Gedenkort Haaren 1940-1945

Gedenkplaats Haaren 1940-1945


Im ehemaligen Priesterseminar in der Gemeinde Haaren im Süden der Niederlande erinnern eine Gedenktafel und eine Ausstellung an das Geisel- und Polizeigefängnis, das zwischen 1942 und 1944 vor Ort bestand.

Geschichte

Als Antwort auf die steigende Anzahl von Sabotageakten in Westeuropa gingen die deutschen Besatzungsbehörden dazu über, prominente Bürger zur Geisel zu nehmen. In den Niederlanden nahmen sie im Mai 1942 450 Zivilisten fest und warnten die Öffentlichkeit, dass weitere Akte des Widerstands mit der Erschießung von Geiseln beantwortet würden. Die erste Gruppe von Geiseln wurde in Sint-Michielsgestel interniert. Eine zweite Gruppe von 800 Personen wurde im Juli 1942 verhaftet und im Priesterseminar der römisch-katholischen Kirche in Haaren untergebracht. Dort waren bereits zuvor 238 Geiseln aus Niederländisch-Indien (dem heutigen Indonesien) interniert worden.
Nach einem Anschlag auf einen Wehrmachtszug erschossen die Besatzer im August 1942 fünf Geiseln, Angehörige der niederländischen Oberschicht. Im Oktober folgte eine weitere Geiselerschießung, dem 15 Kommunisten und Sozialisten zum Opfer fielen. Von ihnen stammten drei aus den Geisellagern und zwölf aus dem »polizeilichen Durchgangslager« Amersfoort. Die Exekutionen riefen große Empörung unter Niederländern hervor; gleichzeitig schätzte auch das Besatzungsregime selbst die Politik der Geiselerschießungen als weitgehend wirkungslos ein. Bereits im Dezember 1942 wurde sie aufgegeben und viele Geiseln auf freien Fuß gesetzt.
Parallel zum Geisellager richteten Sicherheitspolizei und Sicherheitsdienst ein Polizeigefängnis im Priesterseminar von Haaren ein. Hier wurden ebenfalls ab Mai 1942 Widerstandskämpfer festgehalten, bis sie in der Nähe hingerichtet oder in Konzentrationslager in Deutschland verschleppt wurden. Die Lebensbedingungen im Gefängnis waren ungleich schlechter als im Geisellager. Am 5. September 1944 wurde das Lager aufgelöst und viele der verbliebenen Häftlinge ins Konzentrationslager Sachsenhausen verschleppt.

Opfergruppen

Im Geisellager in Haaren wurden insgesamt etwa 1.050 Zivilisten festgehalten, in Sint-Michielsgestel 450. Acht Geiseln wurden bei »Vergeltungsmaßnahmen« von der deutschen Sicherheitspolizei erschossen.
Das Polizeigefängnis durchliefen etwa 3.100 Häftlinge. Viele von ihnen wurden in der Nähe erschossen, andere in Konzentrationslager in Deutschland deportiert. Unter anderen wurden im September 1944 47 Agenten des britischen Geheimdienstes SOE (»Special Operations Executive«) ins Konzentrationslager Mauthausen überstellt und dort erschossen.

