Gedenkstätte Zuchthaus Brandenburg-Görden

Gedenkstätte Zuchthaus Brandenburg-Görden


Die Gedenkstätte Zuchthaus Brandenburg-Görden erzählt die Geschichte der Haftanstalt während des Nationalsozialismus und in der DDR.

Geschichte

Das Zuchthaus Brandenburg-Görden wurde von 1927 an gebaut, um das Gefängnis im Zentrum Brandenburgs, das neuen hygienischen und technischen Standards nicht mehr genügte, abzulösen. In der Weimarer Republik als moderne, humane Haftanstalt konzipiert, wurde das Zuchthaus unter der NS-Diktatur nach 1933 schnell zu einem Ort verschärfter Haftbedingungen und massiver Gewalt. Die Mehrheit der Inhaftierten waren politische Gefangenen, das Zuchthaus war stets überbelegt. Die Häftlinge wurden nach der Rassenideologie der Nationalsozialisten aufgeteilt, so wurden etwa die jüdischen Häftlinge separat untergebracht. Während des Krieges wurden viele Gefangene aus ganz Europa ins Brandenburger Zuchthaus überstellt. Sie mussten in Rüstungsbetrieben Zwangsarbeit leisten.
Da die NS-Justiz immer mehr Todesurteile aussprach, wurde 1940 eine Hinrichtungsstätte im Zuchthaus eingerichtet. Bis Kriegsende wurden dort 2.032 Gefangene, die vor allem aus politischen Gründen wie »Wehrzersetzung« zum Tode verurteilt wurden, mit dem Fallbeil hingerichtet.
Am 27. April 1945 befreite die Rote Armee die etwa 3.000 Häftlinge der Haftanstalt. Die meisten konnten nun die Heimreise antreten. Zuerst wurde das Zuchthaus als Lazarett genutzt. Später richtete die sowjetischen Besatzungsbehörden ein Lager auf dem Gelände ein, in dem ehemalige sowjetische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene vor ihrer Heimkehr überprüft wurden und in dem sowjetische Bürger, die der Kollaboration mit den Nationalsozialisten verdächtigt wurden, inhaftiert waren.
Im Mai 1948 wurde die Strafanstalt der deutschen Verwaltung übergeben. Ab 1949 saßen dort vor allem Häftlinge ein, die von ostdeutschen Gerichten als NS-Täter verurteilt wurden. Ab 1950 übernahm die Volkspolizei die Haftanstalt, in der immer mehr Gegner der SED-Diktatur eingesperrt waren. Bis zum Ende der DDR nahm der Anteil der politischen Gefangenen wieder ab. Die Haftbedingungen variierten, insgesamt waren sie jedoch repressiv und oft willkürlich.

Opfergruppen

Zwischen 1933 und 1945 durchliefen etwa 22.000 Männer das Zuchthaus. Viele Gefangene wurden nach Ablauf ihrer offiziellen Haftzeit nicht entlassen, sondern in Konzentrationslager verschleppt. Ab 1942 überstellte die Justiz mehr als 1.200 Justizgefangene aus Brandenburg-Görden zur »Vernichtung durch Arbeit« an die SS, darunter fast alle Sicherungsverwahrten, Juden, Sinti und Roma, Polen sowie viele Deutsche und Tschechen mit hohen Haftstrafen.
Die NS-Justiz richtete 2.032 Männer in Brandenburg-Görden hin, bis auf etwa 300 alle aus politischen Gründen. Über 800 Gefangene kamen während ihrer Haft oder kurz nach ihrer Befreiung an den Folgen der verheerenden Haftbedingungen um.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Im April 1946, ein Jahr nach ihrer Befreiung, hielten ehemalige politische Gefangene und Angehörige von Opfern die erste Gedenkveranstaltung in Brandenburg-Gören ab. 1947 wurde auf dem Friedhof am Marienberg ein »Ehrenmal für die im Zuchthaus Brandenburg-Görden hingerichteten antifaschistischen Widerstandskämpfer« eingeweiht. Da das Zuchthaus weiterhin eine Haftanstalt und damit schwer zugänglich war, fanden später größere Gedenkveranstaltungen vor allem an diesem Ort statt.
1949 richtete Walter Hammer, ein ehemaliger Häftling, eine Gedenkstätte in der früheren Hinrichtungsgarage ein, deren wichtigstes Element bis heute eine nachgebaute Guillotine ist. Hammer selbst verließ 1950 die DDR in Richtung Bundesrepublik.
Im April 1975 wurde der Gedenkort an der ehemaligen Hinrichtungsstätte aus- und umgebaut. Ein möglicher Grund für den Ausbau war, dass zwischen 1937 und 1945 Erich Honecker, der seit 1971 der Machthaber im SED-Staat war, in Brandenburg-Görden inhaftiert gewesen ist. Auch der Gedenkort am Marienberg wurde in dieser Zeit für Massenkundgebungen ausgebaut.
1988 gründete die DDR-Regierung die »Nationale Mahn- und Gedenkstätte Brandenburg«. Zur Eröffnung einer neuen Dauerausstellung, die die DDR als Verwirklichung der Ziele der antifaschistischen Widerstandskämpfer dargestellt hätte, kam es aufgrund des Zusammenbruchs der DDR nicht mehr. Die alten Gedenkräume blieben auch nach der Wiedervereinigung weiterhin erhalten, genauso wie die Justizvollzugsanstalt. Mittlerweile sind dort Stelen mit Opferbiographien ausgestellt.
Außerhalb der JVA, im ehemaligen Direktorenwohnhaus, eröffnete die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten im Jahr 2018 eine neue Dauerausstellung mit dem Titel »Auf dem Görden. Die Strafanstalt Brandenburg im Nationalsozialismus (1933–1945) und in der DDR (1949–1990)«.

Angebote

Dauerausstellung, Archiv und Sammlungen; Pädagogische Projekte für Schüler und Jugendliche.

Öffnungszeiten

Dauerausstellung in der Anton-Saefkow-Allee 38:
Donnerstags und freitags 13.00 bis 17.00, samstags und sonntags 10.00 bis 17.00.
Die Gedenkräume befinden sich in der JVA. Besuch nur nach vorheriger Absprache möglich.

Kontakt

https://www.brandenburg-zuchthaus-sbg.de/

brandenburg@stiftung-bg.de

+49(0)3381 793 511 2

Anton-Saefkow-Allee 22
14772 Brandenburg an der Havel