Roma-Denkmal Aleksandrowka

Памятник установленный ромам - жертвам фашизма в Александровке


Im Dorf Aleksandrowka, unweit der russischen Stadt Smolensk, erinnert seit 1982 ein Gedenkstein an die etwa 180 Roma, die im Frühjahr 1942 von Angehörigen der SS-Einsatzgruppe B erschossen wurden.

Geschichte

Zahlreiche Roma lebten seit dem 19. Jahrhundert im Gebiet von Smolensk, viele von ihnen waren sesshaft und in der Landwirtschaft beschäftigt. Mit den Umstrukturierungen in der Landwirtschaft durch die Bolschewiki, entstanden in den 1920er und 1930er sogenannte »Zigeunerkolchosen«, wobei der Ausdruck »Zigeuner« auf Russisch als wertneutral galt. Im Dorf Aleksandrowka lebten verschiedene Volksgruppen, einen großen Teil machten jedoch Roma aus. Sie arbeiteten in der 1937 gegründeten »nationalen Zigeunerkolchose Stalinverfassung«.
Als die Wehrmacht im Juli 1941 das Gebiet Smolensk besetzte, folgte ihr die SS-Einsatzgruppe B nach. Sofort begannen die SS-Männer damit, Juden, Roma und politische Gegner zu verfolgen und zu ermorden. Am 23. April 1942 erschienen Offiziere in Aleksandrowka und verlangten von der Buchhalterin der Kolchose eine Liste aller Roma. SS-Männer drangen am nächsten morgen um fünf Uhr früh in die Häuser ein und trieben die Roma von Aleksandrowka auf einem Platz zusammen, einige der Männer wurden gezwungen in der Nähe Gruben auszuheben. Nach einer »Musterung« trieben SS-Leute alle Männer, Frauen und Kinder gewaltsam zu den Gruben. Nach und nach mussten ganze Familien an den Rand der Gruben treten, sich entkleiden und ihre Wertsachen abgeben. Daraufhin wurden sie von einzelnen Tätern mit Pistolenschüssen ermordet. Insgesamt starben am 24. April 1942 etwa 180 Roma aus Aleksandrowka. In der gesamten Region erschossen Angehörige der SS-Einsatzgruppe B sowjetische Roma.

Opfergruppen

Nach der deutschen Besatzung ermittelte eine sowjetische Untersuchungskommission, dass am 24. April 1942 176 Roma in Aleksandrowka erschossen wurden. 62 Frauen, 52 Kinder und 29 Männer konnten identifiziert werden. Die Identität von 33 weiteren Personen blieb ungeklärt.

