Nationaldenkmal Lager Amersfoort

Nationaal Monument Kamp Amersfoort


Auf dem Gelände des ehemaligen »Polizeilichen Durchgangslagers Amersfoort« erinnert heute eine Gedenkstätte an das Schicksal der Häftlinge.

Geschichte

Das 1939 erbaute Ausbildungslager der niederländischen Armee wurde nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht 1940 in ein »Polizeiliches Durchgangslager« verwandelt und der Sicherheitspolizei (Sipo) und dem Sicherheitsdienst (SD) unterstellt. Ab Mai 1941 ließ die Sicherheitspolizei das Gebiet sperren und das Lager umbauen. Vom August 1941 bis zum März 1943 durchliefen 8.522 Häftlinge das Lager. Die Mehrheit waren politische Häftlinge. Darüber hinaus wurden Juden, Roma und Sinti, »Asoziale« und Schwarzhändler ins Lager gebracht. Wegen der schlechten Lebensbedingungen und der täglichen Misshandlungen war das Lager in der Bevölkerung berüchtigt. Am Anfang bestanden die Wachmannschaften aus in den Niederlanden lebenden »Auslandsdeutschen«, die in die SS berufen wurden. Danach wurde Amersfoort zu einem Ausbildungslager für SS-Männer, die anschlieβend in anderen Lagern dienten. Auch niederländische Freiwillige wurden dort für einen späteren Einsatz trainiert.
Vom Mai 1943 bis zu seiner Befreiung benutzten die Besatzungsbehörden das Lager Amersfoort als Lager für junge Männer, die zur Zwangsarbeit ins »Dritte Reich« verschleppt werden sollten. Manche von ihnen waren »Arbeitsdienstverweigerer«: Niederländer, die sich weigerten, zur Arbeit in Deutschland eingesetzt zu werden. In dieser zweiten Phase wurden insgesamt 26.705 Häftlinge im Lager inhaftiert, von denen 13.243 zum Arbeitseinsatz und 3.152 in Konzentrationslager nach Deutschland verschleppt wurden. Die SS verließ das Lager und die 579 noch dort verbliebenen Häftlinge am 19. April 1945.

Opfergruppen

Mindestens 35.219 Menschen waren insgesamt während der deutschen Besatzung in Amersfoort inhaftiert. Auf dem Gelände des Lagers starben mindestens 523 Häftlinge, 311 von ihnen wurden hingerichtet. Unter den Opfern waren 100 sowjetische Kriegsgefangene, die dem Hungertod preisgegeben oder erschossen wurden. Mehrere Juden wurden wegen angeblichen Fluchtversuchs von der Wachmannschaft erschossen. Die meisten Hinrichtungen fanden auf dem Schießstand statt. Wie viele der aus Amersfoort Deportierten an anderen Orten umkamen, ist nicht klar.

