Die Neue Synagoge und Erinnerung an die Opfer des Holocaust in Szeged

Az Új Zsinagóga és a vészkorszak áldozatainak emlékezete Szegeden


Mehrere Denkmäler erinnern in der ungarischen Großstadt Szeged an die im Holocaust ermordeten Juden der Stadt.

Geschichte

Die Universitätsstadt Szeged (deutsch: Szegedin), im Dreiländereck mit Serbien und Rumänien am Ufer der Theiß gelegen, ist die drittgrößte Stadt Ungarns. Juden lebten hier seit dem Mittelalter, die Jüdische Kultusgemeinde wurde am Ende der 1780er Jahre gegründet. Die erste Synagoge in Szeged wurde 1804 eingeweiht, da aber die jüdische Gemeinde stark wuchs, war bald eine größere Synagoge nötig. 1843 wurde eine orthodoxe Synagoge (später: Alte Synagoge) geweiht. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dominierte in Szeged die reformorientierte neologe Gemeinde, deren Mitglieder den Weg der Assimilierung wählten und sich stark mit Ungarn identifizierten. Die neologe Gemeinde eröffnete ihre prunkvolle Neue Synagoge 1903. Insgesamt lebten 1908 fast 7.000 Juden in Szeged, was einem Anteil von 5,8 Prozent der Gesamtbevölkerung entsprach.
Zwischen den beiden Weltkriegen nahm der Antisemitismus in Szeged stark zu. Mit der Einführung von antijüdischen Gesetzen wurden Juden immer stärker aus dem öffentlichen Leben gedrängt. Nach Ungarns Eintritt in den Zweiten Weltkrieg mussten viele jüdische Männer bei der Armee Zwangsarbeit leisten.
Am 19. März 1944 wurde Ungarn von deutschen Truppen besetzt. In der Hoffnung, der Verfolgung entgehen zu können, traten in den darauffolgenden Wochen etwa 180 Juden zum Christentum über. Anfang Mai entstanden Pläne, die Juden von Szeged in Ghettos zu sperren. Wie überall im Land arbeiteten die deutschen Stellen und die ungarischen Behörden auch in Szeged bei der Vorbereitung der Deportation der Juden intensiv zusammen. In Szeged wurden zwei Ghettos eingerichtet: ein großes für etwa 3.800 Juden jüdischer Religion, und ein kleineres für etwa 500 Christen, die nach den Rassegesetzen ebenfalls als Juden galten. Am 20. Juni mussten die Einwohner beider Ghettos in ein Sammellager umziehen, in dem insgesamt 4.800 Menschen zusammengepfercht waren. Am 25. Juni fuhr der erste Transport in Richtung Auschwitz-Birkenau. Es folgten weitere Züge.

Opfergruppen

Zwischen 1941 und 1945 kamen etwa 600 jüdische Männer aus Szeged während der Zwangsarbeit bei der ungarischen Armee um.
Mit dem ersten Deportationstransport wurden 3.200 Juden aus dem Ghetto ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau verschleppt. Die meisten von ihnen ermordete die SS sofort nach ihrer Ankunft in Gaskammern, die Überlebenden der Selektion mussten Zwangsarbeit leisten.
Einige Waggons des am 27. Juni 1944 losgefahrenen zweiten Zuges wurden aus nie genau geklärten Gründen abgekoppelt und nach Strasshof in der Nähe von Wien weitergeschickt. Dank dieser Rettungsaktion, die vermutlich auf den Zionisten Rudolf (Rezső) Kasztner (1906–1957) zurückging, wurden 2.737 Juden vor dem Vernichtungslager gerettet. Die meisten von ihnen überlebten den Krieg.
Die Zahl der jüdischen Opfer aus Szeged liegt schätzungsweise bei 2.500, fast die Hälfte der gesamten jüdischen Gemeinde.

