Mahn- und Gedenkstätte Ahlem der Region Hannover

Mahn- und Gedenkstätte Ahlem der Region Hannover


Seit 1987 erinnert die Mahn- und Gedenkstätte Ahlem auf dem Gelände der ehemaligen Israelitischen Gartenbauschule Ahlem an die Juden aus der Region Hannover, die zwischen 1941 und 1944 vom Schulgelände aus deportiert wurden und an die Häftlinge des Polizei-Ersatzgefängnisses, das die Gestapo dort 1943 eingerichtet hatte.

Geschichte

Der jüdische Bankier Alexander Moritz Simon gründete 1893 die »Israelitische Erziehungsanstalt zu Ahlem bei Hannover«, um jüdischen Lehrlingen die Gelegenheit zu geben, einen handwerklichen Ausbildungsberuf oder Berufe in Gärtnerei oder Landwirtschaft zu erlernen. Nachdem es Juden Jahrhunderte lang verboten war, handwerkliche Berufe auszuüben, bot ihnen diese Berufsschule die Möglichkeit, sich in Berufen außerhalb des Handels zu integrieren. Als Zielgruppe hatte die Israelitische Gartenbauschule Ahlem, wie sie ab 1919 hieß, osteuropäische Juden, die bis dahin vor allem als verarmte Händler lebten. Nach 1933 verlagerte die Schule ihren Schwerpunkt auf den Unterricht für jüdische Auswanderer; zwischen 1935 und 1939 wanderten viele Absolventen der Schule nach Palästina, in die USA, nach Lateinamerika, Australien oder Afrika aus.
1941 bestimmte die Gestapo Hannover das Gelände zum Sammelpunkt für Deportationen von Juden aus dem Regierungsbezirk Hannover in die Konzentrations- und Vernichtungslager, ein Schulgebäude diente als »Judenhaus«, das sie beziehen mussten. Die Schule wurde 1942 geschlossen, 1943 richtete die Gestapo eine Außenstelle und ein Ersatzgefängnis, vor allem für ausländische Zwangsarbeiter, auf dem Schulgelände ein. Kurz vor Ende des Krieges diente die ehemalige Laubhütte der Schule als Hinrichtungsstätte: Die Gestapo ermordete dort mindestens 59 Häftlinge. Am 8. April 1945 steckten Angehörige der Gestapo die Laubhütte in Brand und vernichteten ihre Spuren. Zwei Tage später befreiten amerikanische Truppen 27 verbliebene Häftlinge des Ersatzgefängnisses.

Opfergruppen

Vom Gelände der Israelitischen Gartenbauschule aus wurden zwischen Dezember 1941 und Januar 1944 etwa 2.000 Juden aus dem südlichen Niedersachsen in die Ghettos und Konzentrations- und Vernichtungslager deportiert. Ab 1943 hielt die Gestapo Hannover auf dem Schulgelände ausländische Zwangsarbeiter gefangen. Mindestens 59 von ihnen erhängte oder erschoss die Gestapo im März 1945 in der ehemaligen Laubhütte der Schule.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Nach dem Krieg befanden sich auf dem Gelände der ehemaligen Gartenbauschule ein Flüchtlingswohnheim sowie ein Vorbereitungslager für die Auswanderung nach Palästina bzw. Israel. Seit 1958 befindet sich hier die Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau Ahlem und seit den 1970er Jahren eine Fachschule für Gartenbau und Floristik, die Justus-von-Liebig-Schule. 1987 eröffnete die Mahn- und Gedenkstätte Ahlem als zentraler Gedenkort für die Region Hannover. 1993 wurde ein Denkmal am Standort der ehemaligen Laubhütte errichtet: In einem Halbkreis stehen zwölf Granitstelen, sie symbolisieren die zwölf Stämme Israels sowie die zerstörten zwölf Synagogengemeinden des Raums Hannover.

Angebote

Dauerausstellung, pädagogische Angebote wie Workshops und Führungen auf Anfrage

Öffnungszeiten

dienstags und mittwochs 10.00 bis 17.00
donnerstags 10.00 bis 19.00
freitags 10.00 bis 14.00
sonntags 11.00 bis 17.00
montags, samstags und an Feiertagen geschlossen

Mo. geschlossen
Di/Mi 10 – 17 Uhr
Do 10 – 19 Uhr
Fr 10 – 14 Uhr
So 11 – 17 Uhr

Kontakt

http://www.gedenkstaette-ahlem.de/

gedenkstaette@region-hannover.de

+49 (0)511 616 237 45

Heisterbergallee 8
30453 Hannover