Holocaustdenkmal Larissa

Mnimeio Olokaytomatos


In der nordgriechischen Stadt Larissa, 1944 ein Ausgangsort für Deportationen nach Auschwitz-Birkenau, erinnert ein Denkmal an die »jüdischen Märtyrer des Holocaust«.

Geschichte

Larissa, die Hauptstadt der Region Thessalien, war nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Griechenland 1941 zunächst unter italienischer Besatzung. Etwa 1.120 Juden lebten in der Stadt. Nach dem Waffenstillstand zwischen Italien und den Alliierten im September 1943 übernahm die Wehrmacht die Kontrolle über die italienische Besatzungszone. Kurz darauf begannen die Nationalsozialisten auch hier Juden zu registrieren. Unterschiedliche Personen und Institutionen, unter anderem Partisanen, jüdische Gemeinden, Stadtverwaltungen und die orthodoxe Kirche, versuchten die Juden in der Region zu warnen und sie bei der Flucht zu unterstützen. Aus Larissa gelang vermutlich weit über 500 Juden die Flucht in die Berge. Dort fanden sie bei den Partisanenorganisationen Nationale Befreiungsfront (EAM) und Nationale Volksbefreiungsarmee (ELAS) Zuflucht. 225 Juden Larissas kamen der Aufforderung des Höheren SS- und Polizeiführers Jürgen Stroop nach und ließen sich registrieren. Sicherheitspolizei (SP), Sicherheitsdienst (SD) und Angehörige der Wehrmacht verhafteten diese Personen in der Nacht vom 24. auf den 25. März 1944 in ihren Häusern und brachten sie in ein Sammellager in der Stadt, das in einem Fahrzeugdepot eingerichtet worden war. Hier wurden Juden aus mehreren Orten der Regionen Epirus und Thessalien auf Stroops Befehl gesammelt, unter anderem aus den Städten Volos, Trikala und Ioannina. Die Juden mussten ihre Wertsachen bei den Wachmannschaften abliefern. Ein Deportationszug mit 1.300 Juden, der am 2. April 1944 in Athen mit dem Ziel Auschwitz-Birkenau abgefahren war, hielt in Larissa. Hier ließen die Nationalsozialisten fünfzig Viehwaggons anhängen, in die sie alle in Larissa gesammelten Juden sperrten. Die Fahrt dieses Zuges in das Vernichtungslager dauerte neun Tage. Bereits während der Fahrt starben viele Menschen, vor allem Ältere, aufgrund der Strapazen und der unmenschlichen Bedingungen in den Waggons.

Opfergruppen

Der Deportationszug aus Athen bestand nach seiner Abfahrt aus Larissa aus insgesamt 84 Waggons. Mit ihm wurden über 5.000 jüdische Kinder, Frauen und Männer nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Damit war dies der größte Transport, den die Nationalsozialisten von Griechenland aus in die Vernichtung schickten.

Erfahre mehr über Griechenland

Im April 1941 marschierte die Wehrmacht in das Königreich Griechenland ein. Das Land wurde zwischen dem Deutschen Reich und seinen Verbündeten Italien und Bulgarien aufgeteilt. Die anschließende Plünderung der Landwirtschaft und der wenigen industriellen Anlagen des Landes verursachte im Winter 1941/42 eine Hungersnot, die vermutlich über 100.000 Griechen das Leben kostete. In der deutschen Besatzungszone bestimmten Raub, öffentliche Misshandlungen, Verhaftungen, Mord und Zwangsarbeit den Alltag der Juden. Zwischen dem 15. März und Mitte August 1943 organisierte ein SS-Sonderkommando – von den örtlichen Militärverwaltungen unterstützt – 19 Transporte mit etwa 46.000 Juden von Saloniki in die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und Treblinka. Bereits Anfang März hatten die Behörden im bulgarischen Besatzungsgebiet, der griechischen Provinz Thrakien, über 4.000 Juden verhaftet, die die SS daraufhin nach Treblinka verschleppte. Im Herbst 1943 – nach der Kapitulation Italiens – rückte die Wehrmacht in die italienisch besetzte Zone Griechenlands ein. Im März 1944 deportierte die SS auch die dort ansässigen über 8.500 Juden – aus Athen, Ioannina oder von der Insel Rhodos – nach Auschwitz-Birkenau, deren Auslieferung Italien verweigert hatte. Die Zahl der ermordeten griechischen Juden liegt bei etwa 59.000. Das deutsche Besatzungsregime führte zu einer immer stärkeren griechischen Widerstandsbewegung, die 1943/44 von der Wehrmacht durch zahlreiche, brutale Übergriffe, Vergeltungsaktionen und Massenerschießungen bekämpft wurde. Ganze Dörfer, wie zum Beispiel Kalavrita und Distimo, wurden ausgelöscht. Insgesamt fanden wahrscheinlich über 100.000 griechische Zivilisten den Tod. Bereits während der deutschen Besatzung, ab 1944, hatten sich rechte, königstreue und linke, kommunistische Gruppierungen in Griechenland bekämpft. Diese Auseinandersetzung wurde von 1946 bis 1949 in einem Bürgerkrieg fortgeführt. Die siegreiche – von Großbritannien und den USA unterstützte – Rechte verfolgte einen strikt antikommunistischen Kurs. Um einem drohenden Wahlsieg der Linken zuvorzukommen, putschte sich 1967 das Militär an die Macht und regierte das Land in den folgenden sieben Jahren. Erst nach der Aufnahme Griechenlands in die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 1981 kam es zur Anerkennung auch des linken Widerstandes im Zweiten Weltkrieg und nach dem Zusammenbruch des Ostblocks 1990/91 schließlich zur Überwindung des gespaltenen Gedenkens und zu einer Aufarbeitung des Bürgerkriegs 1946–1949. Die griechische Gedenkkultur ist heute in weiten Teilen noch immer durch das Gedenken an den Widerstand gegen die Deutschen dominiert. Inschriften beziehen die Bezeichnung »Holocaust« nicht selten auf den Mord an der Zivilbevölkerung, beispielsweise als »Holocaust von Kalavrita«. Das Gedenken an die Ermordung von 85 Prozent der griechischen Juden blieb lange Zeit den jüdischen Gemeinden überlassen. In Saloniki, der Stadt mit der früher größten Gemeinde, stand bis 1997 auf dem jüdischen Friedhof das einzige Denkmal zur Erinnerung an den Holocaust. Mit den Feierlichkeiten anlässlich der Ernennung zur Europäischen Kulturhauptstadt 1997 errichtete die Stadt an zentraler Stelle ein Holocaustdenkmal, das 2005 an eine andere Stelle umgesetzt wurde. 2010 wurde auch in Athen ein neues Holocaustdenkmal enthüllt. Ein Holocaustmuseum in Saloniki, an dem sich auch die Bundesrepublik Deutschland mit zehn Millionen Euro beteiligt, ist im Bau.

Erinnerung

Heute lebt wieder eine größere jüdische Gemeinde in Larissa. Sie unterhält eine Grundschule, ein Kulturzentrum und einen Friedhof.
1982 erhielt ein Platz im Stadtzentrum den Namen »Platz der Jüdischen Märtyrer des Holocaust«. Zusammen mit der jüdischen Gemeinde ließ die Stadt 1987 an diesem Platz ein Holocaustdenkmal errichten. Die Bronzeplastik, die eine Stele und eine daneben sitzenden trauernde Frau darstellt, ist das Werk des Bildhauers Giorgos Hoularas.

Kontakt

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