Neue Synagoge Žilina

Nová Synagóga Žilina


1931 wurde die vom deutschen Architekten Peter Behrens (1868–1940) für die jüdische Gemeinde entworfene Synagoge in Žilina (deutsch: Sillein, ungarisch: Zsolna) fertiggestellt. Nur wenige Jahre als Synagoge benutzt, war das Gebäude bis 2011 unter anderem als Versammlungsraum, Universitätsgebäude, Konzerthalle und Kino in Gebrauch. Seit 2017 bietet das umfangreiche restaurierte Gebäude Raum für Kunst und Kultur als neue »Kunsthalle« in der 80.000 Einwohner-Stadt. 1942 betrieb der mit dem nationalsozialistischen Deutschland verbündete slowakische Staat ein großes Durchgangslager in Žilina, von dem aus über 25.000 Juden ins besetzte Polen deportiert wurden. Daran erinnert seit 2004 das Denkmal »Weg ohne Wiederkehr«.

Geschichte

Die Stadt Žilina in der heutigen Slowakei gehörte bis 1918 zum Königreich Ungarn. Ihre Wurzeln liegen im Mittelalter, ihre Blüte erlebte sie im Spätmittelalter. Nach einem zwischenzeitlichen Niedergang konnte sich Žilina erst mit dem Anschluss an die Eisenbahn Ende des 19. Jahrhunderts wirtschaftlich erneut entwickeln.

Bis ins 19. Jahrhundert hinein war es Juden verboten, sich in der Stadt niederzulassen. Sie durften sich lediglich tagsüber in der Stadt aufhalten und Handel treiben. Noch 1850 lebten nur 22 Juden in der Stadt. Danach wuchs die Gemeinde durch den Zuzug jüdischer Familien. 1867 wurden Juden im Königreich Ungarn rechtlich gleichgestellt, was ihnen den gesellschaftlichen Aufstieg ermöglichte. 1881 wurde die erste Synagoge in Žilina gebaut. 1920, in der ersten Volkszählung nach der Gründung der Tschechoslowakei, zu der Žilina nun gehörte, gaben etwa 14 Prozent der knapp 12.000 Einwohner an, jüdisch zu sein.

1929 begann nach den Plänen des deutschen Architekten Peter Behrens der Bau der neuen Synagoge der neologen Gemeinde am Ort der alten Synagoge. Die 1931 fertiggestellte Synagoge gilt heute als eines der beeindruckendsten Gebäude der Zwischenkriegszeit in der Slowakei. Die Synagoge bot Platz für bis zu 750 Gläubige. Die jüdische Gemeinde konnte das Gotteshaus jedoch nur wenige Jahre ungehindert nutzen. Mit der Zerschlagung der Tschechoslowakei, dem Aufstieg der antisemitischen Hlinka-Partei und der immer radikaleren antijüdischen Maßnahmen in der mit dem nationalsozialistischen Deutschland eng verbündeten Slowakei wurde jüdisches Leben Žilina nach und nach eingeschränkt und schließlich unmöglich gemacht.

1942 betrieb der slowakische Staat eines ihrer größten Durchgangslager in Žilina, von dem aus über 25.000 Juden ins deutsch besetzte Polen deportiert wurden. Auch aus Žilina und Umgebung wurde die Mehrheit der dort lebenden Juden deportiert, die letzten im Herbst 1944, nach der Niederschlagung des slowakischen Nationalaufstandes durch deutsche Truppen.


Die Autonomie der Slowakei, die unter Druck des Deutschen Reiches und der Schwächung der Tschechoslowakei final 1939 entstand, wurde mit dem sogenannten »Silleiner Abkommen« vom 6. Oktober 1938 in Žilina ausgerufen.

Ende August 1944 griffen Partisanen in Žilina als landesweit erste Gruppe deutsche Soldaten im Zuge des Nationalaufstandes bewaffnet an. Die am folgenden Tag einrückende Wehrmacht schlug die Aufständischen allerdings sofort in die Flucht

Die Deportation der verbliebenen Juden wurde nach Einmarsch der Wehrmacht im September 1944 erneut aufgenommen. Nun waren es die SS und der SD, die die Verschleppung der Juden organisierten und durchführten.

