Die Rotunde von Zamość

Rotunda Zamojska


In der im 19. Jahrhundert als Befestigungsanlage errichteten Rotunde von Zamość, im heutigen Südostpolen an der Grenze zur Ukraine gelegen, befand sich zwischen Juni 1940 bis Juli 1944 eine Erschießungsstätte und ein »Gefangenen-Durchgangslager« der Sicherheitspolizei. Heute ist die Anlage ein Gedenkort sowohl für die in der Rotunde als auch für die in der Region Zamość Ermordeten.

Geschichte

Nach dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen im September 1939 wurde im zentralen Teil des besetzten Landes das »Generalgouvernement« eingerichtet. In der Stadt Zamość mit etwa 20.000 Einwohnern errichteten die Besatzer nacheinander mehrere Zwangsarbeitslager und ein Ghetto für Juden, ein Lager für Auszusiedelnde, Haftstätten für polnische Zivilisten und einen Lagerkomplex für sowjetische Kriegsgefangene. Bereits bevor die Gestapo die Rotunde in der ersten Jahreshälfte 1940 übernahm, wurden dort einzelne Exekutionen durchgeführt. Die Gestapo benutzte die Rotunde anfangs als Durchgangsgefängnis: In einer Mordaktion gegen die polnische Oberschicht im Generalgouvernement, der »Außerordentlichen Befriedungsaktion« wurden in der Region Zamość im Juni 1940 etwa 400 Polen von der Sicherheitspolizei in die Rotunde verschleppt. Die meisten wurden nach wenigen Tagen über das Gestapogefängnis in Lublin in die Konzentrationslager Sachsenhausen und Dachau verbracht, am 8. Juli 1940 wurden jedoch 40 Einwohner von Zamość und Umgebung in der Rotunde ermordet.
Nach den Plänen der deutschen Führung sollte die Region »eingedeutscht«, die ansässige Bevölkerung vertrieben und an ihrer Stelle Deutsche aus Osteuropa angesiedelt werden. Während der »Aktion Zamosc« zwischen November 1942 bis März 1943 wurde die Landbevölkerung gewaltsam ausgesiedelt. Viele Anwohner wurden in der Rotunde ermordet. Danach, im Verlauf des Jahres 1943 wurden in der Gegend um Zamość ganze Dörfer geplündert, niedergebrannt und große Teile ihrer Bevölkerung vor Ort oder in der Rotunde ermordet. Seit Herbst 1943 ließ die SS die Massengräber um die Rotunde öffnen und die Leichen verbrennen. Später, ab Mai 1944 verbrannte das vor allem aus jüdischen Zwangsarbeitern bestehende mobile SS-Sonderkommando 1005a Leichen aus den Massengräbern der ganzen Umgebung. Bevor die deutschen Besatzer abzogen, ermordeten sie am 20./21. Juli 1944 150 Gefangene des örtlichen Gefängnisses in der Rotunde von Zamość.

Opfergruppen

Im Gebiet von Zamość wurden im Rahmen der »Aktion Zamosc« etwa 110.000 Polen, darunter 30.000 Kinder, aus 297 Dörfern ab November 1942 gefangen genommen, zur Zwangsarbeit bestimmt oder ermordet. Etwa 4.500 Kinder wurden nach rassischen Kriterien ausgewählt, und zur Zwangsgermanisierung ins Deutsche Reich geschickt. Viele der während der »Aktion Zamosc« Festgenommenen wurden bei Massenerschießungen in der Rotunde ermordet, genauso wie 1943, als die umliegenden Dörfer zerstört wurden. Insgesamt etwa 6.000 bis 8.000 Menschen sind während der deutschen Besatzung in der Rotunde ermordet worden.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Nach dem Abzug der deutschen Besatzer wurde das Gelände mit Hilfe von Gerichtsmedizinern untersucht. Ein Teil der Opfer konnte nach der Exhumierung identifiziert werden. Ein Ende August 1944 gegründetes Komitee zum Bau eines Denkmals stellte Beweismaterialien über die in der Rotunde begangenen Verbrechen zusammen. Seit 1947 ist die Rotunde mit dem direkt davor angelegten Friedhof ein Gedenkort. In verschiedenen Gemeinschaftsgräbern liegen dort in der Rotunde Ermordete, aber auch polnische Soldaten, die im Herbst 1939 gefallen sind, Soldaten der Roten Armee aus Kriegsgefangenenlagern sowie 450 ermordete Juden. An der Außenmauer sind die Namen von Bewohnern der Gegend angebracht, die in deutschen Gefängnissen und Lagern umgekommen sind. In den 19 Zellen der Rotunde befinden sich Informationstafeln und kleine Ausstellungen.
In der Rotunde wird auch der Opfer sowjetischen Terrors gedacht: Auf dem Hof steht ein Kreuz mit der Aufschrift »Katyń« in Erinnerung an die Opfer des sowjetischen Massakers an polnischen Offizieren im Herbst 1940. Es wurde von Angehörigen der Opfer Mitte der 1990er Jahre angebracht. Auf dem Friedhof der Rotunde wurden zudem 1990 20 Opfer der sowjetischen Besatzung, die sich zuvor bei einem im Wald nahe Zamość befanden, begraben.

Angebote

Ausstellung

Öffnungszeiten

April bis 2. November 07.00 bis 20.00, 3. November bis März 07.00 bis 15.00

Kontakt

http://muzeum-zamojskie.pl/418

biuro@muzeum-zamojskie.pl

+48 (0)84 638 64 94

Droga Męczenników Rotundy
22-400 Zamość