Kathedrale von Coventry New Saint Michael's Cathedral

Coventry Cathedral


Am Abend des 14. November 1940 bombardierten Flugzeuge der deutschen Luftwaffe das englische Coventry. Bei diesem Angriff kamen über 500 Menschen ums Leben. Zahlreiche Wohngebäude und Industrieanlagen wie auch die Kathedrale wurden zerstört.

Geschichte

Coventry ist eine englische Industriestadt in den zentral gelegenen West Midlands in der Nähe von Birmingham. Zu Beginn des Krieges hatte Coventry etwa 320.000 Einwohner. Nach dem Sieg über Frankreich begann die Wehrmacht im Sommer 1940 die »Luftschlacht um England« (englisch: »Battle of Britain«). Durch Angriffe gegen die britischen Streitkräfte und englische Städte sollte die Kapitulation des Vereinigten Königreichs erzwungen bzw. eine geplante Invasion der Insel vorbereitet werden. Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es kleinere Angriffe, auch in Coventry gab es Todesopfer. Am Abend des 14. November war Coventry jedoch Ziel der »Operation Mondscheinsonate«, bei der in mehreren Angriffswellen insgesamt 515 Flugzeuge Bomben über der Stadt abwarfen; der sogenannte Coventry Blitz. Ziel waren vor allem Fabriken und die industrielle Infrastruktur, die Zerstörung von Wohngebieten und Kulturgütern nahm die deutsche Luftwaffe billigend in Kauf. Bis kurz nach sechs Uhr früh am 15. November kamen mindestens 568 Menschen ums Leben. Etwa 1.000 Menschen wurden verletzt, um die 4.000 Wohnungen in der Nähe bombardierter Industrieanlagen zerstört, 60.000 weitere Gebäude schwer getroffen – darunter zwei Krankenhäuser und die Kathedrale von Coventry (St Michael’s Cathedral). Die deutsche Propaganda prägte anschließend das Wort »coventrieren« für diese Art von Luftangriffen. In den Nächten vom 8. auf den 9. sowie vom 9. auf den 10. April 1941 war Coventry erneut Ziel größerer Bombardements. Etwa 475 Menschen wurden getötet und 700 verletzt. Bei dem Angriff wurden wieder öffentliche Gebäude wie die zentrale Polizeistation und ein Krankenhaus getroffen. Den letzten Angriff auf Coventry flog die Luftwaffe am 3. August 1942.

Opfergruppen

Bei Angriffen der deutschen Luftwaffe zwischen Sommer 1940 und August 1942 kamen in der englischen Industriestadt Coventry über 1.200 Menschen ums Leben, Tausende Wohnungen und öffentliche Gebäude wurden zerstört. Als Symbol dieses Bombenterrors gilt die Ruine der Kathedrale.

