Denkmale zur Erinnerung an die ermordeten Juden in Kertsch

Пам'ятники жертвам Голокосту в Керчі


In der Stadt Kertsch auf der Halbinsel Krim erinnern mehrere Denkmäler an etwa 7.000 Juden der Stadt und aus der näheren Umgebung, die 1941/42 von deutschen SS-Einsatzgruppen erschossen wurden.

Geschichte

In der Großstadt Kertsch auf der Ostseite der Halbinsel Krim lebten vor dem Zweiten Weltkrieg mehr als 5.000 Juden, etwas mehr als 5% der Bevölkerung. Nach dem Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 nahmen deutsche Truppen am 16. November 1941 Kertsch ein, kurz zuvor verließen etwa 3.000 Juden die Stadt. Der Wehrmacht folgte das SS-Sonderkommando (Sk) 10b. Gleich nach ihrer Ankunft begann die SS gegen Juden vorzugehen. Zwischen dem 1. und 3. Dezember 1941 erschossen die Männer des Sonderkommandos 10b etwa 2.500 Juden an einem Panzerabwehrgraben außerhalb der Stadt. Fast alle übrigen jüdischen Männer, Frauen und Kinder wurden bis zum Ende des Monats ermordet. Nach einer erfolgreichen Landung auf der Krim eroberte die Rote Armee Kertsch am 30. Dezember 1941 kurzzeitig zurück. Nach heftigen Kämpfen vertrieb die deutsche Wehrmacht im Mai 1942 die sowjetischen Truppen erneut und nahm die Stadt am 23. Mai ein weiteres Mal ein. In den folgenden Wochen tötete die SS die verbliebenen Juden, vor allem Krimtschaken. Krimtschaken waren eine ethnische Minderheit jüdischen Glaubens, die eine eigene krim-tatarische Sprache hatte. Die deutschen Besatzer waren zunächst unentschlossen, ob sie auch die Krimtschaken als Juden ansehen sollten. Der Ende 1941 aus Berlin erteilte Befehl an die SS-Einsatzgruppe lautete, die Krimtschaken zu den Juden zu zählen und dementsprechend zu ermorden.
Kertsch wurde am 11. April 1944 durch die Rote Armee befreit.

Opfergruppen

Insgesamt wurden in Kertsch etwa 7.000 Juden aus der Stadt und der näheren Umgebung von Angehörigen der SS-Einsatzgruppen ermordet. Auf der gesamten Halbinsel Krim erschossen SS-Männer etwa 5.500 Krimtschaken.

