Ort der Erinnerung für die in Kalynivka ermordeten Roma

Місце пам’яті вбитим ромам на околиці с. Калинівк


Außerhalb des Dorfes Kalynivka im Norden der Ukraine erinnert ein Denkmal an die Roma, die dort 1943 ermordet wurden.

Geschichte

Neben Juden verfolgten die Nationalsozialisten auch Sinti und Roma aus rassistischen Motiven heraus. Auch in der besetzten Sowjetunion waren die Roma Ziel der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik. Sie gingen sowohl sesshafte Roma als auch gegen Nomaden vor, oft wurden ganze Gruppen auf einmal zusammen ermordet.
Das Dorf Kalynivka im Norden der Ukraine hieß früher Holyschi. Die Region wurde im Sommer 1941 von der deutschen Wehrmacht erobert. 1943 ermordeten deutsche Truppen am Rande des Dorfes, bei einer Siedlung namens Batsewe Hutor, 32 Roma. Die Roma wurden in eine Scheune gesperrt, die anschließend Brand gesteckt wurde. Wer versucht hat, zu fliehen, wurde erschossen.
Die Region um Holyschi war Schauplatz des Partisanenkrieges. Im Zuge von deutschen »Vergeltungsmaßnahmen« wurde das Dorf zweimal, am 20. Juli und am 8. August 1943 angegriffen. Bis zu 92 Bewohner des Dorfes wurden ermordet. Auch 14 Einwohner von Batsewe Hutor wurden ermordet.

Opfergruppen

Im heutigen Kalynivka, damals Holyschi genannt, ermordeten Angehörige einer deutschen Einheit 32 Roma – Kinder, Frauen und Männer – in einer Scheune. Ihre Namen sind unbekannt.

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Die Ukraine, die zweitgrößte Republik der ehemaligen Sowjetunion, war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust. Die Zahl der ukrainischen Todesopfer wird auf fünf bis sechs Millionen Menschen geschätzt, darunter Hunderttausende Juden. Mitte September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens entsprechend einem deutsch-sowjetischen Geheimabkommen – dem Hitler-Stalin-Pakt –, kamen die südöstlichen Regionen Polens zur Sowjetukraine. Repressionen gegen die einheimische Bevölkerung gehörten fortan zum Alltag. Im Sommer 1941 traf der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zunächst genau diese Gebiete. Schon in den ersten Tagen wurde die jüdische Bevölkerung als angebliche Stütze der Sowjetmacht Ziel blutiger Übergriffe. Sie gingen häufig von national gesinnten Ukrainern aus, die den Vormarsch der Wehrmacht zunächst begrüßten. Bald darauf begannen deutsche SS-Einsatzgruppen und verbündete rumänische Einheiten mit Massenerschießungen von Juden. Die Schlucht von Babij Jar (ukrainisch Babyn Jar) nahe Kiew, wo deutsche Einheiten und ukrainische Miliz an zwei Tagen im September 1941 mehr als 33.700 Juden ermordeten, ist heute ein weltweites Symbol für den Völkermord an den Juden. Auch die nichtjüdische Bevölkerung geriet ins Visier der Verfolger. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten Ukrainer wie alle »Slawen« als »Untermenschen«. Die Besatzer plünderten das Land, verschleppten weit über eine Million Zivilisten zur Zwangsarbeit und verübten öffentliche Geiselmorde. Ab 1943 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die Wehrmacht, sondern auch der Kampf der nationalistischen »Ukrajinska Powstanska Armija« (Ukrainische Aufstandsarmee = UPA) gegen die Sowjets und die polnische Bevölkerung der Westukraine. Weit über 100.000 Polen fanden hierbei den Tod. 1944 wurde die Ukraine wieder sowjetisch und umfasst seitdem auch ehemals ostpolnische Regionen. Die UPA setzte ihren Kampf bis Mitte der 1950er Jahre fort. Die sowjetischen Behörden verschleppten rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien, um diesen Widerstand zu brechen. Die Gedenkkultur war an der sowjetischen Symbolsprache ausgerichtet. Es entstanden monumentale Gedenkanlagen zur Feier des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Erst in jüngerer Zeit trat neben die Heldenverehrung auch das Opfergedenken. In der Westukraine hat sich zudem eine Erinnerungskultur an den Kampf der UPA entwickelt, der als Unabhängigkeitskampf interpretiert wird. Eine Aufarbeitung der Kollaboration mit den deutschen Besatzern und des Antisemitismus hat erst um 2000 begonnen. Die Massenerschießungen an Juden wurden, mit wenigen Ausnahmen, bis in die 1980er Jahre übergangen. Erst die Regierung der unabhängigen Ukraine erkannte 1991 Babyn Jar als »Symbol jüdischen Märtyrertums« an. Die Ukraine war auch lange nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Die Dokumentation der sowjetischen Verbrechen – wie die staatlich herbeigeführte Hungerkatastrophe 1932/33 mit Millionen Toten (Holodomor) – hat größere Bedeutung als die Aufklärung über den Holocaust. Dennoch entstanden überall im Land neue Gedenkorte in Erinnerung an die ermordeten Juden, wie etwa die Gedenkstätte Drobizkij Jar in Charkiw oder das Holocaustmuseum in Odessa. An zahlreichen Massengräbern entstanden neue Denkmäler, teils mit Unterstützung aus Deutschland. In Kiew sollte bei der ehemaligen Massenerschießungsstätte Babyn Jar eine große Holocaustgedenkstätte mit weltweiter Ausstrahlung entstehen. Diese Pläne wurden mit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 auf Eis gelegt. Welche Auswirkungen der Verteidigungskrieg in Zukunft auf die Holocausterinnerung haben wird, bleibt abzuwarten.

Erinnerung

Nach der Befreiung der Gegend ermittelte eine sowjetische Untersuchungskommission in Holyschi. Sie trug die Namen von 35 ermordeten Einwohnern des zerstörten Dorfes zusammen. Weiterhin stellte sie fest, dass 32 Roma bei der Siedlung Batsewe Hutor ermordet wurden.
Die ermordeten Roma wurden an Ort und Stelle begraben. Nach dem Krieg wurde zu ihrem Andenken ein kleines Holzkreuz aufgestellt. In den Jahrzehnten danach war das Grab von Pflanzen überwachsen.
Seit 2016 heißt das frühere Holyschi Kalynivka. Im Rahmen des internationalen Projekts »Erinnerung bewahren«, das bei der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin angesiedelt ist, wurde auf dieser Stelle ein neues Denkmal errichtet im Sommer 2019 feierlich eingeweiht. Eine Informationsstele klärt über die Hintergründe auf.

Kontakt

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