Jüdisches Museum der Stadt Wien

Jüdisches Museum der Stadt Wien


Die Gründung des Jüdischen Museums Wien 1895 ging auf eine private Initiative zurück. Unmittelbar nach dem »Anschluss« Österreichs an das Deutsche Reich 1938 musste das Museum schließen. Auf Initiative des damaligen Bürgermeisters der Stadt Wien Helmut Zilk wurde das Jüdische Museum Wien 1988 neu gegründet. 1993 bezog das Museum die Räumlichkeiten im »Palais Eskeles« in der Wiener Altstadt. Seit 1996 zeigt das Museum eine Dauerausstellung zur Geschichte der Wiener Juden vom Mittelalter bis zur Gegenwart.

Geschichte

Juden lebten seit dem Mittelalter in Wien. Anfang des 20. Jahrhunderts galt die Stadt als eines der wichtigsten Zentren jüdischer Kultur weltweit. In der Endphase Österreich-Ungarns strömten viele tausend Juden aus den östlichen Provinzen der Monarchie in die Stadt. Diese Einwanderungswelle führte zu Spannungen zwischen den zum großen Teil assimilierten Wiener Juden und den verarmten, orthodox geprägten Neuankömmlingen. Auch der Antisemitismus nahm sehr stark zu. Schon Jahre vor dem »Anschluss« gab es gewalttätige Übergriffe auf Juden.
Das Jüdische Museum in Wien war eines der weltweit ersten jüdischen Museen und entstand 1895 auf eine private Initiative hin. Die Trägerschaft übernahm die »Gesellschaft für Sammlung und Konservierung von Kunst- und historischen Denkmälern des Judentums«. Seit 1913 hatte das Museum in der Malzgasse der Leopoldstadt seinen Standort.
1938 zählte das Museum über 6.400 Objekte in seiner Sammlung. Unmittelbar nach dem »Anschluss« Österreichs an das Deutsche Reich 1938 veranlassten SS-Verwaltung und Polizei die Schließung des Museums. Die Bestände enteignete die Gestapo. 1939 wurden die Objekte des Jüdischen Museums in die Sammlung des Wiener Völkerkundemuseums überführt. Außerdem nutzten Mitarbeiter der anthropologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums Wien Teile der Bestände für die antisemitische Propagandaausstellung »Das körperliche und seelische Erscheinungsbild der Juden«.

Opfergruppen

Das Jüdische Museum widmet sich der wechselhaften Geschichte des jüdischen Wiens vom Mittelalter bis in die Gegenwart: von der ersten mittelalterlichen Gemeinde bis zur Vertreibung, von der Integration in die bürgerliche Gesellschaft bis zur Ermordung von über 65.000 österreichischen Juden während des Nationalsozialismus.