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In der Russischen Föderation ist der 9. Mai – der Gedenktag an den Sieg der Sowjetunion im Großen Vaterländischen Krieg gegen den »Hitlerfaschismus« – der bedeutendste Feiertag, der aus der sowjetischen Vergangenheit übernommen wurde. Am 23. August 1939 hatte die Sowjetunion unter Josef Stalin (1878–1953) zunächst einen »Nichtangriffspakt« mit dem Deutschen Reich geschlossen. Beide Regime verständigten sich darin über ihre »Interessensphären« in Ostmitteleuropa und beschlossen unter anderem die gemeinsame Teilung Polens. Ab dem 22. Juni 1941 marschierten die deutsche Wehrmacht und ihre Verbündeten in sowjetisches Territorium ein. Bei Kriegsende 1945 waren auf dem besetzten sowjetischen Gebiet nach neueren Schätzungen insgesamt bis zu 28 Millionen Tote in Armee und Bevölkerung zu beklagen. Die sowjetische Erinnerungskultur ist im heutigen Russland wieder dominierend. Ihre Sinnbilder – wie die monumentalen Denkmäler in Sankt Petersburg oder Wolgograd – sind noch immer beliebt und weiterhin Schauplatz großer Gedenkveranstaltungen am 9. Mai. Diese Erinnerungsstätten sind allerdings weniger Orte der Trauer und des Totengedenkens als vielmehr der Heldenverehrung. Der Opfer wurde lange Zeit gar nicht, später als »Opfer des Faschismus« gedacht. Die Wirkungsmacht dieser Sicht auf die Vergangenheit lässt sich beispielhaft am Konflikt um eine 1995 aufgestellte Skulptur vor dem Museum des Großen Vaterländischen Kriegs in der Hauptstadt Moskau ablesen. Das Denkmal »Tragödie der Völker« ist den etwa zwanzig Millionen zivilen Opfer der Jahre 1941 bis 1944 in der Sowjetunion gewidmet und sollte einen Wendepunkt in der Erinnerungskultur Russlands markieren. Nach heftiger Kritik an der auch in der Bevölkerung als zu pessimistisch empfundenen Aussage musste das Denkmal hinter das Gebäude versetzt werden. Zugleich gab es aber auch nichtstaatliche Menschenrechtsorganisationen wie »Memorial«, die sich mit verdrängten Kapiteln der Geschichte beschäftigten, wie mit den Gefangenen der Roten Armee und Zwangsarbeitern im Zweiten Weltkrieg. Sie galten nach ihrer Rückkehr als Verräter, wurden pauschal der Kollaboration mit den Deutschen verdächtigt und erneut in Lagern inhaftiert. Auch im Rahmen des staatlich-offiziellen Gedenkens gab es immer wieder engagierte lokale Kulturämter, die besondere Denkmäler und eine die Opfer einbeziehende Gedenkkultur durchsetzten. Dass an einigen Orten, häufig mit geringsten finanziellen Mitteln, kleine Erinnerungsstätten entstanden sind, ist oft auch dem Engagement von Privatpersonen oder von jüdischen Gemeinden zu verdanken. Etwa 100.000 sowjetische Juden auf dem Gebiet der heutigen Russischen Föderation waren nach 1941 vor allem Massenerschießungen der SS-Einsatzgruppen und ihrer Helfer zum Opfer gefallen. Zu Sowjetzeiten wurde an sie als »friedliche Bürger« erinnert. Erst seit Anfang der 1990er Jahre ging man dazu über, an offiziellen Denkmälern zusätzliche Tafeln anzubringen und die jüdischen Opfer zu benennen oder durch eine Übersetzung der Inschrift ins Hebräische ins Gedächtnis zu rufen. In Ansätzen gab es auch russische Forschung zum Holocaust. 2012 eröffnete in Moskau das auch von internationalen Experten anerkannte Jüdische Museum und Toleranzzentrum. Gleichzeitig wurde das politische Regime in Russland immer nationalistischer, in der Staatspropaganda dominiert ein offen revisionistisches Geschichtsnarrativ, das mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine noch aggressiver wurde. Währenddessen wurden wichtige zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter auch »Memorial«, massiv unterdrückt.

Erinnerung

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs kehrten einige Roma nach Aleksandrowka zurück, zum Teil waren sie zuvor geflohen oder dienten in der Roten Armee. Zusammen mit den überlebenden Familien machten sie die Mehrheit der Bewohner in dem kleinen Dorf aus. Überlebende Zeugen hatten bereits unmittelbar nach dem Ende der Besatzung vor einer staatlichen Untersuchungskommission ausgesagt und versuchten weiterhin an das Schicksal der Roma von Aleksandrowka zu erinnern. Viel wurde über die Ereignisse mündlich weitergegeben, zum Teil bildeten sich dadurch auch Mythen über die Erschießung in Aleksandrowka. Für die sowjetischen Roma wurde Aleksandrowka zu einem zentralen Gedenkort. Eine von Überlebenden ausgehende Initiative für ein Denkmal fand in den 1960er die Unterstützung des Moskauer »Staatlichen Zigeunertheaters Romén«. Diese Theatergruppe stellte eine Art politische Vertretung der sowjetischen Roma dar, sie unterstützte das Projekt politisch und finanziell. 1974 genehmigte der Smolensker Gebietskommissar die Errichtung eines Denkmals, die jedoch erst 1982 realisiert wurde. Auf dem schlichten Gedenkstein steht der Text: »Hier liegen 176 friedliche Einwohner von Aleksandrowka begraben, die am 24. April 1942 von den deutsch-faschistischen Eindringlingen erschossen wurden«. Wie es für alle sowjetischen Denkmäler typisch ist, wird die ethnische Zugehörigkeit der Opfer nicht genannt. Dennoch ist das Denkmal in Aleksandrowka das einzige dem Schicksal der Roma gewidmete Gedenkzeichen aus sowjetischer Zeit. Es hat damit einen besonderen Stellenwert als Erinnerungsort für die Roma in der Russischen Föderation.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

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