Haus der Erinnerung – Massaker von Maillé

Maison du Souvenir de Maillé


Am 25. August 1944 verübten deutsche Soldaten ein Massaker unter der Bevölkerung des französischen Dorfes Maillé. Heute erinnern mehrere Gedenkzeichen und ein Haus der Erinnerung an das Verbrechen und seine Opfer.

Geschichte

Maillé, etwa 40 Kilometer südwestlich von Tours entfernt, war während des Zweiten Weltkrieges eine Gemeinde mit etwa 500 Einwohnern. Seine geographische Lage war militärisch bedeutend: Die Gemeinde befand sich an einer wichtigen Straße und an der Eisenbahnverbindung zwischen der Hafenstadt Bordeaux und Paris.
Im Juni 1944 landeten die Alliierten in der Normandie. Gegen Ende August 1944 wurde klar, dass das Ende der deutschen Besatzung unmittelbar bevorsteht. Bewaffnete französische Widerstandsgruppen waren in der Region aktiv und griffen immer wieder deutsche Soldaten und Transportwege an. Am 24. August kam es am Rande von Maillé zu einem Scharmützel zwischen französischen Widerstandskämpfern und Soldaten der Wehrmacht, bei dem die Deutschen wahrscheinlich Verluste erlitten.
Am nächsten Morgen, am 25. August 1944, überfielen etwa 50 deutsche Soldaten das Dorf. Sie ermordeten insgesamt 124 Kinder, Frauen und Männer und setzten systematisch die Häuser in Brand. Sie verließen das Dorf gegen Mittag. Am Nachmittag feuerte die deutsche Artillerie etwa 80 Granaten auf Maillé ab, die weitere Zerstörung anrichtete. Von 60 Wohnhäusern blieben lediglich 8 stehen.
Am selben Tag wurde Paris von den Alliierten befreit. Bald darauf zogen die Truppen der Wehrmacht auch aus der Gegend von Maillé ab.

Opfergruppen

Unter den 124 Opfern des Massakers waren 35 Männer, 41 Frauen und 48 Kinder unter 14 Jahren. Die Opfer wurden erschossen, mit dem Bajonett erstochen oder kamen in den Flammen um. 52 der 60 Wohnhäuser wurden zerstört.