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Am 12. März 1938 rückte die deutsche Wehrmacht unter dem Jubel zahlreicher Einwohner in die Republik Österreich ein. Am folgenden Tag wurde der »Anschluss« des Landes an das Deutsche Reich proklamiert, das fortan »Ostmark« hieß. Einheimische Nationalsozialisten begannen umgehend mit der Verfolgung der jüdischen Minderheit und von Regimegegnern. Ab Mai 1938 besaßen die deutschen antijüdischen Gesetze auch im eingegliederten Österreich Gültigkeit. Bis Ende 1939 gelang über 126.000 Juden, meist aus Wien, die Flucht. Bereits im Herbst 1939 begannen erste Deportationen österreichischer Juden in das besetzte Polen. Bis 1945 verschleppte die SS fast 48.600 Juden aus Österreich und 16.600 weitere, die in anderen Ländern Zuflucht gefunden hatten, in den besetzten Osten, wo sie fast ausnahmslos ermordet wurden. Über 40.000 nichtjüdische Zivilisten fanden den Tod, darunter über 8.000 aus dem Burgenland verschleppte Sinti und Roma. 1945 teilten die Alliierten das Land in vier Besatzungszonen auf. Die sowjetische Besatzungsmacht errichtete ein »Befreiungsdenkmal« in Wien. Die Vertreter der provisorischen Allparteienregierung Österreichs aus Sozialisten, Kommunisten und Volkspartei nutzten dessen Übergabe am 19. August 1945, um Österreich als »das erste freie Land, das der Hitlerischen Aggression zum Opfer gefallen ist«, zu bezeichnen. Diese Haltung fand für Jahrzehnte breiten Widerhall in Politik und Bevölkerung. In den 1960er Jahren begannen allerdings heftige Auseinandersetzungen über die Beteiligung von Österreichern am Nationalsozialismus. Sie fanden bei einer Demonstration im März 1965 ihren Tiefpunkt, als ein rechtsextremer Student dem ehemaligen KZ-Häftling Ernst Kirchweger (*1898) tödliche Verletzungen zufügte. Kirchweger war das erste politische Todesopfer in Österreich nach 1945. In der Folgezeit wurden in der österreichischen Öffentlichkeit vermehrt Stimmen laut, die vor einer Verharmlosung der Jahre 1938 bis 1945 warnten. Mehrfach erschütterten Skandale um politisch Verantwortliche und deren Vergangenheit das Land, so während der »Waldheim-Debatte« zwischen 1986 und 1992. Der Vorwurf, der österreichische Bundespräsident und ehemalige UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim (1918–2007) sei an Kriegsverbrechen auf dem Balkan beteiligt gewesen, spaltete das Land. Waldheim konterte, er habe »wie hunderttausend andere Österreicher« lediglich seine Pflicht getan. Erst Anfang der 1990er gestand der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky (*1937) eine österreichische Mitschuld am Holocaust ein. Bereits 1963 nahm das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands seine Arbeit auf, das die Geschichte des Holocaust und den Rechtsextremismus in Österreich untersucht sowie eine kleine Ausstellung zeigt. Die 1970 in der KZ-Gedenkstätte Mauthausen eröffnete Dauerausstellung blieb für lange Zeit fast die einzige zur Geschichte des Nationalsozialismus in Österreich. 1983 beschloss der Wiener Gemeinderat, ein »Mahnmal gegen Krieg und Faschismus« zu errichten. Das durch den Bildhauer Alfred Hrdlicka (*1928) entworfene Erinnerungszeichen wurde 1991 eingeweiht, das »Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Shoa« folgte 2000. Zeichen des staatlichen Umdenkens in Österreich sind Gesetze zur Entschädigung geraubten Eigentums, Entschädigungszahlungen an ehemalige Zwangsarbeiter sowie eine Historikerkommission, die zwischen 1998 und 2003 den Vermögensentzug während des Nationalsozialismus untersuchte. 2009 wurden ehemalige Deserteure der Wehrmacht juristisch rehabilitiert, 2014 ein Denkmal für sie eingeweiht.

Erinnerung

Zu Beginn der 1950er Jahre erhielt die Israelitische Kultusgemeinde Wien einen Teil der im Jahr 1938 enteigneten Bestände zurück. Mehr als die Hälfte aller Objekte aus der Zeit vor 1938 war jedoch verloren gegangen.
1988 gründeten die Republik Österreich, die Stadt Wien, die Israelitische Kultusgemeinde Wien, die Wiener Philharmoniker und Privatpersonen das Jüdische Museum neu. Die erhaltenen Bestände des ersten Jüdischen Museums und eine umfangreiche Judaica-Sammlung von Max Berger bildeten den Grundstock der Ausstellung.
1993 bezog das Jüdische Museum seine heutigen Räumlichkeiten im »Palais Eskeles« in der Wiener Altstadt. Seit der umfassenden Modernisierung des Gebäudes 1995/96 zeigt das Museum eine Dauerausstellung zur österreichisch-jüdischen Geschichte Wiens vom Mittelalter bis in die Gegenwart.
Im Oktober 2000 eröffnete das »Museum Judenplatz« als Zweigstelle des Jüdischen Museums.

Angebote

Dauerausstellung zur österreichisch-jüdischen Geschichte, wechselnde Sonderausstellungen, Judaica-Sammlung von Max Berger und historische Sammlungsbestände, Workshops und Führungen

Öffnungszeiten

Sonntag bis Freitag von 10.00 bis 18.00

Kontakt

http://www.jmw.at

info@jmw.at

+43 (1) 535 043 1

Dorotheergasse 11
1010 Wien