In Sissek (kroatisch: Sisak) erinnern mehrere Denkmäler an das Kinderlager, in dem die faschistische Ustascha von 1942 bis 1943 etwa 7.000 Kinder gefangen hielt. Über 1.100 Kinder starben.
Geschichte
Die Stadt Sissek liegt etwa fünfzig Kilometer südlich von Zagreb, genau zwischen der kroatischen Hauptstadt und dem weiter südlich gelegenen Jasenovac. Nach dem Angriff der deutschen Wehrmacht und ihrer Verbündeten auf Jugoslawien im April 1941 rief die faschistische Ustascha-Bewegung (kroatisch: Ustaša) den Unabhängigen Staat Kroatien aus (USK, kroatisch: Nezavisna Država Hrvatska). Bereits im Sommer 1941 entstanden im ganzen Land Lager, in denen vor allem Serben, Juden und Roma von der Ustascha interniert wurden. Das größte dieser Lager befand sich in Jasenovac. In der Umgebung von Sissek entstanden von 1941 mehrere Sammel- und Durchgangslager. Im Juli 1942 errichtete die Ustascha in Sissek ein Sammellager für Alte, Frauen und Kinder. Die Kinder wurden separat in einem abgetrennten Kinderlager untergebracht. Ab August 1942 wurden auch Kinder aus anderen Lagern nach Sissek transportiert, vor allem aus Jasenovac. Ende September 1942 hielten sich etwa 4.700 Kinder im Lager in Sissek auf. Es bestand aus mehreren Gebäuden, darunter mehrere Baracken, eine Grundschule und ein Kloster. Katholische Nonnen beaufsichtigten die Kinder. Sie erhielten nur unzureichend Kleidung und Nahrung, viele waren völlig verwahrlost. Anfang Januar 1943 löste die Ustascha das Lager auf und transportierte die Kinder nach Zagreb.
Opfergruppen
Die Gesamtzahl der Kinder, die zwischen 1942 und Anfang 1943 das Lager durchliefen, liegt bei etwa 7.000. Mindestens 1.100 Kinder starben an Krankheiten und Hunger. Andere Quellen geben sogar über 1.800 Todesopfer an.
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Kroatien
Nach dem Ersten Weltkrieg war Kroatien Bestandteil des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, das 1929 von König Alexander I. (1888–1934) in eine – meist von serbischen Offizieren gestützte – Diktatur umgewandelt wurde und den Namen Jugoslawien erhielt. Der kroatische Nationalist Ante Pavelić (1889–1959) verließ das Land und bekämpfte die Königsdiktatur mit seiner terroristischen Untergrundorganisation »Ustascha« vom faschistischen Italien aus. Im April 1941 wurde Jugoslawien von deutschen Truppen und ihren italienischen, ungarischen und bulgarischen Verbündeten erobert und der Staat in einzelne annektierte, besetzte und scheinsouveräne Gebiete zerschlagen. Auf diese Weise entstand der »Unabhängige Staat Kroatien«, der tatsächlich ein vom Deutschen Reich abhängiger Staat unter dem Terrorregime der kroatischen Ustascha mit ihrem »Poglavnik« (Führer) Pavelić war. Deren Verfolgungs- und Vernichtungspolitik richtete sich gegen die große serbische Minderheit, gegen Juden, Roma sowie religiöse und weltanschauliche Systemgegner. Im Sommer 1941 errichteten die Machthaber in Jasenovac das größte Konzentrationslager auf dem Balkan. Etwa Mehr als 80.000 Personen kamen hier gewaltsam zu Tode, unter ihnen waren etwa 48.000 Serben, 13.000 Juden, 16.000 Roma und mehr als 4.000 Kroaten.
Ebenfalls im Sommer 1941 begann der bewaffnete Kampf der kommunistischen Partisanen unter Führung von Marschall Josip Broz Tito (1892–1980). Bereits 1942/43 brachten Titos Truppen einen großen Teil Kroatiens unter ihre Kontrolle und nahmen 1944/45 ganz Jugoslawien ein. Pavelić floh, Tito wurde Staatschef und ließ Zehntausende früherer Gegner und Zivilisten – darunter viele aus Kroatien – verfolgen und ermorden.
Bis zum Zerfall Jugoslawiens 1991 gab es in der Kroatischen Teilrepublik ca. 6.000 sehr unterschiedliche Gedenkorte, die die Erinnerung an die »Opfer des Faschismus« und an den Widerstandskampf wachhalten sollten. Gemeint waren Opfer des Terrors der kroatischen Ustascha, der deutschen und italienischen Besatzung, aber auch der königstreuen serbischen Milizen (Tschetniks), derer verallgemeinert als »Patrioten« gedacht wurde. Alle Opfer, so die staatliche Lesart, waren von »verräterischen Faschisten« verfolgt und umgebracht worden. Gleichzeitig wurde an die gefallenen oder ermordeten Widerstandskämpfer, zumeist führende Partisanen sowie Mitglieder der Kommunistischen Parteien Kroatiens und Jugoslawiens, erinnert.
Nach der Erklärung der Unabhängigkeit im Sommer 1991 begann die serbisch dominierte Jugoslawische Volksarmee einen Krieg gegen Kroatien, der bis Ende 1995 andauerte. Dabei wurde auch die Gedenkstätte Jasenovac von Serben besetzt und stark beschädigt, das Museum geplündert. Nachdem der Ort wieder Teil Kroatiens geworden war, wollte Präsident Franjo Tudjman (1922–1999) hier eine Stätte des Gedenkens an alle kroatischen Opfer des Zweiten Weltkrieges und des Krieges 1991–1995 einrichten. Erst 2006 konnten eine Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers und ein Bildungszentrum eröffnet werden. Der Umgang mit der Weltkriegsvergangenheit in Kroatien ist seit 1991 gespalten. Bis zum Jahr 2000 wurden mehr als 3.000 Gedenkorte, auch Gräber, beschädigt und auf unterschiedliche Art und Weise aus der Öffentlichkeit entfernt. In anderen Landesteilen wird das Erbe des »antifaschistischen Volksbefreiungskampfes« gepflegt.
Die wichtigste Gedenkstätte des Landes ist nach wie vor Jasenovac, wo es jahrzehntelang Kontroversen um die genaue Zahl und ethnische Zusammensetzung der Opfer gab. Mittlerweile haben führende sich führende Politiker des Landes am historischen Ort zur Verantwortung Kroatiens an den Verbrechen der Ustascha bekannt.
2022 wurde in Zagreb ein Holocaustdenkmal eingeweiht, das vor allem an die aus der Hauptstadt deportierten Juden erinnert.
Erinnerung
In Sissek erinnern mehrere Denkmäler an die Kinder, die im Lager gefangen gehalten wurden und an die, die hier ums Leben kamen.
An einem der ehemaligen Lagergebäude wurde 1960 eine Gedenktafel angebracht. Die Tafel wurde 1991 entwendet und erst später erneuert. In der Nähe dieses Gebäudes befindet sich ein Spielplatz mit einer Gedenktafel und einem Springbrunnen, auf dem eine Skulptur spielender Kinder steht. Der Brunnen wurde 1964 nach einem Entwurf von Gabriel Kolar errichtet. Ein weiterer Gedenkort liegt gegenüber des Friedhofs Viktorovac: Neun runde Steinplatten auf der Erde erinnern an die Kinder, die hier in einem Massengrab bestattet wurden. Die Steinplatten stammen aus dem Jahr 1974 und wurden von der Künstlerin Mira Wenzler entworfen.