In Gomel, der zweitgrößten Stadt von Belarus, erinnern zwei Denkmäler auf dem jüdischen Friedhof an die ermordeten Juden der Stadt.
Gomel (belarussisch: Homel) liegt im Südosten von Belarus nahe der Grenze zur Ukraine an den Ufern der Sosch. In der 1142 gegründeten Stadt lebten Juden ab der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Viele von ihnen wurden während des Chmelnyzkyj-Aufstands von 1648 ermordet. Ende des 19. Jahrhunderts lebten etwa 20.400 Juden in Gomel und stellten über die Hälfte der Bevölkerung. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte die jüdische Gemeinde erneut unter Pogromen zu leiden. Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte Gomel kurz dem ukrainischen Staat an, bevor die Bolschewiki 1919 die Stadt besetzten. 1926 wurde Gomel der Belarussischen SSR zugeschlagen.
Vielen Juden gelang es vor der Ankunft der deutschen Truppen am 19. August 1941 aus der Stadt zu fliehen: Von den ursprünglich etwa 40.900 Juden blieben nur noch etwa 4.000 zurück.
Zwischen September und Oktober 1941 richteten die Deutschen vier verschiedene Ghettos in Gomel ein. Im Größten, das sich im Bezirk Monastyrek befand, mussten etwa 800 Juden leben. Auch in den drei anderen Ghettos waren mehrere hundert Menschen auf engstem Raum zusammengepfercht. Viele starben aufgrund der katastrophalen Umstände.
Anfang November 1941 ermordeten die Deutschen und ihre einheimischen Helfer etwa 2.300 Juden in einer »Großaktion«. Mitglieder der Sicherheitspolizei und lokale Polizisten holten die Opfer aus ihren Häusern und trieben sie in ein Gefängnis. An den nächsten beiden Tagen wurden sie von Mitgliedern des Einsatzkommandos 8 der Einsatzgruppe B erschossen.
Einige hundert jüdische Fachkräfte wurden bis 1942 am Leben gelassen. Sie mussten in verschiedenen Arbeitslagern in und um Gomel Zwangsarbeit leisten.
In Gomel befanden sich außerdem mehrere Gefängnisse und fünf Kriegsgefangenenlager. Die jüdischen Häftlinge wurden teilweise in Gaswagen erstickt oder mit anderen Häftlingen zusammen in einem Wald außerhalb der Stadt erschossen. Die letzte solche Erschießung geschah in den ersten Oktoberwochen 1943. Danach zogen sich die deutschen Truppen aus der Gegend zurück.
Bereits wenige Tage nach Besetzung der Stadt erschossen deutsche Einheiten zehn Juden, denen sie vorwarfen, Widerstand geleistet zu haben.
Mitte September 1941 erreichte das Einsatzkommando 8 der Einsatzgruppe B unter dem Befehl Oskar Winklers die Stadt. Während der ersten größeren Massenerschießung Anfang Oktober 1941 erschoss diese Einheit etwa 53 Juden.
Ab Mitte Oktober 1941 waren Wilhelm Schulz und weiterhin die Männer das Einsatzkommando 8 für die Erschießungen verantwortlich. Im Rahmen einer »Sonderaktion« Anfang November erschossen sie und ihre einheimischen Helfer über 2.300 Juden. Die Massenerschießungen gingen bis zum Sommer 1942 weiter.
Im Winter 1942/43 entdeckten die Verantwortlichen im Durchgangslager 121 mehrere Juden unter den sowjetischen Kriegsgefangenen. Sie ließen sie nackt in der Kälte stehen und übergossen sie mit kaltem Wasser, bis sie erfroren.
Im Herbst 1943 erschossen die Deutschen fast alle Gefängnisinsassen im Wald. Darunter waren mindestens fünfzig Juden.
Ebenfalls im Herbst 1943 führten die Besatzer »Enterdungsmaßnahmen« durch: In dem Versuch, die Spuren ihrer Verbrechen zu verwischen, ließen sie die Massengräber der jüdischen Opfer öffnen und die bereits verwesenden Leichen verbrennen.
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Die Rote Armee befreite Gomel am 26. November 1943.
Viele Juden kehrten nach dem Krieg in die Stadt zurück, so dass ihre Zahl bis 1959 auf etwa 25.000 stieg. Ende der 1980er und Anfang der 1990er Jahre wanderten viele von ihnen ins Ausland aus, so dass 1999 nur noch etwa 4.000 Juden in der Stadt lebten. Dennoch begann die jüdische Gemeinde in dieser Zeit mit ihrem kulturellen Wideraufbau. Bereits 1993 erhielten sie das Gebäude der Synagoge in der Krasnoarmejskaja-Straße im Zentrum der Stadt zurück. Jahrzehntelang erinnerte in Gomel kein Denkmal an die ermordeten Juden der Stadt. 1960 hatten Bauarbeiter die Überreste der Opfer von einer der Massenerschießungen gefunden. Ein Mitglied der jüdischen Gemeinde aus Gomel kümmerte sich um die Überführung der Leichen auf den Leschtschinskoje-Friedhof. 1975 wurde an dieser Stelle Denkmal zu Ehren der »Opfer des Faschismus, Sowjetische Kämpfer und Partisanen« errichtet, die jüdische Identität der Opfer wurde jedoch in der Inschrift nicht erwähnt. Ein weiteres Denkmal zu »Ehren der Opfer der Faschisten« wurde in der Sowjetskaja-Straße errichtet.
Erst nach dem Zerfall der Sowjetunion konnte die jüdische Gemeinde von Gomel einen kleinen Obelisken auf dem jüdischen Friedhof aufstellen. Hier hatten die Deutschen zwischen 1941 und 1942 etliche Juden erschossen. Auf dem Denkmal ist eine Menorah und die hebräische Inschrift »matzevat ha-zikaron« und die russische Inschrift zu lesen: »Hier liegen die Opfer der Massenerschießung der Juden aus der Stadt Gomel 1941-1943. Mögen sie ewig in unserer Erinnerung bleiben!« eingraviert. Der Friedhof wird seit den 1970er Jahren nicht mehr genutzt. Seit einigen Jahren halten die zwei jüdischen Gemeinden ihn wieder instand. So konnte dort 2012 ein neues Denkmal aufgestellt werden, das auf Belarussisch, Englisch und Hebräisch der Juden gedenkt, die an dieser Stelle zwischen 1941 und 1943 ermordet wurden.
Jedes Jahr findet am Holocaust-Gedenktag eine Trauerfeier statt.
Die Denkmäler sind jederzeit zugänglich.
Tschernigowskoje Schosse, 9km
246042 Homel