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Das heutige Selbstverständnis der britischen Nation fußt maßgeblich auf der Geschichte des Landes im Zweiten Weltkrieg. Großbritannien war der einzige europäische Gegner des Deutschen Reiches, der – mit Ausnahme der Kanalinseln – nicht durch die Wehrmacht besetzt wurde. Das Vereinigte Königreich prägte als Siegermacht die europäische Nachkriegsordnung entscheidend mit. Im Mittelpunkt der Erinnerung an den Krieg steht bis heute die Besinnung auf die militärische und moralische Selbstbehauptung. Als Symbolfigur gilt dabei der konservative Premierminister Winston Churchill (1874–1965), der 1940 sein Amt antrat. Ihm gelang es, durch seine Reden einen optimistischen Geist zu verbreiten, während die Zivilbevölkerung durch die deutschen Bombenangriffe große Verluste zu beklagen hatte. Die Stadt Coventry steht sinnbildlich für die Zerstörungen, aber auch für die Initiativen einer Aussöhnung mit den Deutschen. Ein Leitmotiv im Umgang mit dem Zweiten Weltkrieg in Großbritannien war der gemeinsame Einsatz verschiedener Bevölkerungsgruppen an der »Heimatfront«, in dessen Rahmen der Adel seine Herrenhäuser für Großstadtkinder zur Verfügung stellte und die königliche Familie Ausgebombte besuchte. An einen Gemeinschaftsgeist appellierte auch die »Labour Party« in ihrem Wahlkampf nach Kriegsende 1945, durch den es ihr gelang, Churchill abzulösen. Labour legte mit neuen Bildungs- und Sozialversicherungsgesetzen die Grundlage für eine Phase des sozialen Friedens nach den Grundsätzen der Chancengleichheit und Gleichberechtigung. Diesem Geist entsprach auch eine wohl in Europa einzigartige Erinnerungskultur der frühen Nachkriegsjahre. Bereits 1944 hatte eine Umfrage ergeben, dass Denkmalprojekte für die Opfer des Zweiten Weltkrieges den Überlebenden »Nutzen bringen oder Freude bereiten« sollten. Daher wurde in Wales ein Schwimmbad offizielles Gedenkzeichen, in Eastbourne sechs Häuser für Kriegsversehrte und deren Familien. Inzwischen haben sich die Formen der Erinnerung in Großbritannien verändert. Nach der dramatischen Wirtschaftskrise der 1970er Jahre leitete die konservative Premierministerin Margaret Thatcher (1925–2013) einen radikalen Politikwandel ein und veränderte auch die Stellung der Briten zu ihrer Vergangenheit. »Effizienz« wurde zum Leitbegriff. Unternehmerisches Denken sollte auch im Kulturbereich Einzug halten, Geschichte zum Konsumprodukt werden. Tatsächlich nahm sich die entstehende »Geschichtsindustrie« auch des Zweiten Weltkriegs an, wovon das Angebot zahlreicher Museumsläden zeugt. In den folgenden Jahren hat die Erinnerung an den Krieg durch die Feiern zum Jahrestag der Landung der Westalliierten in der Normandie 1944 und des Sieges 1945, aber auch durch zahlreiche Spielfilme und Fernsehserien, weiter zugenommen. In diesem Zusammenhang ist die Erinnerung an den Holocaust gestärkt worden, der bis in die späten 1960er Jahre fast völlig ausgeblendet wurde, obwohl sich viele Flüchtlinge der Verfolgung im Land niedergelassen hatten. Im Jahr 2000 eröffnete Königin Elisabeth II (1926–2022) im »Imperial War Museum«, dem zentralen Kriegs- und Militärmuseum des Landes in London, eine Dauerausstellung über den Mord an den europäischen Juden, die einen fundierten Überblick über das Verbrechen bietet. Auf Initiative der Regierung Cameron sollte im Londoner Regierungsviertel bis Mitte der 2020er Jahre ein neues nationales Holocaustdenkmal entstehen.

Erinnerung

Bereits am 16. November 1940, einen Tag nach dem »Coventry Blitz«, machte sich König George VI. ein Bild vom Ausmaß der Zerstörung. Vier Tage darauf fand das erste Massenbegräbnis statt. Am 28. September 1941 besuchte Premierminister Winston Churchill Coventry und die Ruine der Kathedrale. Die erhaltenen äußeren Wände und der Kirchturm dienen seit Kriegsende als Zeichen der Mahnung. Die neue St Michael’s Cathedral wurde neben den Überresten der alten erbaut, entworfen von Basil Spence und dem Ingenieurbüro Arup. Ihren Grundstein legte am 23. März 1956 Queen Elizabeth II., ihre Einweihung erfolgte am 25. Mai 1962. Zu diesem Anlass wurde am 30. Mai Benjamin Brittens »War Requiem« uraufgeführt. Es gibt eine Dauerausstellung »Blitz Experience«, die über das Leben in Coventry vor und nach den Luftangriffen erzählt.
Bei den Aufräumungsarbeiten nach dem Luftangriff im September 1940 ließ Richard Howard, der damalige Propst von Coventry, aus zwei der verbrannten Dachbalken der Ruine ein einfaches Holzkreuz anfertigen. Dieses Holzkreuz ist in der neuen Kathedrale zu sehen; ein Duplikat ist im Altarraum der Ruine der alten Kathedrale angebracht. Das »Nagelkreuz von Coventry« gilt als Symbol der ökumenischen Nagelkreuzbewegung, der heute weltweit über 160 Orte mit Gebetsgemeinschaften angehören. Als Zeichen der Versöhnung erhält jeder Ort ein Nagelkreuz. In Deutschland sind es unter anderem die Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, die Dresdener Frauenkirche, die Potsdamer Garnisonkirche und die St. Nikolaikirche in Hamburg.

Angebote

Ruinen der Kathedrale, Dauerausstellung, Gruppenführungen, Stadtspaziergang, pädagogische Angebote, Kulturveranstaltungen

Öffnungszeiten

montags bis sonnabends: 10 bis 16 Uhr
sonntags: 12 bis 15.30 Uhr

Kontakt

https://www.coventrycathedral.org.uk

information@coventrycathedral.org.uk

+44(0)24 765 212 00

Coventry Cathedral
1 Hill Top
Coventry
CV1 5AB
United Kingdom