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Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg und dem Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Doppelmonarchie musste Ungarn 1920 zwei Drittel seines Staatsgebietes und sechzig Prozent seiner Bevölkerung an seine Nachbarstaaten abtreten. Diese Verluste traumatisierten das Land und führten dazu, dass sich Ungarn unter seinem Staatschef Nikolaus von (Miklós) Horthy (1868–1957) ab 1937 allmählich dem nationalsozialistischen Deutschen Reich annäherte. Es gelang Ungarn in mehreren Schritten, sein Staatsgebiet zwischen 1938 und 1941 fast zu verdoppeln. Im März 1944 war das Land angesichts der vorrückenden Roten Armee kurz davor, sich von Deutschland abzuwenden und wurde deshalb von der Wehrmacht besetzt. Horthy blieb zunächst Staatsoberhaupt. Unter Mithilfe der ungarischen Verwaltung begann die SS beinahe sofort mit Deportationen von Juden in das Vernichtungslager Auschwitz, die Ungarn trotz antijüdischer Gesetze zuvor noch verweigert hatte. Von den etwa 825.000 Juden aus »Groß-Ungarn« wurden weit über eine halbe Million Menschen dort ermordet, allein bis zu 300.000 kamen aus den Regionen des heutigen Ungarn. Darüber hinaus fanden um die 140.000 Soldaten sowie etwa 170.000 nichtjüdische Zivilisten den Tod. Nach 1945 war Ungarn Teil der sowjetischen Einflusssphäre. Bis 1989 erinnerte das offizielle Ungarn nicht an den Krieg, sondern an sein Ende – als »Befreiung vom Faschismus«. Die Mehrheit der Bevölkerung dagegen empfand das Jahr 1945 als Beginn einer langen Unterdrückung. Der niedergeschlagene Volksaufstand von 1956 hat die Erinnerungen vieler Ungarn an den Zweiten Weltkrieg überdeckt. Der Krieg galt fortan als unrühmliche Vorgeschichte zum Leiden unter kommunistischer Herrschaft. Unterdessen zelebrierten zahlreiche staatliche Denkmäler die »ungarisch-sowjetische Freundschaft«. Zu kommunistischer Zeit wurde offiziell kaum an die Menschen erinnert, die während des Krieges an der Front, in der Heimat und während des Völkermordes umgekommen waren. Orte des Gedenkens an den Holocaust existierten außerhalb von jüdischen Institutionen nicht; allein das 1932 eingeweihte Jüdische Museum Budapest wurde bereits 1947 wiedereröffnet. 1985 richtete die jüdische Gemeinde Budapest neben der großen, am Rande des ehemaligen Ghettos stehenden Synagoge einen »Raoul-Wallenberg-Gedenkpark« ein. 1987, in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Reise des kommunistischen Staatschefs János Kádár (1912–1989) nach Schweden, entstand schließlich ein staatliches Denkmal für Wallenberg (*1912–?), der als schwedischer Gesandter Tausenden Budapester Juden das Leben rettete, 1945 von der sowjetischen Besatzungsmacht verschleppt wurde und seither verschollen ist. Dieses Denkmal markierte einen Wendepunkt nach einem jahrzehntelangen Verschweigen des Holocaust. Erst zur Jahrtausendwende entstanden in ganz Ungarn zahlreiche Holocaustdenkmäler und -gedenkstätten. Hierzu gehört das Denkmal »Schuhe am Donauufer« in Budapest, das am 16. April 2005 – dem 2000 eingeführten ungarischen Holocaustgedenktag – eingeweiht wurde. Es erinnert an die Ermordung von bis zu 20.000 Juden aus dem Budapester Ghetto im Januar 1945 durch »Pfeilkreuzler«, Angehörige einer rechtsradikalen Partei, die am 15. Oktober 1944 die Macht in Ungarn übernommen hatte. Ein nationales Holocaustmuseum wurde 2004 in der Hauptstadt eröffnet. Erinnerungszeichen für andere Opfer gibt es bislang allerdings kaum. Sinnbildhaft für den Umgang des postkommunistischen Ungarn mit seiner Vergangenheit im 20. Jahrhundert ist das viel diskutierte »Haus des Terrors«, das – 2002 im Zentrum Budapests eröffnet – die Geschichte »beider totalitärer Diktaturen« behandelt. Die Mitwirkung von Ungarn bei der Deportation ihrer jüdischen Mitbürger tritt dabei oft in den Hintergrund.

Erinnerung

Während des Holocaust wurde fast die Hälfte der in der Region Szeged lebenden Juden ermordet. Trotz dieser Verluste haben Überlebende bereits 1945 angefangen, die Gemeinde wieder aufzubauen. 1949 zählte die jüdische Gemeinde von Szeged etwa 1.800 Mitglieder. Auch andere wichtige jüdische Einrichtungen wie die Grundschule nahmen ihre Arbeit wieder auf. Die Gemeinde ist bis heute eine der aktivsten in Ungarn.
An die jüdische Geschichte Szegeds erinnern vor allem die Synagogen. Die 1843 geweihte orthodoxe Alte Synagoge gilt heute mit ihrem klassizistischen Stil als eines der schönsten Baudenkmäler der Stadt. Es wird für kulturelle Zwecke benutzt.
Die 1903 nach den Plänen von Leopold (Lipót) Baumhorn (1860–1932) im Jugendstil errichtete Neue Synagoge ist eine der größten Synagogen weltweit. An einer Mauer im Inneren der Synagoge wurde 1948 die erste Gedenktafel für 2.400 namentlich bekannte Opfer eingeweiht.
Jahrzehntelang nahmen an den Gedenktagen für die Opfer des Holocaust fast ausschließlich Mitglieder der jüdischen Gemeinde teil. Das änderte sich ab 1989, als an Gedenkveranstaltungen zunehmend auch offizielle Vertreter der Stadt teilnahmen. 2004 wurde am ehemaligen Standort des Eingangs zum Ghetto ein Denkmal in Form eines Obelisken eingeweiht, dessen Sockel einen Davidstern darstellt.
2014 wurde im Hof der Neuen Synagoge eine große Menora in Erinnerung an die ermordeten Juden aus Szeged eingeweiht. Die Inschrift auf den Armen der Menora lautet: »›Sie wurden durch den Hass getötet, ihre Erinnerung wird bewahrt durch die Liebe‹ – Lass diese Leuchte die Erinnerung jener bewahren, die als ungarische Juden aus Szeged verschleppt wurden und niemals zurückkehren konnten«.
Im selben Jahr wurde im Auftrag des katholischen Bistums ein umstrittenes Denkmal vor der Kathedrale eingeweiht. Es stellt die beiden Religionen Judentum und Christentum als zwei Brüder da. Während der ältere, jüdische Bruder, aus dem Boot ins Wasser fällt, betet der christliche Bruder verzweifelt zu Gott, anstatt dem Bruder zur Hilfe zu kommen.

Angebote

Führungen auf Ungarisch und Englisch auf Anfrage.

Öffnungszeiten

Öffnungszeiten der Neuen Synagoge:
April bis September 9.00 bis 12.00 und 13.00 bis 17.00,
Oktober bis März 10.00 bis 15.00
Samstags geschlossen.

Kontakt

http://www.szzsh.hu

elnok1947@szzsh.hu

+36 (0)62 423 849