Erfahre mehr über Niederlande

Als die deutsche Wehrmacht das Königreich der Niederlande im Mai 1940 besetzte, lebten hier knapp 120.000 Juden – davon 75.000 in Amsterdam. Eine von der SS dominierte Zivilverwaltung begann umgehend mit der Durchsetzung antijüdischer Maßnahmen und organisierte Gewaltakte. Bereits Ende März 1941 richtete die SS eine »Zentralstelle für jüdische Auswanderung« in Amsterdam ein. Im Jahr darauf, am 22. Juni 1942, unterrichtete der Leiter des Judenreferats im SS-Reichssicherheitshauptamt, Adolf Eichmann (1906–1962), das Auswärtige Amt in Berlin darüber, dass man sich mit der Deutschen Reichsbahn über den Transport unter anderem von 40.000 Juden aus den Niederlanden geeinigt habe. Sie kamen zunächst in das Durchgangslager Westerbork, wo namentliche Transportlisten erstellt wurden. Ab Mitte Juli 1942 rollten von hier aus die ersten Züge nach Osten. Immer wieder kam es zu Razzien, um Juden für die Verschleppungen zusammenzutreiben. Bis September 1944 gingen um die hundert Transporte von Westerbork in die Vernichtungslager Auschwitz und Sobibor, in das Ghetto Theresienstadt und in das Konzentrationslager Bergen-Belsen ab. Die SS deportierte über 100.000 Menschen – mehrheitlich Juden, aber auch Roma. Ebenso wurden Juden mit einer Staatsangehörigkeit der Niederlande aus Frankreich und Belgien in den Tod verschleppt. Die Gesamtzahl der zwischen Mai 1940 und Ende 1944 ermordeten niederländischen Juden liegt bei bis zu 102.000 Personen, etwa 75 Prozent der jüdischen Bevölkerung vor dem Holocaust. Darüber hinaus kamen über 110.000 nichtjüdische Zivilisten während Besatzung und Krieg ums Leben. Die Zahl an Denkmälern, Museen, Gedenkstätten, Gedenktafeln, kleineren Erinnerungsstätten, aber auch Forschungseinrichtungen und Archiven zum Zweiten Weltkrieg ist in den Niederlanden fast unüberschaubar. Bereits 1947 wurde das 22 Meter hohe »Nationaldenkmal op den Dam« in Amsterdam errichtet, das allen niederländischen »Opfern des Zweiten Weltkrieges« gewidmet ist und 1956 seine heutige Gestaltung erhielt. Seit 1960 gibt es das Anne-Frank-Haus. Zentrale staatliche Erinnerungsorte sind die Stätten ehemaliger nationalsozialistischer Konzentrations- oder Durchgangslager. In Westerbork beispielsweise besteht seit 1983 eine Anlage, zu der das historische Lagergelände, ein nationales Denkmal und ein modernes Museum gehören. 1987 wurde in der Großen Synagoge von Amsterdam das »Joods Historisch Museum« (Jüdisch-Historisches Museum) eröffnet, in dem auch die Verfolgung und Ermordung der Juden behandelt wird. 2021 wurde in Amsterdam ein neues Holocaustdenkmal eingeweiht, in das die Namen von 102.000 ermordeten Juden sowie Sinti und Roma eingraviert sind. Nach Kriegsende war die niederländische Erinnerungskultur vor allem durch die Betonung des Widerstands gegen die deutsche Besatzung gekennzeichnet. Insbesondere ab den 1980er Jahren spielte dann auch die Frage, wie sich die Bevölkerungsmehrheit – im Gegensatz zur bewussten Kollaboration – im Besatzungsalltag einrichtete (»Akkomodation«), eine immer größere Rolle in der niederländischen Erinnerungskultur. Ein weiterer Aspekt des niederländischen Gedenkens ist der hervorgehobene Bezug auf die Gegenwart. Er wird in Mahnmalen für verfolgte Sinti und Roma sowie insbesondere bei einem der weltweit bedeutendsten Denkmäler zur Erinnerung an die Verfolgung Homosexueller während des Nationalsozialismus in Amsterdam deutlich.

Erinnerung

Nach dem Krieg wurde ein Teil des Lagers als Empfangszentrum für aus dem Ausland zurückkehrende ehemalige Häftlinge und Zwangsarbeiter benutzt, in einem anderen Teil wurden Kollaborateure interniert. Nach 1946 nutzte wieder die niederländische Armee das Gelände. Trotz vieler Aufrufe, das Lager in eine Gedenkstätte umzuwandeln, blieb Amersfoort in Betrieb. Als 1967 das Militär auszog, wurde das Häftlingslager abgerissen; 1969 zog eine Polizeischule in die ehemaligen SS-Baracken ein.
Unmittelbar nach dem Krieg bemühten sich einige ehemalige Häftlinge und Bürger um die Errichtung eines Denkmals. 1950 wurde ein Holzkreuz auf dem Schießplatz aufgestellt. 1953 wurde es durch eine großformatige Skulptur ersetzt, die einen »Häftling vor einem Erschießungskommando« zeigt. 1962 wurde eine Gedenksäule für die erschossenen sowjetischen Kriegsgefangenen errichtet. Erst 1974 wurde durch den Leiter der Polizeischule ein kleines Museum eingerichtet. 2000 bauten die örtlichen Gemeinden einen Museumsneubau, der 2004 durch ein Besucherzentrum ergänzt wurde. Seit 2000 ist Amersfoort als Gedenkstätte von nationaler Bedeutung anerkannt. Vom ehemaligen Lagergelände sind jedoch lediglich ein Wachturm, ein Mauerstück und der Hinrichtungsplatz noch erhalten.

Angebote

Führungen, Publikationen, Bibliothek

Öffnungszeiten

Vom März bis Oktober Dienstag bis Freitag 9.00 bis 17.00, Sonntag 12.00 bis 16.00.
Vom November bis Februar Dienstag bis Freitag 10.00 bis 16.00, Sonntag 12.00 bis 16.00.

Kontakt

http://www.kampamersfoort.nl

info@kampamersfoort.nl

+31 (0)33 461 31 29

Loes van Overeemlaan 19
3832 RZ Leusden / Amersfoort