Opfergruppen

Im September 1941 beschloss die slowakische Regierung den Ausschluss von Juden aus dem öffentlichen Leben und die Arisierung jüdischen Eigentums. Zwischen März und Oktober 1942 deportierte die Hlinka-Garde in Zusammenarbeit mit den slowakischen Behörden und der aus Volksdeutschen bestehenden Freiwilligen Schutzstaffel insgesamt 57.752 Juden aus der Slowakei ins deutsch besetzte Polen. Ziel im Generalgouvernement waren vor allem der Bezirk Lublin, darunter das Konzentrationslager Majdanek und das Vernichtungslager Sobibor (polnisch: Sobibór), sowie das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Die Deportationen wurden mit Zügen der slowakischen Eisenbahn durchgeführt. Für die Deportation aus der Slowakei ins Generalgouvernement ließ sich das Deutsche Reich 500 Reichsmark pro deportierten Juden bezahlen. Damit war die Slowakei der einzige Staat, der das Deutsche Reich für die Deportation von Juden bezahlt hat. Im Oktober 1942, am Ende der ersten Deportationswelle, waren nur noch etwa 24.000 Juden in der Slowakei verblieben.

Eines der wichtigsten Durchgangslager betrieb der slowakische Staat in einer ehemaligen Kaserne in Žilina, nur etwa 150 Kilometer von Auschwitz entfernt. Das Lager hatte eine Kapazität für etwa 2.500 Gefangene. Von hier wurden 26.384 Juden ins Generalgouvernement verschleppt, fast die Hälfte aller slowakischen Deportierten. Dreizehn Transporte, mit jeweils um die 1.000 Deportierten, fuhren aus Žilina direkt nach Auschwitz-Birkenau.

Von den Deportationen waren Juden aus den östlichen Landesteilen der Slowakei überproportional betroffen. Zwei Jahre später, nach der Niederschlagung des Slowakischen Nationalaufstandes nahmen die deutschen Besatzer die Deportationen wieder auf. In dieser Periode verschleppten die SS und der SD insgesamt etwa 13.000 Juden aus der Slowakei.

Erfahre mehr über Slowakei

Nach dem Ende der Habsburger Monarchie 1918 schlossen sich Slowaken und die tschechischen Länder Böhmen, Mähren sowie Tschechisch-Schlesien zur Tschechoslowakei zusammen. Bis zum Frühjahr 1939 wurde diese Republik in mehreren Schritten durch das benachbarte nationalsozialistische Deutschland zerschlagen. Im Herbst 1938 erhielt die Slowakei einen Autonomiestatus mit einer eigenen Regierung, fast zugleich verlor sie Grenzgebiete an Ungarn. Im März 1939 erklärte sie ihre Unabhängigkeit und wurde zu einem Satellitenstaat des Deutschen Reiches unter Führung der nationalistischen Hlinka-Partei und dem Präsidenten Jozef Tiso (1887–1947), einem katholischen Priester. Ihr militärischer Arm nahm polizeiliche Aufgaben wahr und ging gegen Juden, Tschechen, die politische Linke und andere Gegner vor. Das Regime schuf ein Zwangsarbeitssystem, das auch viele Roma erfasste. Als erste verbündete Regierung stimmte Preßburg (Bratislava) im Herbst 1941 dem deutschen Plan zur Deportation von Juden nach Osteuropa zu. Allein 1942 wurden 60.000 aus der Slowakei in deutsche Vernichtungslager verschleppt. Insgesamt fanden etwa 75.000 slowakische Juden während des Holocaust den Tod. Der bevorstehende Einmarsch der Roten Armee führte im Spätsommer 1944 zum Nationalaufstand gegen das Regime der Hlinka-Partei. Die Erhebung schlugen deutsche Armee- und SS-Einheiten nieder; sie forderte etwa 20.000 Tote. Nach dem Krieg wurde die Slowakei erneut Teil der ab 1948 kommunistischen Tschechoslowakei. Die Erinnerung an den Nationalaufstand stand im Zentrum des kollektiven Gedächtnisses. Er wurde als Widerstand dargestellt, der die sozialistische Gesellschaft ermöglicht hatte. In Neusohl (Banská Bystrica), dem Zentrum des Nationalaufstands, entstand ab 1947 ein Erinnerungsort, der mehrfach erweitert wurde. Die Verantwortung für die Kollaboration mit Deutschland wurde ausschließlich den Anhängern der Hlinka-Partei zugeschrieben. 1993 trennten sich der tschechische und der slowakische Teil des Landes. Eine eigene staatliche Tradition jenseits der Existenz in den Jahren 1939 bis 1945 hatte die Slowakei nicht. Die heutige Gedenkkultur spiegelt dies wider: Neben den Sozialisten berufen sich nun auch die bürgerlichen Kräfte auf den Slowakischen Nationalaufstand. Sie verknüpfen mit ihm die – nach 1948 bitter enttäuschte – Hoffnung auf eine demokratische und an westlichen Werten orientierte Ordnung. Die nationalslowakischen Kräfte setzen sich von beiden Richtungen ab: Sie identifizieren sich mit der staatlichen Unabhängigkeit 1939–1945, verstehen den Aufstand, der die Besetzung des Landes zur Folge hatte, als Verrat und verehren Tiso. In diesem Lager gibt es kaum Bereitschaft, der deportierten Juden zu gedenken. Zuweilen sieht man die slowakische Kollaboration als Ergebnis deutschen Zwangs, dem man nachgeben musste, wollte man den slowakischen Staat nicht gefährden. Gegen diese Tendenzen arbeiten liberal eingestellte Wissenschaftler an. Sie verweisen auf die slowakische Beteiligung an den Verschleppungen und auf die Verfolgung der Roma. Seit den 1990er Jahren wurden an einzelnen Orten kleinere Gedenktafeln für die verfolgten und ermordeten Juden angebracht. Teilweise handelt es sich allerdings um Orte in den ab 1938 ungarisch besetzten Gebieten, aus denen nach dem Einmarsch der Wehrmacht im März 1944 deutsche SS-Einheiten Juden deportiert hatten. Der wichtigste Ort der Erinnerung an die aus der Slowakei deportierten Juden ist das Holocaustmuseum auf dem Gelände des ehemaligen Zwangsarbeitslagers Sered, das 2016 eröffnet wurde.

