Gedenkstätte Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel 1933-1945

Gedenkstätte Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel 1933-1945


Seit 1987 erinnert im 1897 erbauten Torgebäude der Strafanstalten Fuhlsbüttel in Hamburg eine Gedenkstätte an das Schicksal der Häftlinge, die zwischen 1933 und 1945 in den verschiedenen Abteilungen und zeitlichen Phasen des KZ Fuhlsbüttel înhaftiert waren.

Geschichte

In leer stehenden Gebäuden der Strafanstalten Fuhlsbüttel hielt die Staatspolizei Hamburg, die politische Polizei von Hamburg, ab Juli 1933 etwa 2.000 Gegner des nationalsozialistischen Regimes gefangen. Am 4. September 1933 wurde das Gefängnis offiziell als »KZ Fuhlsbüttel« eröffnet. Es war somit eines der ersten Konzentrationslager im Deutschen Reich. Die meisten Häftlinge in Fuhlsbüttel waren politische Gegner des Regimes, Mitglieder von KPD und SPD oder Gewerkschaftler. Ab Herbst 1933 brachte die Staatspolizei auch Menschen in das KZ, die als »asozial« oder »volksschädlich« galten, wie Kleinkriminelle, Zuhälter, Homosexuelle oder Transvestiten. Auch Juden und Zeugen Jehovas hielt die Staatspolizei hier gefangen. 1934 wurde eine Frauenabteilung eingerichtet. Misshandlungen der Häftlinge durch ihre Bewacher waren an der Tagesordnung, oftmals führten sie zum Tod der Gefangenen. Einige der Häftlinge mussten beim Ausbau des Flughafens Fuhlsbüttel auch Zwangsarbeit leisten. Ab 1936 wurde das KZ Fuhlsbüttel in »Polizeigefängnis« umbenannt, was aber nichts an der Lage der Häftlinge änderte. Es blieb weiterhin der Gestapo unterstellt und bestand bis 1945. Am 25. Oktober 1944 errichtete die SS zusätzlich in einem Gebäudeteil des Zuchthauses Fuhlsbüttel ein Außenlager des KZ Neuengamme. Etwa 1.500 Häftlinge waren dort untergebracht, die als Zwangsarbeiter Bauarbeiten und Aufräumarbeiten an nach Bombenangriffen beschädigten Gebäuden verrichten mussten. Die schwere Arbeit und die schlechte Versorgung der Häftlinge führten dazu, dass im Außenlager Fuhlsbüttel täglich zwei bis drei Menschen starben. Insgesamt kamen über 270 Häftlinge ums Leben, damit hatte Fuhlsbüttel neben Husum-Schwesing und Ladelund eine der höchsten Sterberaten in den Lagern in Norddeutschland. Am 15. Februar 1945 löste die SS das Lager auf und brachte die Häftlinge in das Außenlager »Dessauer Ufer«.

Opfergruppen

Im »Polizeigefängnis Fuhlsbüttel« waren vor allem politische Gegner des Nationalsozialismus interniert, später auch so genannte Asoziale, Kleinkriminelle und Homosexuelle. Viele Tausend Menschen hielt die Staatspolizei hier fest: 1933 bis 1934 waren es ungefähr 600 bis 800 Schutzhäftlinge und 2.000 und 4.000 Strafgefangene. Im 1944 eingerichteten Außenlager Fuhlsbüttel mussten etwa 1.500 Männer Zwangsarbeit leisten. Sie kamen größtenteils aus der Sowjetunion, aus Polen, Belgien, Frankreich, Dänemark und den Niederlanden. Während des Bestehens des Außenlagers vom 25. Oktober 1944 bis 15. Februar 1945 starben etwa 270 Häftlinge, deren Namen bekannt sind.
Insgesamt wird die Opferzahl des KZ und der Strafanstalten Fuhlsbüttel auf etwa 500 geschätzt.

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Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert. Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar. In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen. Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.

Erinnerung

Seit 1982 setzten sich mehrere Initiativen für eine Gedenkstätte in Fuhlsbüttel ein. Im alten Torgebäude der Strafanstalten Fuhlsbüttel wurde 1987 eine Gedenkstätte mit einer Dauerausstellung eingeweiht. Am 4. September 2003, zum 70. Jahrestag der Errichtung des Konzentrationslagers, wurde eine neue Dauerausstellung eröffnet. Die »Gedenkstätte Konzentrationslager und Strafanstalten Fuhlsbüttel 1933-1945« ist eine Außenstelle der KZ-Gedenkstätte Neuengamme.

Angebote

Führungen und Zeitzeugengespräche am Sonntag (wöchentlich).

Öffnungszeiten

Sonntag: 10.00 bis 17.00
Führungen auch nach Vereinbarung.

Kontakt

https://fuhlsbuettel.gedenkstaetten-hamburg.de/

stiftung@gedenkstaetten.hamburg.de

+49 (0)40 428 131 500

Suhrenkamp 98
22335 Hamburg