Denkmal Umschlagplatz

Pomnik Umschlagplatz


In der polnischen Hauptstadt Warschau befand sich seit Herbst 1940 bis Sommer 1943 das größte Ghetto im nationalsozialistisch besetzten Europa. Seit 1988 erinnert ein Denkmal an die Hunderttausenden, die vom »Umschlagplatz« aus ins Vernichtungslager Treblinka deportiert und dort ermordet wurden.

Geschichte

Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Warschau 350.000 Juden. Nach dem Angriff auf Polen besetzte die deutsche Wehrmacht Ende September 1939 die Stadt.
Im Oktober 1940 richteten die deutschen Besatzungsbehörden das Warschauer Ghetto ein. Alle Juden aus Warschau und Umgebung, etwa 410.000 Menschen, mussten hier auf engstem Raum zusammengepfercht leben. Für die Ausführung der deutschen Befehle und zur Verwaltung des Ghettos ließen die Besatzer einen »Judenrat« bilden, an dessen Spitze der Ingenieur Adam Czerniaków stand.
1942 begann die systematische Ermordung der jüdischen Bevölkerung im Generalgouvernement, zu dem auch Warschau gehörte. Am 22. Juli 1942 erhielt Czernaków die Anweisung, täglich eine Liste mit den Namen tausender Menschen zusammenzustellen, die deportiert werden sollten. Während im Ghetto noch weitgehend Unklarheit darüber herrschte, was die auf Plakaten verkündete »Aussiedlung nach dem Osten« bedeutete, war Czernaków bewusst, dass die Deportierten ermordet werden würden. Am 23. Juli nahm er sich das Leben.
Bis Mitte September 1942 verschleppte die SS täglich bis zu 7.000 Juden in das Vernichtungslager Treblinka. Bei den Deportationen halfen deutsche Ordnungspolizisten und die jüdische Ghettopolizei mit. Die Transporte gingen in völlig überfüllten Güterwaggons vom »Umschlagplatz« ab, einem abgesonderten Bereich des Güterbahnhofs am Nordrand des Ghettos.

Opfergruppen

Neben Warschauer Juden verschleppten die deutschen Behörden etwa 50.000 Juden aus dem Warschauer Umland, tausende Juden aus Böhmen, dem deutschen Reichsgebiet und mehrere Gruppen von Sinti und Roma aus Rumänien, Bulgarien und Ungarn in das Ghetto.
Während der »Großen Aktion«, den systematischen Deportationen vom Sommer 1942, wurden nach Statistiken des Judenrats 254.000 Juden am »Umschlagplatz« in Güterwaggons gepfercht und in das Vernichtungslager Treblinka verschleppt.
Nach den Massendeportationen vom Sommer 1942 blieben vor allem junge, arbeitsfähige Juden im Ghetto. Nach der Niederschlagung des Ghettoaufstands im Mai 1943 deportierte die SS fast alle Überlebenden: etwa 7.000 nach Treblinka und über 40.000 in diverse Arbeitslager im Distrikt Lublin.
Von den etwa 500.000 Juden im Warschauer Ghetto erlebten nur einige tausend das Kriegsende.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

1988, am 45. Jahrestag des Warschauer Ghettoaufstandes wurde das »Denkmal Umschlagplatz« eingeweiht. Es stammt von der Architektin Hanna Szmalenberg und dem Bildhauer Władysław Klamerus und befindet sich an der Stelle des ehemaligen Umschlagplatzes, der im Stadtbild nicht mehr sichtbar ist: Den Güterbahnhof, von dem aus die Deportationszüge nach Treblinka fuhren, gibt es nicht mehr. Das Denkmal besteht aus einer Mauer, die einen kleinen Raum umgibt. Hunderte, in die Wand eingravierte Vornamen erinnern an die Opfer. Hebräische und jiddische Zitate sowie Inschriften in mehreren Sprachen zur Geschichte des Ortes ergänzen das Bild.
Das Denkmal ist durch den »Gedenkweg jüdischen Märtyrertums und Kampfes« mit dem Denkmal für die Ghettohelden, dem anderen zentralen Denkmal auf dem ehemaligen Ghettogelände, verbunden. 19 Gedenksteine erinnern an einzelne Personen aus dem Warschauer Ghetto. Ein solcher Stein ist beispielsweise dem Pädagogen Janusz Korczak gewidmet, der den 192 Waisenkindern unter seiner Obhut bis zum gemeinsamen Tod in den Gaskammern von Treblinka nicht von der Seite wich.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

ul. Stawki 10
00-193 Warszawa