In Pressburg (slowakisch: Bratislava) erinnert seit 1996 am ehemaligen Standort der neologen Synagoge ein Holocaustdenkmal an die ermordeten Juden der Stadt, sowie an die insgesamt etwa 105.000 Juden aus der Slowakei, die während des Holocaust ums Leben gekommen sind.
Geschichte
Bis zum Ersten Weltkrieg gehörte Pressburg (seit 1919 slowakisch: Bratislava, ungarisch: Pozsony) zum ungarischen Landesteil innerhalb von Österreich-Ungarn. Juden lebten bereits seit dem Mittelalter in der Stadt. Im 19. Jahrhundert wuchs die Gemeinde stark an. Wie auch anderswo in Ungarn gründete eine reformorientierte Strömung des Judentums 1872 die neologe Gemeinde. Die neologe Synagoge am Fischplatz (slowakisch: Rybné námestie) im Stadtzentrum wurde 1895 fertiggestellt. Im 19. und 20. Jahrhundert stieg Pressburg zu einem bedeutenden Zentrum jüdischer Kultur auf, um die Jahrhundertwende lebten hier über 7.000 Juden. Nach dem Ersten Weltkrieg kam das hauptsächlich von Ungarn und Deutschen bewohnte Pressburg zum neu entstandenen Staat Tschechoslowakei.
Im Zuge der stückweisen Zerschlagung der Tschechoslowakei durch die Achsenmächte wurde Pressburg 1939 Hauptstadt der unabhängigen Slowakei, einem Vasallenstaaten des Deutschen Reichs. 1940 lebten in Pressburg etwa 18.000 Juden. Die slowakische Regierung verfolgte Juden ab 1938: Synagogen wurden geschlossen oder beschädigt, jüdische Geschäfte enteignet. 1941 wurden über 6.000 Pressburger Juden in Provinzstädte abgeschoben. Zwischen März und Juli 1942 deportierten slowakische Behörden über 3.100 Pressburger Juden in das besetzte Polen. Die slowakische Regierung zahlte 500 Reichsmark für jeden einzelnen deportierten Juden an das Reichssicherheitshauptamt in Berlin, das die Transporte mit der Bahn koordinierte. Die meisten Pressburger Juden wurden nach ihrer Ankunft in den Vernichtungslagern sofort ermordet. Nach dem slowakischen Nationalaufstand 1944 besetzte die Wehrmacht die Slowakei. Die letzten etwa 2.000 Juden aus Pressburg deportierte die SS im Herbst 1944 nach Auschwitz-Birkenau.
Opfergruppen
Insgesamt kamen etwa 13.000 Pressburger Juden im Holocaust ums Leben.
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Slowakei
Nach dem Ende der Habsburger Monarchie 1918 schlossen sich Slowaken und die tschechischen Länder Böhmen, Mähren sowie Tschechisch-Schlesien zur Tschechoslowakei zusammen. Bis zum Frühjahr 1939 wurde diese Republik in mehreren Schritten durch das benachbarte nationalsozialistische Deutschland zerschlagen. Im Herbst 1938 erhielt die Slowakei einen Autonomiestatus mit einer eigenen Regierung, fast zugleich verlor sie Grenzgebiete an Ungarn. Im März 1939 erklärte sie ihre Unabhängigkeit und wurde zu einem Satellitenstaat des Deutschen Reiches unter Führung der nationalistischen Hlinka-Partei und dem Präsidenten Jozef Tiso (1887–1947), einem katholischen Priester. Ihr militärischer Arm nahm polizeiliche Aufgaben wahr und ging gegen Juden, Tschechen, die politische Linke und andere Gegner vor. Das Regime schuf ein Zwangsarbeitssystem, das auch viele Roma erfasste. Als erste verbündete Regierung stimmte Preßburg (Bratislava) im Herbst 1941 dem deutschen Plan zur Deportation von Juden nach Osteuropa zu. Allein 1942 wurden 60.000 aus der Slowakei in deutsche Vernichtungslager verschleppt. Insgesamt fanden etwa 75.000 slowakische Juden während des Holocaust den Tod. Der bevorstehende Einmarsch der Roten Armee führte im Spätsommer 1944 zum Nationalaufstand gegen das Regime der Hlinka-Partei. Die Erhebung schlugen deutsche Armee- und SS-Einheiten nieder; sie forderte etwa 20.000 Tote.
