Montecassino/Historiale von Cassino

Montecassino/Historiale di Cassino


Im Zweiten Weltkrieg wurden die Abtei Montecassino und die nahe gelegene Stadt Cassino Schauplatz einer Schlacht, die entscheidend war im Kampf um die italienische Halbinsel. Sie kostete bis zu 80.000 Soldaten und mindestens 250 Zivilisten das Leben.

Geschichte

Die Abtei von Montecassino, auf einem Berg rund 130 Kilometer südöstlich von Rom gelegen, wurde um 529 durch den Heiligen Benedikt von Nursia gegründet. Am Fuße des Bergs erstreckt sich die Stadt Cassino. 1944 wurde die Gegend Schauplatz von erbitterten Kämpfen. Nachdem die Alliierten im Sommer 1943 Sizilien eingenommen hatten, landeten sie am 3. September 1943 bei Salerno in Süditalien. Am 8. September wurde der Waffenstillstand Italiens mit den Alliierten bekanntgegeben, daraufhin besetzten deutsche Truppen den nördlichen Teil Italiens. Anfang 1944 verlief die Front größtenteils entlang der »Gustav-Linie«, einer stark befestigten Verteidigungslinie der Wehrmacht, die Italien südlich von Rom durchquerte und das Vordringen der Alliierten in Richtung Hauptstadt verhindern sollte. Das strategische Herzstück dieser Linie war der Berg Monte Cassino. Rund 1.000 Zivilisten hatten in der Abtei Schutz gesucht. Die Mehrheit verließ den Ort, als sich abzeichnete, dass die Abtei umkämpft werden würde. Ein Indiz für die bevorstehenden Kämpfe war, dass der deutsche Oberstleutnant Julius Schlegel die Kunstschätze der Abtei nach Rom schaffen ließ. Einige hundert Zivilisten, wenige Mönche und der Abt Gregorio Diamare blieben.
Am 17. Januar 1944 begannen alliierte Streitkräfte mit der ersten von insgesamt vier Angriffswellen auf den Berg. Am 15. Februar bombardierten sie die Abtei mit Flugzeugen und zerstörten sie dabei völlig. Trotz erbitterter Kämpfe gelang es erst mit dem am 12. Mai 1944 begonnenen vierten Angriff, die »Gustav-Linie« zu durchbrechen. Eine entscheidende Rolle spielte dabei das 2. Polnische Korps unter Generalleutnant Władysław Anders. Seine Verbände besetzten nahe gelegene Berge und kesselten unter hohen Verlusten den Monte Cassino ein, so dass der Oberbefehlshaber der deutschen Streitkräfte in Italien Albert Kesselring am 18. Mai befahl, den Berg zu räumen. Damit war der Weg nach Norden frei für die Alliierten. Am 4. Juni 1944 wurde Rom befreit.

Opfergruppen

An der Schlacht von Monte Cassino nahmen fast 200.000 Soldaten vieler Nationalitäten teil. Die genaue Zahl der Gefallenen ist aufgrund der Quellenlage in den verschiedenen Ländern und der Unübersichtlichkeit der Kampfhandlungen schwer zu ermitteln. Die Überreste einiger Gefallener wurden in ihre Heimatländer gebracht, viele sind jedoch in Italien bestattet. 1.052 polnische Soldaten, die ihr Leben in der Schlacht um Monte Cassino ließen, sind in der Nähe der Abtei begraben. Ihre Gräber werden von den Mönchen gepflegt; auch der 1970 in London verstorbene General Anders hat hier sein Grab. Weiter südlich, in Casamassima in der Region Apulien, liegen weitere 431 polnische Soldaten, die ihren Verwundungen im dortigen Krankenhaus erlagen.
3.414 Soldaten der französischen Einheiten, die auf alliierter Seite kämpften und in den Schlachten in Mittelitalien ums Leben kamen, sind auf dem Militärfriedhof Venafro östlich von Cassino bestattet. Unter ihnen waren auch viele Männer, die aus Nordafrika stammten. 4.271 in Monte Cassino oder nahe gelegenen Orten getötete Soldaten des »Commonwealth« (neben Briten auch Inder, Nepalesen, Kanadier, Neuseeländer und Südafrikaner) liegen auf dem Commonwealth-Militärfriedhof in Cassino, 2.049 in Minturno. Die amerikanischen Gefallenen aus ganz Italien sind auf dem Friedhof von Nettuno etwas südlich von Rom begraben. Auch mehrere hundert Italiener fielen an der Seite der Alliierten in Monte Cassino. Sie liegen auf dem Friedhof Mignano Montelungo.
20.027 vorwiegend in Monte Cassino gefallene deutsche Soldaten liegen auf dem Friedhof Colle Marino, unweit von Cassino.
Je nach Quelle geht man von mindestens 15.000 alliierten und 15.000 deutschen, oder bis zu 60.000 alliierten und 20.000 deutschen Gefallenen aus. Auch mindestens 250 Zivilisten sind während der Schlacht getötet worden. Die Gegend um den Monte Cassino wurde völlig verwüstet.

