Eine Gedenkstätte in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Wolfenbüttel erinnert seit 1990 an die Hinrichtungsstätte, die es zwischen 1937 und 1945 in einem Gebäude des damaligen Strafgefängnisses Wolfenbüttel gab. In dieser Zeit wurden mindestens 527 Todesurteile vollstreckt. Unter den Hingerichteten waren ausländische Zwangsarbeiter, politische Gefangene, Wehrmachtsangehörige, aber auch Deutsche, die auf Grundlage der »Volksschädlingsverordnung« zum Tode verurteilt wurden.
Ab 1933 wurden im Strafgefängnis Wolfenbüttel nicht nur Urteile wegen klassischer Delikte, sondern zunehmend auch auf der Grundlage nationalsozialistischer Sondergesetzgebung vollstreckt. So wurden politisch Oppositionelle wegen regierungskritischer Äußerungen oder bei Verstößen gegen das Versammlungsverbot verfolgt. Auch religiöse Gruppen wie die Zeugen Jehovas waren davon betroffen. Mit der Verschärfung des Paragraphen 175 setzte ab 1935 eine verstärkte Verfolgung Homosexueller ein. Im Jahr 1938 war das Gefängnis Sammelstelle für die nach der Pogromnacht im Land Braunschweig verhafteten jüdischen Männer vor ihrem Weitertransport in das Konzentrationslager Buchenwald.
Das Reichsjustizministerium ordnete 1937 an, das Strafgefängnis Wolfenbüttel zur zentralen Hinrichtungsstätte für mehrere Oberlandes- und Landgerichtsbezirke in Norddeutschland zu machen. Das Fallbeilgerät wurde vom Gefängnis Hannover nach Wolfenbüttel verlegt, eine im Innenhof der Haftanstalt gelegene Schlosserei zum Hinrichtungsgebäude umgebaut. Ursache dafür war, dass die Nationalsozialisten viele leichte Vergehen durch entsprechende Verordnungen für eine Bestrafung mit dem Tode vorsahen. Vor allem die 1939 für die zivile Gerichtsbarkeit erlassene »Verordnung gegen Volksschädlinge« und die »Kriegssonderstrafrechtsverordnung« gegen die »Zersetzung der Wehrkraft« in der militärischen Gerichtsbarkeit stellten regimekritische Handlungen unter Todesstrafe. Die Justizbehörden vollstreckten fortan Todesurteile ziviler und militärischer Gerichte, ab 1941 auch durch Erhängen. Deutsche Zivilisten wurden wegen »Plünderns«, »Feindsenderhörens« oder »Schwarzschlachtens« exekutiert; Wehrmachtsangehörige wegen »Feigheit vorm Feinde«, »Fahnenflucht« oder »Selbstverstümmelung«. Viele der Hingerichteten waren ausländische Zwangsarbeiter, die wegen kleiner Delikte wie Diebstahl von Brot zum Tode verurteilt wurden. Zwischen 1937 und 1945 richteten die nationalsozialistischen Justizbehörden mindestens 527 Menschen in Wolfenbüttel hin.
In Wolfenbüttel wurden zwischen 1937 und 1945 mindestens 527 Menschen hingerichtet, darunter deutsche Zivilisten, Wehrmachtsangehörige und ausländische Zwangsarbeiter. Etwa 70 Männer und Frauen aus dem Widerstand in Belgien, Frankreich und den Niederlanden wurden als sogenannte Nacht-und-Nebel Gefangene (weil sie heimlich verhaftet und nach Deutschland transportiert wurden) exekutiert.
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Nach dem Krieg blieb die Hinrichtungsstätte in Wolfenbüttel zunächst bestehen: Die britischen Militärbehörden verhängten zwischen 1945 und 1947 67 Todesurteile gegen deutsche Kriegsverbrecher sowie Deutsche und ehemalige ausländische Zwangsarbeiter, die gegen Anordnungen der Alliierten verstoßen hatten.
Das Gefängnis wurde nach dem Krieg weiter betrieben und ist heute eine Justizvollzugsanstalt (JVA) des Landes Niedersachsen. 1956 wurde eine Gedenktafel für die Opfer der nationalsozialistischen Justiz an der Anstaltskirche angebracht. Ab Mitte der 1960er Jahre befand sich im ehemaligen Hinrichtungsgebäude eine gefängniseigene Entlausungsanstalt, in den 1980er Jahren wurde der Abriss des Gebäudes geplant. Nach Protesten aus dem In- und Ausland, blieb das Gebäude jedoch erhalten. Im April 1990 richtete das Niedersächsische Justizministerium eine Dokumentations- und Gedenkstätte für die Opfer von Wolfenbüttel ein. Im Jahr 1999 folgte eine Dauerausstellung zum Thema »Justiz im Nationalsozialismus« in den ehemaligen Gemeinschaftszellen. Nach einer grundlegenden Neugestaltung in den Jahren 2014 bis 2016 kann in diesem Bereich ein interaktives und multimediales Bildungsangebot genutzt werden. Auch das ehemalige Hinrichtungsgebäude ist nun zugänglich. Dort wird gleichzeitig an die 527 Hingerichteten namentlich erinnert.
Seit 2004 gehört die Gedenkstätte JVA Wolfenbüttel zur Stiftung Niedersächsische Gedenkstätten.
Dauerausstellung mit interaktiven Elementen, Bearbeitung von Anfragen von Privatpersonen, Betreuung von Besuchergruppen, vielfältige Bildungsangebote, Lehrerfortbildungen
Dienstag bis Sonntag 10.00 bis 17.00
http://wolfenbuettel.stiftung-ng.de
wolfenbuettel@stiftung-ng.de
+49 (0)5331 935 50 10
Am Herzogtore 13
38300 Wolfenbüttel