Erfahre mehr über Ukraine

Die Ukraine, die zweitgrößte Republik der ehemaligen Sowjetunion, war einer der Hauptschauplätze des Zweiten Weltkriegs und des Holocaust. Die Zahl der ukrainischen Todesopfer wird auf fünf bis sechs Millionen Menschen geschätzt, darunter Hunderttausende Juden. Mitte September 1939, nach der sowjetischen Besetzung Ostpolens entsprechend einem deutsch-sowjetischen Geheimabkommen – dem Hitler-Stalin-Pakt –, kamen die südöstlichen Regionen Polens zur Sowjetukraine. Repressionen gegen die einheimische Bevölkerung gehörten fortan zum Alltag. Im Sommer 1941 traf der deutsche Angriff auf die Sowjetunion zunächst genau diese Gebiete. Schon in den ersten Tagen wurde die jüdische Bevölkerung als angebliche Stütze der Sowjetmacht Ziel blutiger Übergriffe. Sie gingen häufig von national gesinnten Ukrainern aus, die den Vormarsch der Wehrmacht zunächst begrüßten. Bald darauf begannen deutsche SS-Einsatzgruppen und verbündete rumänische Einheiten mit Massenerschießungen von Juden. Die Schlucht von Babij Jar (ukrainisch Babyn Jar) nahe Kiew, wo deutsche Einheiten und ukrainische Miliz an zwei Tagen im September 1941 mehr als 33.700 Juden ermordeten, ist heute ein weltweites Symbol für den Völkermord an den Juden. Auch die nichtjüdische Bevölkerung geriet ins Visier der Verfolger. In der nationalsozialistischen Rassenideologie galten Ukrainer wie alle »Slawen« als »Untermenschen«. Die Besatzer plünderten das Land, verschleppten weit über eine Million Zivilisten zur Zwangsarbeit und verübten öffentliche Geiselmorde. Ab 1943 tobte nicht nur ein Partisanenkrieg gegen die Wehrmacht, sondern auch der Kampf der nationalistischen »Ukrajinska Powstanska Armija« (Ukrainische Aufstandsarmee = UPA) gegen die Sowjets und die polnische Bevölkerung der Westukraine. Weit über 100.000 Polen fanden hierbei den Tod. 1944 wurde die Ukraine wieder sowjetisch und umfasst seitdem auch ehemals ostpolnische Regionen. Die UPA setzte ihren Kampf bis Mitte der 1950er Jahre fort. Die sowjetischen Behörden verschleppten rund 300.000 Ukrainer nach Sibirien, um diesen Widerstand zu brechen. Die Gedenkkultur war an der sowjetischen Symbolsprache ausgerichtet. Es entstanden monumentale Gedenkanlagen zur Feier des »Sieges« im Großen Vaterländischen Krieg. Erst in jüngerer Zeit trat neben die Heldenverehrung auch das Opfergedenken. In der Westukraine hat sich zudem eine Erinnerungskultur an den Kampf der UPA entwickelt, der als Unabhängigkeitskampf interpretiert wird. Eine Aufarbeitung der Kollaboration mit den deutschen Besatzern und des Antisemitismus hat erst um 2000 begonnen. Die Massenerschießungen an Juden wurden, mit wenigen Ausnahmen, bis in die 1980er Jahre übergangen. Erst die Regierung der unabhängigen Ukraine erkannte 1991 Babyn Jar als »Symbol jüdischen Märtyrertums« an. Die Ukraine war auch lange nach der Erlangung der Unabhängigkeit auf der Suche nach ihrer eigenen Identität. Die Dokumentation der sowjetischen Verbrechen – wie die staatlich herbeigeführte Hungerkatastrophe 1932/33 mit Millionen Toten (Holodomor) – hat größere Bedeutung als die Aufklärung über den Holocaust. Dennoch entstanden überall im Land neue Gedenkorte in Erinnerung an die ermordeten Juden, wie etwa die Gedenkstätte Drobizkij Jar in Charkiw oder das Holocaustmuseum in Odessa. An zahlreichen Massengräbern entstanden neue Denkmäler, teils mit Unterstützung aus Deutschland. In Kiew sollte bei der ehemaligen Massenerschießungsstätte Babyn Jar eine große Holocaustgedenkstätte mit weltweiter Ausstrahlung entstehen. Diese Pläne wurden mit dem großangelegten russischen Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 auf Eis gelegt. Welche Auswirkungen der Verteidigungskrieg in Zukunft auf die Holocausterinnerung haben wird, bleibt abzuwarten.

Erinnerung

In Kertsch wurde 1976 am Ort einer Massenerschießung, dem ehemaligen Bagerowsgo-Panzergraben, ein Denkmal zur Erinnerung an die ermordeten Juden eingeweiht. Ein weiteres Denkmal wurde 1991 ebenfalls am Ort einer Massenerschießung, einem anderen ehemaligen Panzergraben, aufgestellt. Die jüdische Gemeinde errichtete 2010 erstmals ein eigenes Denkmal, zudem betreibt sie ein Jüdisches Museum in der Stadt. In Kertsch befinden sich weitere Denkmäler, vor allem für die Rotarmisten, die die Stadt zweimal von der Wehrmacht zurückeroberten.
2014 wurde Kertsch zusammen mit der Halbinsel Krim von der Russischen Föderation völkerrechtswidrig annektiert.

Kontakt

+380 (0)806561 62387


98300 Kertsch