Erfahre mehr über Italien

Das Königreich Italien wurde seit 1922 von Benito Mussolini (1883–1945), dem »Duce« (Führer), und seiner faschistischen Partei diktatorisch regiert. Bis Mitte der 1930er Jahre spielte Antisemitismus in der Öffentlichkeit kaum eine Rolle; diskriminierende Maßnahmen wurden erst 1938 eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt lebten über 46.000 Juden in Italien. Das italienische Staatsgebiet umfasste damals auch die Halbinsel Istrien sowie einige heute griechische Inseln, darunter Rhodos mit seiner traditionsreichen jüdischen Gemeinde. Die italienische Regierung, enger Verbündeter des Deutschen Reiches, beteiligte sich bis zum Herbst 1943 nicht an Massendeportationen von Juden in deutsche Vernichtungslager. Erst als das Land von Norden her durch die deutsche Wehrmacht besetzt wurde – der Süden war bereits durch amerikanische und britische Truppen befreit –, begann der deutsche SS- und Polizeiapparat, den Plan der systematischen Ermordung der italienischen Juden umzusetzen. Über eine Zwischeninternierung wurden die Menschen durch halb Europa nach Auschwitz deportiert, viele von ihnen unmittelbar danach in die Gaskammern getrieben. Die Zahl der ermordeten oder gewaltsam zu Tode gekommenen Juden aus Italien (ohne die italienisch besetzten Gebiete) beträgt zwischen 7.000 und 8.500 Personen. Zehntausende italienische Juden und jüdische Flüchtlinge konnten sich durch Emigration retten oder versteckten sich mit Hilfe von Nichtjuden. Über 2.000 gerieten nicht mehr in den deutschen Machtbereich, weil sie in Süditalien rechtzeitig durch die Alliierten befreit wurden. Von 1943 bis 1945 kam es in Norditalien zu heftigen Kämpfen zwischen den deutschen Besatzern und italienischen Partisanen der kommunistisch dominierten Widerstandsbewegung »Resistenza«. Die deutschen Truppen reagierten mit grausamen Vergeltungsmaßnahmen und Massakern, zum Beispiel in Marzabotto und den Ardeatinischen Höhlen bei Rom. Insgesamt fanden während des Zweiten Weltkrieges über 400.000 Italiener – Soldaten, Zivilisten und Partisanen – den Tod. Nach Kriegsende wurde der Partisanenkampf zum zentralen Aspekt italienischen Selbstverständnisses und in der Erinnerungskultur zum Mythos der eigenen Befeiung vom Faschismus. Eine Auseinandersetzung mit der weitverbreiteten Unterstützung Mussolinis im eigenen Land unterblieb meist. Die bekannten Gedenkorte, wie das frühere Konzentrationslager Risiera di San Sabba bei Triest oder die Einrichtungen in Marzabotto und den Ardeatinischen Höhlen, sind – wie auch zahlreiche Museen – dem Widerstand gewidmet. Erinnerungsstätten auf dem Gelände früherer Internierungslager für Juden sind dagegen selten und gedenken eher der Retter als der Verfolgten, wie es die Villa Emma in Nonatola zeigt, in der versteckte jüdische Kinder überlebten. Die Ausrichtung auf Menschenrechtserziehung, die auf Gegenwart und Zukunft bezogen ist, stellt das Bindeglied vieler dieser Einrichtungen dar. Mittlerweile rückt die Erinnerung an die deportierten und ermordeten Juden mehr in den Vordergrund. 2013 eröffnete die Memoriale della Shoah di Milano am Mailänder Hauptbahnhof. Die Errichtung eines zentralen Holocaustdenkmals in Rom wurde 2023 beschlossen.

Erinnerung

Einige der Mönche, die nach Rom geflüchtet waren, kehrten bereits im Juli 1944 in die Ruinen der Abtei zurück. Am 16. Februar 1945 wurde eine Kommission zum Wiederaufbau der Abtei gegründet. Im Italien der Nachkriegszeit kam diesem Projekt eine hohe symbolische Bedeutung zu. Viele namhafte Künstler beteiligten sich am Wiederaufbau, der mit großer Sorgfalt nach den Originalplänen aus dem 6. Jahrhundert durchgeführt wurde. Aus vielen Ländern wurde zum Aufbau beigetragen, die Kunstschätze wurden in die Abtei zurückgebracht. Am 24. Oktober 1964 weihte Papst Paul VI. die Basilika in der wiederhergestellten Abtei und erklärte dabei den Heiligen Benedikt zum Schutzpatron Europas.
Die Abtei beherbergt ein Museum, das die bewegte Geschichte des Ortes nachzeichnet. Montecassino ist dank seiner zahlreichen Zeugnisse mittelalterlicher Geschichte ein Magnet für Reisende aus aller Welt. Rund 1,5 Millionen Menschen besuchen die Stadt jährlich.
Zum 60. Jahrestag der Schlacht um Montecassino wurde zum Gedenken an die Schlacht und ihre Gefallenen das Museum »Historiale« eröffnet. Die Dauerausstellung widmete sich den Ereignissen in den Jahren 1943-1944 und den beteiligten Soldaten der verschiedenen Nationalitäten. 2017 wurde das Museum geschlossen. Ob es jemals wieder eröffnet wird, ist unklar.
In und um Cassino können nach wie vor die Gräber Tausender Gefallener auf den Militärfriedhöfen besichtigt werden.

Angebote

Führungen in verschiedenen Sprachen, Veranstaltungen, Führungen durch das Gebiet um den Monte Cassino in Zusammenarbeit mit dem archäologischen Museum und der Abtei

Öffnungszeiten

Das Museum wurde 2017 geschlossen.

Kontakt

http://www.museohistoriale.org/

info@museohistoriale.org

+39 0776 313 852

via San Marco 23
03043 Cassino