Museum des Warschauer Aufstandes

Muzeum Powstania Warszawskiego


In der polnischen Hauptstadt Warschau (polnisch: Warszawa) brach am 1. August 1944 ein Aufstand der Armia Krajowa (deutsch: Armee im Lande oder auch: Heimatarmee), kurz AK, gegen die deutsche Besatzung aus. Nach 63 Tagen schlugen SS-Truppen den Aufstand nieder und zerstörten die Stadt anschließend systematisch. Seit 2004 erinnert das Museum des Warschauer Aufstandes (polnisch: Muzeum Powstania Warszawskiego) an den gescheiterten Aufstand und die Opfer.

Geschichte

Polen wurde am Anfang des Zweiten Weltkrieges von zwei Seiten besetzt. Nach dem Sieg der deutschen Wehrmacht im Herbst 1939 wurden nach und nach westliche Gebiete Polens an das Deutsche Reich angegliedert, große Teile der Bevölkerung gewaltsam in das ebenfalls deutsch besetzte »Generalgouvernement« vertrieben, politische Gegner verhaftet und ermordet sowie Hunderttausende als Zwangsarbeiter verschleppt. Fast zeitgleich besetzte die Rote Armee, in Übereinstimmung mit dem Hitler-Stalin-Pakt, große Gebiete Ostpolens. Hier wurde die Bevölkerung enteignet, Hunderttausende verschleppt und polnische Offiziere, Polizisten und Intellektuelle ermordet. Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion fielen auch diese ostpolnischen Gebiete unter deutsche Besatzung.
Unter der Besatzung entstanden hunderte zivile und militärische Untergrundorganisationen, von denen die meisten mit der polnischen Exilregierung in London in Verbindung standen. Der militärische Untergrund, im Februar 1942 aus verschiedenen Verbänden zur Heimatarmee (AK) zusammengefügt, wurde zum größten in Europa. Ende Juli 1944 erreichte die vorrückende Rote Armee Warschau. Die Führung der AK wollte die deutsch besetze Hauptstadt vor dem Einmarsch der Roten Armee selbst befreien, um damit die Gründung eines von Stalins Sowjetunion unabhängigen polnischen Staates legitimieren zu können. Als am 1. August 1944 der Aufstand ausbrach, hatten die nur leidlich bewaffneten etwa 36.000 Aufständischen zunächst große Teile der Stadt eingenommen, doch gewannen die SS-Truppen strategisch wichtige Gebiete zurück und schlugen den Aufstand nach zwei Monaten schließlich nieder. Auf Anordnung Heinrich Himmlers wurde die Stadt anschließend systematisch zerstört. Obwohl sie dazu in der Lage gewesen wäre, kam die Rote Armee den Aufständischen nicht zur Hilfe. So konnte das auf Anordnung Stalins Ende Juli 1944 gegründete, kommunistisch dominierte Lubliner Komitee am 1. Januar 1945 als polnische Übergangsregierung eingesetzt werden.

Opfergruppen

Als am 2. Oktober 1944 die Aufständischen kapitulierten, gerieten etwa 15.000 Soldaten der AK, darunter etwa 2.000 Frauen, in deutsche Gefangenschaft. Insgesamt fielen mindestens 16.000 Aufständische im Kampf, und etwa 150.000 Zivilisten, unter ihnen viele Jugendliche, kamen ums Leben. Vor allem in den ersten Tagen des Aufstandes führte die SS Massenerschießungen durch, etwa 40.000 fielen diesen Morden zum Opfer. Etwa 100.000 Überlebende wurden zur Zwangsarbeit in das Deutsche Reich verschleppt, Hunderttausende aus der Stadt vertrieben. Allein 500.000 Einwohner wurden zwangsweise in das Durchgangslager Pruszków in der Nähe Warschaus evakuiert. Etwa 60.000 Polen wurden in verschiedene Konzentrationslager verschleppt. Warschau war fast menschenleer, als die Truppen der SS die Stadt Straße um Straße, Haus um Haus niederbrannten.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

In die Einflusssphäre der Sowjetunion geraten, wurde Polen nach dem Zweiten Weltkrieg eine kommunistische Diktatur. In der offiziellen Geschichtsdarstellung wurde die Erinnerung an die deutsche Besatzung betont, während die sowjetische Besatzung als »Befreiung« gepriesen wurde. Im Nachkriegspolen war das Symbol der AK, ein Anker, der sich aus den Buchstaben P und W zusammensetzt und für »kämpfendes Polen« (polnisch: Polska Walcząca) stand, verboten. Den Aufstand selbst konnte die kommunistische Regierung nicht verschweigen, da das zerstörte Stadtbild Warschaus den gescheiterten Aufstand in Erinnerung rief. Zudem erinnerten Einwohner aus eigener Initiative an Orten von Exekutionen mit Blumen, Grablichtern und Gedenktafeln an die Opfer. Ein offizielles Denkmal lehnte die Regierung jedoch ab.
Die Oppositionsbewegung, die ab Mitte der 1970er Jahre erstarkte und im Verlauf der 1980er Jahre den politischen Umbruch des Jahres 1989 erkämpfte, wollte die sowjetische Mitschuld am Scheitern des Aufstandes benennen und aufklären. Der Grundstein für das Denkmal des Warschauer Aufstandes wurde 1984 gelegt. Er befindet sich an der Stelle des ehemaligen Eingangs zum Abflusskanal, durch den Kämpfer und Zivilisten flohen. Auch die Idee für ein Museum entstand bereits in den 1980er Jahren.
1994 wurde der Grundstein für ein selbstständiges Museumsgebäude gelegt, dessen Bau wegen ungeklärten Eigentumsverhältnissen des Grundstücks nicht vorankam. Als 2002 der spätere Staatspräsident Lech Kaczyńsky zum Oberbürgermeister Warschaus gewählt wurde, brachte er den Museumsbau an einem anderen Ort voran. Am 31. Juli 2004, ein Tag vor dem 60. Jahrestag des Aufstandes, eröffnete das Museum in einem ehemaligen Elektrizitätswerk für die Straßenbahn. Auf 3.000 Quadratmetern greift es Themen wie Besatzung, Aufstand, Einsatz der Aufständischen und Engagement der Zivilgesellschaft auf. Auch das spätere Schicksal von Überlebenden im kommunistischen Polen wird thematisiert.

Angebote

Dauerausstellung, Videoarchiv mit Erinnerungen ehemaliger Aufständischer, pädagogische Workshops, Führungen, Vortragsreihen, Festivals, Konferenzen

Öffnungszeiten

Mittwochs bis Montags 10:00 bis 18:00
Dienstags geschlossen

Kontakt

http://www.1944.pl/

biuro@1944.pl

+48 22 539 79 05

Ul. Grzybowska 79
00-844 Warszawa