Nach dem Krieg wurde die Slowakei erneut Teil der ab 1948 kommunistischen Tschechoslowakei. Die Erinnerung an den Nationalaufstand stand im Zentrum des kollektiven Gedächtnisses. Er wurde als Widerstand dargestellt, der die sozialistische Gesellschaft ermöglicht hatte. In Neusohl (Banská Bystrica), dem Zentrum des Nationalaufstands, entstand ab 1947 ein Erinnerungsort, der mehrfach erweitert wurde. Die Verantwortung für die Kollaboration mit Deutschland wurde ausschließlich den Anhängern der Hlinka-Partei zugeschrieben. 1993 trennten sich der tschechische und der slowakische Teil des Landes. Eine eigene staatliche Tradition jenseits der Existenz in den Jahren 1939 bis 1945 hatte die Slowakei nicht. Die heutige Gedenkkultur spiegelt dies wider: Neben den Sozialisten berufen sich nun auch die bürgerlichen Kräfte auf den Slowakischen Nationalaufstand. Sie verknüpfen mit ihm die – nach 1948 bitter enttäuschte – Hoffnung auf eine demokratische und an westlichen Werten orientierte Ordnung. Die nationalslowakischen Kräfte setzen sich von beiden Richtungen ab: Sie identifizieren sich mit der staatlichen Unabhängigkeit 1939–1945, verstehen den Aufstand, der die Besetzung des Landes zur Folge hatte, als Verrat und verehren Tiso. In diesem Lager gibt es kaum Bereitschaft, der deportierten Juden zu gedenken. Zuweilen sieht man die slowakische Kollaboration als Ergebnis deutschen Zwangs, dem man nachgeben musste, wollte man den slowakischen Staat nicht gefährden.
Gegen diese Tendenzen arbeiten liberal eingestellte Wissenschaftler an. Sie verweisen auf die slowakische Beteiligung an den Verschleppungen und auf die Verfolgung der Roma. Seit den 1990er Jahren wurden an einzelnen Orten kleinere Gedenktafeln für die verfolgten und ermordeten Juden angebracht. Teilweise handelt es sich allerdings um Orte in den ab 1938 ungarisch besetzten Gebieten, aus denen nach dem Einmarsch der Wehrmacht im März 1944 deutsche SS-Einheiten Juden deportiert hatten. Der wichtigste Ort der Erinnerung an die aus der Slowakei deportierten Juden ist das Holocaustmuseum auf dem Gelände des ehemaligen Zwangsarbeitslagers Sered, das 2016 eröffnet wurde.
Erinnerung
Nach dem Zweiten Weltkrieg lebten etwa 7.000 Juden in Pressburg, die meisten Überlebende der Vorkriegsgemeinde. Etwa 4.000 von ihnen verließen 1948/49 die inzwischen stalinistisch geprägte Tschechoslowakei, viele wanderten nach Israel aus. Jüdisches Leben wurde durch das kommunistische Regime stark eingeschränkt, nach und nach verließen immer mehr Juden die Stadt. 1967 beschlossen die Machthaber, die neologe Synagoge, die den Krieg unbeschadet überstanden hatte, wie viele andere Gebäude des Stadtteils abzureißen, um Platz für den Bau einer Autobahnbrücke zu schaffen. Erst 1996 wurde am ehemaligen Standort dieser Synagoge ein Denkmal für die ermordeten Juden der Slowakei errichtet. Es besteht aus einer schwarzen Wand, auf der die Umrisse der Synagoge zu sehen sind. In unmittelbarer Nähe befindet sich eine abstrakte Metallplastik. Das Werk des Bildhauers Milan Lukáč symbolisiert die gewaltsame Deportation der Juden und den Zerfall ihrer verlassenen Häuser. Das Denkmal erinnert auf diese Weise an die jüdische Gemeinde von Pressburg, sowie an die über 100.000 jüdische Opfer aus der Slowakei. Am Ort selbst befinden sich keine Informationstafeln oder Texte.
Heute gibt es nur noch eine aktive Synagoge in Pressburg.