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Als die deutsche Wehrmacht das Königreich der Niederlande im Mai 1940 besetzte, lebten hier knapp 120.000 Juden – davon 75.000 in Amsterdam. Eine von der SS dominierte Zivilverwaltung begann umgehend mit der Durchsetzung antijüdischer Maßnahmen und organisierte Gewaltakte. Bereits Ende März 1941 richtete die SS eine »Zentralstelle für jüdische Auswanderung« in Amsterdam ein. Im Jahr darauf, am 22. Juni 1942, unterrichtete der Leiter des Judenreferats im SS-Reichssicherheitshauptamt, Adolf Eichmann (1906–1962), das Auswärtige Amt in Berlin darüber, dass man sich mit der Deutschen Reichsbahn über den Transport unter anderem von 40.000 Juden aus den Niederlanden geeinigt habe. Sie kamen zunächst in das Durchgangslager Westerbork, wo namentliche Transportlisten erstellt wurden. Ab Mitte Juli 1942 rollten von hier aus die ersten Züge nach Osten. Immer wieder kam es zu Razzien, um Juden für die Verschleppungen zusammenzutreiben. Bis September 1944 gingen um die hundert Transporte von Westerbork in die Vernichtungslager Auschwitz und Sobibor, in das Ghetto Theresienstadt und in das Konzentrationslager Bergen-Belsen ab. Die SS deportierte über 100.000 Menschen – mehrheitlich Juden, aber auch Roma. Ebenso wurden Juden mit einer Staatsangehörigkeit der Niederlande aus Frankreich und Belgien in den Tod verschleppt. Die Gesamtzahl der zwischen Mai 1940 und Ende 1944 ermordeten niederländischen Juden liegt bei bis zu 102.000 Personen, etwa 75 Prozent der jüdischen Bevölkerung vor dem Holocaust. Darüber hinaus kamen über 110.000 nichtjüdische Zivilisten während Besatzung und Krieg ums Leben. Die Zahl an Denkmälern, Museen, Gedenkstätten, Gedenktafeln, kleineren Erinnerungsstätten, aber auch Forschungseinrichtungen und Archiven zum Zweiten Weltkrieg ist in den Niederlanden fast unüberschaubar. Bereits 1947 wurde das 22 Meter hohe »Nationaldenkmal op den Dam« in Amsterdam errichtet, das allen niederländischen »Opfern des Zweiten Weltkrieges« gewidmet ist und 1956 seine heutige Gestaltung erhielt. Seit 1960 gibt es das Anne-Frank-Haus. Zentrale staatliche Erinnerungsorte sind die Stätten ehemaliger nationalsozialistischer Konzentrations- oder Durchgangslager. In Westerbork beispielsweise besteht seit 1983 eine Anlage, zu der das historische Lagergelände, ein nationales Denkmal und ein modernes Museum gehören. 1987 wurde in der Großen Synagoge von Amsterdam das »Joods Historisch Museum« (Jüdisch-Historisches Museum) eröffnet, in dem auch die Verfolgung und Ermordung der Juden behandelt wird. 2021 wurde in Amsterdam ein neues Holocaustdenkmal eingeweiht, in das die Namen von 102.000 ermordeten Juden sowie Sinti und Roma eingraviert sind. Nach Kriegsende war die niederländische Erinnerungskultur vor allem durch die Betonung des Widerstands gegen die deutsche Besatzung gekennzeichnet. Insbesondere ab den 1980er Jahren spielte dann auch die Frage, wie sich die Bevölkerungsmehrheit – im Gegensatz zur bewussten Kollaboration – im Besatzungsalltag einrichtete (»Akkomodation«), eine immer größere Rolle in der niederländischen Erinnerungskultur. Ein weiterer Aspekt des niederländischen Gedenkens ist der hervorgehobene Bezug auf die Gegenwart. Er wird in Mahnmalen für verfolgte Sinti und Roma sowie insbesondere bei einem der weltweit bedeutendsten Denkmäler zur Erinnerung an die Verfolgung Homosexueller während des Nationalsozialismus in Amsterdam deutlich.

Erinnerung

Nach der Befreiung am 27. Oktober 1944 dienten die Gebäude des ehemaligen Priesterseminars als Hauptquartier der kanadischen Truppen. Von 1946 bis 1968 bezogen wieder Priesterseminaristen die Räume, danach entstand dort ein Heim für geistig Behinderte. Bereits 1947 wurden in Haaren eine Gedenktafel und ein Relief von Cephas Stauthamer am Haupttor des Gebäudekomplexes angebracht. Auf Initiative von Überlebenden wurde am 13. Mai 2000 der »Gedenkplaats Haaren« um eine Dauerausstellung zur Geschichte des Geisellagers und des Polizeigefängnisses ergänzt. Diese befindet sich im Kapellengang und im Vorraum zur Kapelle.
Im Foyer des Seminargebäudes in Sint Michielsgestel befindet sich seit 14. August 1948 ebenfalls eine Gedenktafel.

Angebote

Führungen nach Absprache.

Öffnungszeiten

Ausstellung und Stadtmuseum: jeden ersten Mittwoch im Monat 10.00 bis 16.00.
Juli und August Rundgang an jedem Mittwoch um 10.00.

Kontakt

http://www.gedenkplaats-haaren.nl

ceesvanroessel@planet.nl

+31 411 628 100

Raamse Akkers 15
5076 PC Haaren