Mahnmal Kreuzstadl

Mahnmal Kreuzstadl


In Rechnitz, einem Ort nahe der Grenze zu Ungarn, erschossen am 24. März 1945 Mitglieder der örtlichen NSDAP etwa 180 ungarische Juden, die als Zwangsarbeiter zum Bau des »Südostwalls« nach Rechnitz verschleppt worden waren. Seit 1991 engagiert sich die Gedenkinitiative RE.F.U.G.I.U.S dafür, den Ort der Erschießung, das Gehöft Kreuzstadl, als Mahnmal für alle Opfer des »Südostwallbaus« zu erhalten.

Geschichte

Zehntausende ungarische Juden verschleppte die SS ab November 1944 in das österreichisch-ungarische Grenzgebiet. Sie waren dort als Zwangsarbeiter am Bau des »Südostwalls« eingesetzt – einem Befestigungssystem, das den Vormarsch der sowjetischen Armee aufhalten sollte. Als die Front näher rückte begann die SS im März 1945 die Mehrzahl der Zwangsarbeiter auf Fußmärschen in Richtung Westen zu treiben.
Rund 600 ungarische Juden brachte die SS am 24. März 1944 von Güns (ungarisch: Kőszeg) nach Burg, einem österreichischen Ort südlich von Rechnitz. Etwa 200 von ihnen wurden als »arbeitsunfähig« ausgesondert und nach Rechnitz zurückgebracht.
Am selben Abend fand im Ort ein Fest führender NSDAP-Mitglieder statt. Unter Leitung des Ortsgruppenleiters Franz Podezin kamen aus dem Kreis der Festgäste rund 14 Personen zusammen. Sie erschossen in der Nacht etwa 180 der 200 Zwangsarbeiter beim so genannten Kreuzstadl, einem nahe gelegenen Gehöft. Eine weitere Gruppe von jüdischen Zwangsarbeitern musste die Leichen begraben. Am darauf folgenden Abend wurden sie in der Nähe des örtlichen Schlachthauses erschossen.

Opfergruppen

Das Mahnmal erinnert an die über 180 hier ermordeten jüdischen Zwangsarbeiter aus Ungarn sowie an alle Opfer des »Südostwallbaus«.

Erfahre mehr über Österreich

Am 12. März 1938 rückte die deutsche Wehrmacht unter dem Jubel zahlreicher Einwohner in die Republik Österreich ein. Am folgenden Tag wurde der »Anschluss« des Landes an das Deutsche Reich proklamiert, das fortan »Ostmark« hieß. Einheimische Nationalsozialisten begannen umgehend mit der Verfolgung der jüdischen Minderheit und von Regimegegnern. Ab Mai 1938 besaßen die deutschen antijüdischen Gesetze auch im eingegliederten Österreich Gültigkeit. Bis Ende 1939 gelang über 126.000 Juden, meist aus Wien, die Flucht. Bereits im Herbst 1939 begannen erste Deportationen österreichischer Juden in das besetzte Polen. Bis 1945 verschleppte die SS fast 48.600 Juden aus Österreich und 16.600 weitere, die in anderen Ländern Zuflucht gefunden hatten, in den besetzten Osten, wo sie fast ausnahmslos ermordet wurden. Über 40.000 nichtjüdische Zivilisten fanden den Tod, darunter über 8.000 aus dem Burgenland verschleppte Sinti und Roma. 1945 teilten die Alliierten das Land in vier Besatzungszonen auf. Die sowjetische Besatzungsmacht errichtete ein »Befreiungsdenkmal« in Wien. Die Vertreter der provisorischen Allparteienregierung Österreichs aus Sozialisten, Kommunisten und Volkspartei nutzten dessen Übergabe am 19. August 1945, um Österreich als »das erste freie Land, das der Hitlerischen Aggression zum Opfer gefallen ist«, zu bezeichnen. Diese Haltung fand für Jahrzehnte breiten Widerhall in Politik und Bevölkerung. In den 1960er Jahren begannen allerdings heftige Auseinandersetzungen über die Beteiligung von Österreichern am Nationalsozialismus. Sie fanden bei einer Demonstration im März 1965 ihren Tiefpunkt, als ein rechtsextremer Student dem ehemaligen KZ-Häftling Ernst Kirchweger (*1898) tödliche Verletzungen zufügte. Kirchweger war das erste politische Todesopfer in Österreich nach 1945. In der Folgezeit wurden in der österreichischen Öffentlichkeit vermehrt Stimmen laut, die vor einer Verharmlosung der Jahre 1938 bis 1945 warnten. Mehrfach erschütterten Skandale um politisch Verantwortliche und deren Vergangenheit das Land, so während der »Waldheim-Debatte« zwischen 1986 und 1992. Der Vorwurf, der österreichische Bundespräsident und ehemalige UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim (1918–2007) sei an Kriegsverbrechen auf dem Balkan beteiligt gewesen, spaltete das Land. Waldheim konterte, er habe »wie hunderttausend andere Österreicher« lediglich seine Pflicht getan. Erst Anfang der 1990er gestand der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (*1937) eine österreichische Mitschuld am Holocaust ein. Bereits 1963 nahm das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands seine Arbeit auf, das die Geschichte des Holocaust und den Rechtsextremismus in Österreich untersucht sowie eine kleine Ausstellung zeigt. Die 1970 in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eröffnete Dauerausstellung blieb für lange Zeit fast die einzige zur Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich. 1983 beschloss der Wiener Gemeinderat, ein »Mahnmal gegen Krieg und Faschismus« zu errichten. Das durch den Bildhauer Alfred Hrdlicka (*1928) entworfene Erinnerungszeichen wurde 1991 eingeweiht, das »Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoa« folgte 2000. Zeichen des staatlichen Umdenkens in Österreich sind Gesetze zur Entschädigung geraubten Eigentums, Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter sowie eine Historikerkommission, die zwischen 1998 und 2003 den Vermögensentzug während des Nationalsozialismus untersuchte. 2009 wurden ehemalige Deserteure der Wehrmacht juristisch rehabilitiert, 2014 ein Denkmal für sie eingeweiht.

Erinnerung

Der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge konnte 1970 das Massengrab am Schlachthaus mit 18 Opfern der zweiten Erschießung ausfindig machen. Die Mehrzahl von ihnen wurde auf dem jüdischen Friedhof Graz-Wetzl beigesetzt.
Ab 1988 unternahmen verschiedene Initiativen den Versuch, die Opfer des Massenmords auf dem Gehöft des Kreuzstadl zu finden. Sie blieben erfolglos.
Zu Beginn der 1990er Jahre gründete sich der Verein RE.F.U.G.I.U.S. Der Verein erwarb die Ruinen des Gehöfts Kreuzstadl und weihte sie 1993 in einer Gedenkfeier als Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des dortigen Massenmords ein. Seit 1998 erinnert Kreuzstadl als zentrales Mahnmal an alle Opfer des »Südostwallbaus«. Dieses wurde später um eine Freiluftausstellung ergänzt.

Angebote

Individuelle Projektbegleitung und -entwicklung für Lehrer und Schüler, Vorträge (vor allem für Schüler und Jugendgruppen), Filmvorführungen mit Diskussionen, Wanderausstellung »Zerstörte jüdische Gemeinden im Burgenland« (auf Anfrage ausleihbar), Gedenkstättenreisen im Südburgenland

Öffnungszeiten

Das Mahnmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

http://www.kreuzstadl.net

info@kreuzstadl.net

+43 (0)3352 345 25-22

Bahnhofstraße
7471 Rechnitz