Seit 1987 erinnert das Homomonument in Amsterdam an die Opfer der Verfolgung von Homosexuellen weltweit. Das Denkmal erinnert insbesondere an die Opfer der Verfolgung von Homosexuellen in der Zeit des Nationalsozialismus.
Geschichte
Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten wurden Homosexuelle in Deutschland Kriminellen gleichgesetzt und verfolgt. Nach Kriegsausbruch ergriffen die deutschen Behörden auch in besetzten Ländern Maßnahmen gegen Homosexuelle. Am 31. Juli 1940 erließ der Reichskommissar für die besetzten Niederlande, Arthur Seyß-Inquart, eine »Verordnung zur Bekämpfung der widernatürlichen Unzucht«. Die Verfolgung von Schwulen übernahm die niederländische Polizei. Sie nahm diese Aufgabe jedoch nicht systematisch wahr, worüber sich der Generalkommissar für Verwaltung und Justiz und Höherer SS- und Polizeiführer, Hanns Albin Rauter, mehrmals beklagte.
Die Verfolgung von Schwulen in den besetzten Niederlanden war nie so stark wie im Deutschen Reich, dennoch wurden einige hundert Personen wegen ihrer tatsächlichen oder vermeintlichen Homosexualität verhaftet.
Opfergruppen
Es ist nicht möglich, die Anzahl der Opfer der nationalsozialistischen Homosexuellenverfolgung in den Niederlanden genau zu beziffern. Den verfügbaren Daten zufolge wurden 302 Personen wegen »Unzucht zwischen Männern« oder »Unzucht mit Minderjährigen des gleichen Geschlechts« angeklagt. Von ihnen wurden 178 schuldig gesprochen und 131 zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Einige wurden in psychiatrische Anstalten eingewiesen. Es sind aber auch Fälle bekannt, bei denen Homosexuelle ohne Prozess ins Konzentrationslager geschickt wurden. Wie viele Homosexuelle während der Haft umkamen, ist nicht klar.
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Niederlande
Als die deutsche Wehrmacht das Königreich der Niederlande im Mai 1940 besetzte, lebten hier knapp 120.000 Juden – davon 75.000 in Amsterdam. Eine von der SS dominierte Zivilverwaltung begann umgehend mit der Durchsetzung antijüdischer Maßnahmen und organisierte Gewaltakte. Bereits Ende März 1941 richtete die SS eine »Zentralstelle für jüdische Auswanderung« in Amsterdam ein. Im Jahr darauf, am 22. Juni 1942, unterrichtete der Leiter des Judenreferats im SS-Reichssicherheitshauptamt, Adolf Eichmann (1906–1962), das Auswärtige Amt in Berlin darüber, dass man sich mit der Deutschen Reichsbahn über den Transport unter anderem von 40.000 Juden aus den Niederlanden geeinigt habe. Sie kamen zunächst in das Durchgangslager Westerbork, wo namentliche Transportlisten erstellt wurden. Ab Mitte Juli 1942 rollten von hier aus die ersten Züge nach Osten. Immer wieder kam es zu Razzien, um Juden für die Verschleppungen zusammenzutreiben. Bis September 1944 gingen um die hundert Transporte von Westerbork in die Vernichtungslager Auschwitz und Sobibor, in das Ghetto Theresienstadt und in das Konzentrationslager Bergen-Belsen ab. Die SS deportierte über 100.000 Menschen – mehrheitlich Juden, aber auch Roma. Ebenso wurden Juden mit einer Staatsangehörigkeit der Niederlande aus Frankreich und Belgien in den Tod verschleppt. Die Gesamtzahl der zwischen Mai 1940 und Ende 1944 ermordeten niederländischen Juden liegt bei bis zu 102.000 Personen, etwa 75 Prozent der jüdischen Bevölkerung vor dem Holocaust. Darüber hinaus kamen über 110.000 nichtjüdische Zivilisten während Besatzung und Krieg ums Leben.
Die Zahl an Denkmälern, Museen, Gedenkstätten, Gedenktafeln, kleineren Erinnerungsstätten, aber auch Forschungseinrichtungen und Archiven zum Zweiten Weltkrieg ist in den Niederlanden fast unüberschaubar. Bereits 1947 wurde das 22 Meter hohe »Nationaldenkmal op den Dam« in Amsterdam errichtet, das allen niederländischen »Opfern des Zweiten Weltkrieges« gewidmet ist und 1956 seine heutige Gestaltung erhielt. Seit 1960 gibt es das Anne-Frank-Haus. Zentrale staatliche Erinnerungsorte sind die Stätten ehemaliger nationalsozialistischer Konzentrations- oder Durchgangslager. In Westerbork beispielsweise besteht seit 1983 eine Anlage, zu der das historische Lagergelände, ein nationales Denkmal und ein modernes Museum gehören. 1987 wurde in der Großen Synagoge von Amsterdam das »Joods Historisch Museum« (Jüdisch-Historisches Museum) eröffnet, in dem auch die Verfolgung und Ermordung der Juden behandelt wird. 2021 wurde in Amsterdam ein neues Holocaustdenkmal eingeweiht, in das die Namen von 102.000 ermordeten Juden sowie Sinti und Roma eingraviert sind.
Nach Kriegsende war die niederländische Erinnerungskultur vor allem durch die Betonung des Widerstands gegen die deutsche Besatzung gekennzeichnet. Insbesondere ab den 1980er Jahren spielte dann auch die Frage, wie sich die Bevölkerungsmehrheit – im Gegensatz zur bewussten Kollaboration – im Besatzungsalltag einrichtete (»Akkomodation«), eine immer größere Rolle in der niederländischen Erinnerungskultur. Ein weiterer Aspekt des niederländischen Gedenkens ist der hervorgehobene Bezug auf die Gegenwart. Er wird in Mahnmalen für verfolgte Sinti und Roma sowie insbesondere bei einem der weltweit bedeutendsten Denkmäler zur Erinnerung an die Verfolgung Homosexueller während des Nationalsozialismus in Amsterdam deutlich.
Erinnerung
Bereits kurz nach dem Krieg gab es Versuche, in Form eines Denkmals der Opfer der Homosexuellenverfolgung während der deutschen Besatzung zu gedenken. Sie blieben jedoch erfolglos - noch in den 1970er Jahren wurden Blumen, die im öffentlichen Raum in Erinnerung an homosexuelle Opfer niederlegt wurden, von der Polizei entfernt. Auch einige diskriminierende Gesetze blieben noch jahrzehntelang in Kraft.
Als Ergebnis der immer stärker werdenden Schwulenbewegung wurde 1979 die »Stiftung Homomonument« gegründet, um die Errichtung eines Denkmals voranzutreiben. Es konnte schließlich 1987 in der Altstadt von Amsterdam eingeweiht werden. Das von der niederländischen Künstlerin Karin Daan entworfene Denkmal besteht aus drei Dreiecken, die an das von homosexuellen KZ-Häftlingen getragene rosa Dreieck erinnern und zusammen ein großes Dreieck bilden. Das Denkmal ist allen Schwulen und Lesben gewidmet, die jemals wegen ihrer sexuellen Orientierung Opfer von Diskriminierung und Gewalt wurden. Die drei Elemente stehen jeweils für die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.
Angebote
Jedes Jahr am 5. Mai, dem Tag der Befreiung, findet am Denkmal eine Zeremonie statt.