Erinnerung

Die jüdische Gemeinde Žilinas zählte nach dem Krieg nur noch 200 Mitglieder. Ende der 1960er Jahre wanderten vor allem die jungen Mitglieder der Gemeinde aus. In den folgenden Jahrzehnten schrumpfte die alternde Gemeinde stark. Heute hat sie etwa fünfzig Mitgliedern.

Die Neue Synagoge war für die stark geschrumpfte jüdische Gemeinde zu groß geworden. Sie wurde in den Folgejahren als Universitätsgebäude, Versammlungssaal, Konzertstätte und Kino genutzt. Seit 1963 steht die ehemalige Synagoge unter Denkmalschutz.

Als die Idee aufkam, eine Bowlingbahn und eine Diskothek in der ehemaligen Synagoge einzurichten, gab es lautstarke Proteste aus der jüdischen Gemeinde. Die Pläne konnten verhindert werden. Zusammen mit lokalen Künstlern, Architekten, Bauunternehmern und weiteren Vertretern der Zivilgesellschaft versuchte die jüdische Gemeinde, das Gebäude erneut als Raum für Kultur wiederzubeleben. Von 2011 bis 2017 engagierten sich zahlreiche Menschen ehrenamtlich für die Renovierung der Synagoge. Ein Großteil der hierfür nötigen Mittel konnte durch Spenden und EU-Fördergelder eingenommen werden.

Seit der Wiedereröffnung des Gebäudes 2017 erlebt Žilina erheblich mehr kulturelle Aufmerksamkeit durch den beeindruckenden Bau im Stadtzentrum, der mit immer neuen Ausstellungen, Kunstformaten, Theateraufführungen und Konzerten belebt wird.

Bereits 2004 wurde im Beisein des slowakischen Präsidenten ein Denkmal namens »Weg ohne Wiederkehr« zur Erinnerung an das ehemalige Sammellager vor der Stadt errichtet. Die Errichtung der Skulptur geht maßgeblich auf den gebürtigen Silleiner Arieh Klein zurück. Sie steht unmittelbar vor dem ehemaligen Lagerkomplex und wenige Fußminuten vom Deportationsbahnhof Žilina-Záriečie entfernt. Das ehemalige Lagergelände wird heute wieder als Kaserne benutzt.

Angebote

Ausstellungen, Konzerte, Kulturveranstaltungen, Gedenkveranstaltungen

Öffnungszeiten

Di-So 13.00-19.00 Uhr
Das Denkmal »Weg ohne Wiederkehr« ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

https://novasynagoga.sk/

info@novasynagoga.sk

+421911862111

J. M. Hurbana 220/11
010 01 Žilina, Slowakei