Das Jüdische Museum Oslo zeigt im Gebäude einer ehemaligen Synagoge die Geschichte der Juden in Norwegen.
Geschichte
Norwegen wurde 1814 von Dänemark unabhängig. In der Verfassung des evangelisch-lutherisch geprägten Staates wurde die Ansiedlung von Juden ausdrücklich verboten. Dieser Paragraf wurde erst 1851 gestrichen, vor allem aufgrund der Bemühungen des Dichters Henrik Wergeland (1808-1845). Die Anzahl der Juden in Norwegen blieb gering, erst zwischen 1880 und 1920 wuchs sie von etwa 50 auf über 1.300 an. Jüdische Vereine und Gotteshäuser entstanden in dieser Zeit, unter anderem die Synagoge in der Straße »Calmeyers gate«, in deren Gebäude sich das heutige Museum befindet.
Als im April 1940 die deutsche Wehrmacht Norwegen besetzte, lebten über 1.300 norwegische Juden und bis zu 600 jüdische Flüchtlinge aus anderen europäischen Ländern im Land. Ab Juni 1941 betrieben die deutsche Besatzungsmacht unter Reichskommissar Josef Terboven (1898–1945) und norwegische Nationalisten die Ausgrenzung der Juden immer radikaler. Nachdem ihr Vermögen zum großen Teil beschlagnahmt wurde, wurden im Oktober 1942 schließlich alle Juden in Norwegen verhaftet.
Insgesamt etwa 765 Juden aus Norwegen wurden bis 1945 ermordet, mehr als 40 Prozent der jüdischen Bevölkerung des Landes.
Die Synagoge in der »Calmeyers gate« wurde 1942 von der Quisling-Regierung geschlossen. Von den 28 Juden, die im Wohnhaus gegenüber der Synagoge wohnten, wurden 19 deportiert und ermordet.
Opfergruppen
Etwa 765 Juden aus Norwegen wurden im Holocaust ermordet.
Erfahre mehr über
Norwegen
Im April 1940 besetzte die deutsche Wehrmacht nach mehrwöchigen Gefechten das Königreich Norwegen. Hier lebten zu diesem Zeitpunkt über 1.300 norwegische Juden und etwa 600 jüdische Flüchtlinge, vor allem in Oslo und Trondheim. Die Mehrheit der norwegischen Bevölkerung stand den Deutschen ablehnend gegenüber. Bis zum deutschen Einmarsch besaß auch die seit 1933 existierende norwegische Partei »Nasjonal Samling« (Nationale Einheit) unter Vidkun Quisling (1887–1945) mit ihrem judenfeindlichen Kurs keinen Rückhalt in der Bevölkerung. Ab Juni 1941 betrieben deutsche Besatzer und Quislings Nationalisten die Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung und die Verfolgung von Regimegegnern immer radikaler. Im Februar 1942 wurde eine Kollaborationsregierung mit Quisling als Ministerpräsident eingesetzt, die unter Kontrolle des deutschen Reichskommissars Josef Terboven (1898–1945) stand und die den Terror – insbesondere gegen Juden – weiter verschärfte. Im Oktober 1942 wurden alle Juden in Norwegen verhaftet. Ende November 1942 und Ende Februar 1943 deportierte die SS 690 von ihnen – Kinder, Frauen und Männer – auf Schiffen nach Stettin in Pommern (heute: Polen) und von dort direkt oder über Berlin in das Vernichtungslager Auschwitz. Insgesamt wurden mindestens 765 Juden aus Norwegen Opfer des Massenmords – mehr als vierzig Prozent der jüdischen Bevölkerung des Landes.
In Norwegen entstanden mehrere Widerstandsgruppen, die zivilen Ungehorsam leisteten und Sabotageakte durchführten. Verhaftete Untergrundkämpfer kamen in die Konzentrationslager Natzweiler-Struthof, Neuengamme und Sachsenhausen. Beim Rückzug der Wehrmacht im Frühjahr 1945 wurden viele Orte und Industrieanlagen in Nordnorwegen vollständig niedergebrannt, Quisling am 8. Mai 1945 verhaftet und am 24. Oktober 1945 in der Festung Akershus in Oslo hingerichtet. Der Name Quisling ist in mehrere Sprachen als der Inbegriff von Kollaboration und Verrat eingegangen. Bis 1945 hatten sich etwa 45.000 Norweger seiner Partei angeschlossen. Im Akershus befindet sich seit 1970 das zentrale norwegische Widerstandsmuseum und ein Denkmal für die norwegischen Patrioten, die an dieser Stelle während des Zweiten Weltkrieges erschossen wurden. Seit den 1990er Jahren entstanden mehrere Holocaustdenkmäler in Trondheim und Oslo. In Quislings früherem Osloer Dienstsitz (»Villa Grande«) ist seit 2005 das Zentrum zur Erforschung des Holocaust und der religiösen Minderheiten untergebracht. Zum Symbol des norwegischen Widerstands und der Nachkriegsdemokratie wurde die Königsfamilie unter Haakon VII. (1872–1957). König und Kronprinz hatten sich gemeinsam der Kapitulation verweigert und waren ins britische Exil gegangen. In der Nähe einer Birke, an der sie im April 1940 Zuflucht gesucht hatten, wurde 1997 ein »Friedenshain« angelegt, der einen »dauerhaften Kampf für Freiheit, Frieden und Menschenwürde in der gegenwärtigen und zukünftigen Wirklichkeit« anmahnen soll. Diese Orientierung auf Gegenwart und Zukunft sowie eine entsprechende Friedens- und Menschenrechtserziehung ist vielen norwegischen Gedenkeinrichtungen eigen. Seit den 1980er Jahren hat auch die kritische Auseinandersetzung mit der Kollaboration und dem Alltag unter deutscher Besatzung ihren Platz in der Erinnerungskultur gefunden.
Erinnerung
Nach dem Krieg wurde das Synagogengebäude in der »Calmeyers gate« nicht mehr als Gotteshaus, sondern unter anderem als Fabrik und als kurdisches Kulturzentrum genutzt. 2000 begann eine Arbeitsgruppe – in Zusammenarbeit mit dem Stadtmuseum Oslo – mit dem Aufbau eines Jüdischen Museums. 2005 bezog das Museum ein Stockwerk im Gebäude der ehemaligen Synagoge.
Im September 2008 eröffnete eine Ausstellung mit dem Titel »Friheten vinnes ikke bare én gang...« (zu deutsch etwa: »Freiheit muss stets neu gewonnen werden…«). Sie beschreibt den Beitrag norwegischer Juden zu Kunst und Kultur des Landes sowie den Widerstand von Juden gegen das Besatzungsregime während des Zweiten Weltkrieges.
Eine Daueraustellung soll im Jahr 2010 eröffnet werden.
Angebote
Ausstellung, Vortragsreihen, Publikationen
Öffnungszeiten
dienstags 10.00 bis 15.00, donnerstags 14.00 bis 19.00 und sonntags 11.00 bis 16.00
Vom 15. Juni bis 15. August zusätzlich auch mittwochs 10.00 bis 19.00 und freitags 10.00 bis 15.00