausen wurde vermutlich 1707 mit der ersten Beisetzung eines Aschenhausener Juden angelegt und wurde bis 1936 genutzt. Heute sind noch etwa 150 Grabsteine erhalten, wobei der älteste auf das Jahr 1720 datiert ist. Auch der Friedhof überstand die Zeit des Nationalsozialismus unbeschadet.

Opfergruppen

Die SS deportierte 1942 die sechs noch in Aschenhausen lebenden Juden nach Theresienstadt. Keiner von ihnen überlebte den Holocaust: sie starben entweder im Ghetto Theresienstadt oder wurden in ein Vernichtungslager verschleppt und dort ermordet. Insgesamt sind 33 Juden ermordet worden, die früher in Aschenhausen gelebt hatten.

Erfahre mehr über Deutschland

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Aschenhausen keine jüdischen Einwohner mehr.

Zu DDR-Zeiten wurde die ehemalige Synagoge wahrscheinlich landwirtschaftlich genutzt. Fotografien aus den fünfziger Jahren zeigen das Gebäude in schlechtem Zustand.

Zwischen 1987/9 und 1991 wurde die Synagoge saniert und wiederhergerichtet. Seit Juni 1991 dient sie als Begegnungsstätte und Erinnerungsort. Regelmäßig finden Veranstaltungen zur Geschichte des Dorfes und der Umgebung in der ehemaligen Synagoge statt. Auch der jüdische Friedhof, der sich an einem Hang am Dorfrand befindet, wurde in den 1990er Jahren wiederhergerichtet.

Angebote

Begegnungsstätte, Kulturveranstaltungen

Öffnungszeiten

Für Besichtigungen befindet sich ein Schlüssel zur Synagoge bei einer Familie in der Nachbarschaft: c/o Frau Ingrid Eichhorn, Oberkätzer Str. 12, 98634 Aschenhausen, Tel. 036966/80584.

Kontakt

Oberkätzer Str. 12-14
36452 Kaltennordheim