Erfahre mehr über Frankreich

Frankreich geriet nach der Niederlage seiner Armee im Juni 1940 unter deutschen Einfluss. Der Norden fiel unter deutsche Militärverwaltung, der Süden blieb zunächst unbesetzt. Im südfranzösischen Kurort Vichy wurde eine von Deutschland abhängige Regierung gebildet. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs lebten etwa 300.000 Juden in Frankreich. Ihre genaue Zahl ist nicht bekannt, da die Religionszugehörigkeit in Frankreich nicht registriert wurde. Ende 1940 wurden im Norden die ersten antijüdischen Verordnungen erlassen. Der Politik der Zwangsregistrierung, Ausgrenzung und Beraubung folgten systematische Festnahmen durch die französische Gendarmerie. Vor allem Juden ohne französischen Pass gerieten ins Visier des deutschen SS- und Polizeiapparates sowie der einheimischen Behörden. Mit dem Anwachsen des französischen Widerstandes ging der deutsche Militärbefehlshaber General Otto von Stülpnagel (1878–1948) dazu über, als Abschreckung Unbeteiligte erschießen und insbesondere Juden festnehmen zu lassen. Diese Verhafteten gehörten zu den ersten, die ab März 1942 in die Vernichtungslager im besetzten Polen verschleppt wurden. Etwa 75.000 Menschen wurden in über siebzig Transporten verschleppt und ermordet. Die Mehrzahl der französischen Juden überlebte, zumeist in Verstecken im südlichen Landesteil. Krieg und Verfolgung fielen in Frankreich etwa 600.000 Menschen zum Opfer, unter ihnen 270.000 Zivilisten. Während andere Opfergruppen bis heute wenig differenziert behandelt werden, hat sich seit Ende der 1980er Jahre die Forschung zu Patienten, die in Heimen und Kliniken zu Tode kamen, verstärkt. Heute wird von bis zu 50.000 Opfern ausgegangen. In beiden Landesteilen hatte es während der Besetzung Verfolgung, Kollaboration und Widerstand gegeben. Insbesondere die Erinnerung an den Kampf der »Résistance« als Ausdruck französischer Vaterlandsliebe und das Leid der »Deportation« boten nach dem Krieg die Möglichkeit, Gegensätze zwischen Konservativen (Gaullisten) und nach Moskau ausgerichteten Kommunisten zu überbrücken. Dem entsprechen die Widmungen zahlreicher Museen und Gedenkstätten – wie das »Mémorial des Martyrs de la Déportation« (Denkmal für die Märtyrer der Deportation) in Paris aus dem Jahr 1956 und das 2005 in der KZ-Gedenkstätte Natzweiler eröffnete »Centre Européen du Résistant Déporté« (Europäisches Zentrum des deportierten Widerstandskämpfers). Ab Anfang der 1990er Jahre entstanden Einrichtungen wie das Maison d’Izieu (Haus von Izieu) bei Lyon, wo an 44 verschleppte jüdische Kinder erinnert wird, die Nationale Gedenkstätte im ehemaligen Lager Gurs sowie ein Erinnerungszentrum in Oradour sur Glane – einer Ortschaft, die die SS 1944 zerstört hatte. Die zentrale Gedenkstätte für die Opfer des Holocaust ist die 2005 eröffnete »Mémorial de la Shoah« im Zentrum der Hauptstadt. Mittlerweile haben mehrere französische Staatspräsidenten die Mitverantwortung des Landes für den Holocaust in Frankreich anerkannt. Die 1988 eröffnete und 2002 erweiterte Gedenkstätte in Caen, die an die Landung der Westalliierten in der Normandie 1944 erinnert, ist die meistbesuchte Gedenkstätte außerhalb von Paris. Hier finden die jährlichen nationalen Gedenkfeiern an den Sieg über das nationalsozialistische Deutschland statt. Zudem gibt es zahlreiche regionale Museen, in denen die Auseinandersetzung mit Verfolgung, Widerstand und Deportation im Mittelpunkt steht.

Erinnerung

Das Massaker von Maillé geriet in Frankreich jahrzehntelang weitgehend in Vergessenheit. Zum einen wurde das Ereignis durch die Befreiung von Paris am selben Tag überschattet, zum anderen wurde der Zerstörung des Dorfes Oradour-sur Glane, die von Einheiten von Wehrmacht und SS am 10. Juni 1944 begangen wurde, weit mehr Aufmerksamkeit zuteil. Im Gegensatz zu Oradour, das als Ganzes in einen Erinnerungsort umgewandelt wurde, wurde Maillé nach dem Krieg schnell wieder aufgebaut.
Erinnerungszeichen gab es zunächst nur wenige: Eine Gedenktafel am Rathaus und ein Denkmal auf der Landstraße in Richtung Daphé östlich des Ortes. 1984 wurde auf dem Friedhof ein großer Gedenkstein mit den Namen der Opfer eingeweiht. 1994 gab es erstmals eine Ausstellung über die Ereignisse des 25. August 1944. 2006 wurde schließlich das Haus der Erinnerung eröffnet, das sich seither dem Massaker und der Erinnerung daran widmet.
Es ist bis heute nicht eindeutig geklärt, welche deutschen Einheiten für das Massaker verantwortlich waren und wer dazu den Befehl gab. Juristisch bleibt das Verbrechen ungesühnt: Die deutsche Justiz stellte die Ermittlungen Anfang 2017 wegen Mangels an Beweisen ein.

Angebote

Dauerausstellung, Archiv, temporäre Ausstellungen, Konferenzen, Kolloquien, Audioguides

Öffnungszeiten

Mittwoch bis Samstag: 10.30 bis 13. 00 und 14.00 bis 18.00
Sonntag und Montag: 14.00 bis 18.00 und nach Voranmeldung

Kontakt

http://www.maisondusouvenir.fr/

maison-du-souvenir@maille.fr

+33 (0)247 652 489

1 rue de la Paix
37800 Maillé