Denkmal für die Opfer des Nazismus auf dem jüdischen Friedhof

Spomenik žrtvama nacizma na Jevrejskom groblju


Auf dem jüdischen Friedhof in Belgrad erinnert seit Beginn der 1950er Jahre ein Denkmal an die über 9.000 Belgrader Juden, die ab 1941 von der deutschen Wehrmacht und der SS ermordet oder in Lager verschleppt wurden.

Geschichte

In der serbischen Hauptstadt Belgrad lebten 1941 über 9.000 Juden. Nach dem Angriff der deutschen Wehrmacht und ihrer Verbündeten auf Jugoslawien im April 1941 wurde das Land zerschlagen und unter den Besatzern aufgeteilt. Die Wehrmacht besetzte das serbische Kernland. Sofort gingen die deutschen Besatzungsbehörden gegen Juden vor: Sie wurden vom öffentlichen Leben Schritt für Schritt ausgegrenzt, mussten sich registrieren lassen und eine Kennzeichnung an der Kleidung tragen. Nachdem sich im Sommer 1941 Widerstand gegen die Wehrmacht formierte, nahmen die Deutschen dies zum Anlass, an den Juden »Vergeltung« zu üben: Für jeden getöteten deutschen Soldaten erschossen Wehrmachtsangehörige hundert serbische Männer, für jeden verletzten fünfzig Serben – für die »Vergeltung« wählten die Besatzer vorzugsweise jüdische Männer aus. Jüdische Frauen und Kinder blieben von den Erschießungsaktionen zunächst verschont. Sie wurden jedoch im Winter 1941 in verschiedene Lager deportiert, vor allem in das »Judenlager Semlin« auf dem Belgrader Messegelände (serbisch: Sajmište). Anfang 1942 schickte das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) einen Gaswagen nach Belgrad. In diesem Wagen wurden die etwa 6.500 Häftlinge des Lagers Semlin nach und nach mit Motorabgasen erstickt. Der Großteil von ihnen waren jüdische Frauen und Kinder. Im Sommer 1942 meldete der Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD (BdS) Schäfer an seine Vorgesetzten im RSHA in Berlin: »Serbien ist judenfrei.«

Opfergruppen

Von den über 9.000 Belgrader Juden überlebten nur sehr wenige. In ganz Serbien lebten vor dem Krieg etwa 12.500 Juden, bis auf etwa 2.000 wurden alle jüdischen Männer, Frauen und Kinder von deutschen Einheiten ermordet.

Erfahre mehr über Serbien

Nach dem Ersten Weltkrieg ging das Königreich Serbien im gemeinsamen Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen auf, das 1929 von Alexander I. (1888–1934) aus der serbischen Königsfamilie Karađorđević in eine – meist von serbischen Offizieren gestützte – Diktatur umgewandelt wurde und den Namen Jugoslawien erhielt. Im April 1941 wurde dieser Staat von deutschen Truppen und ihren italienischen, ungarischen und bulgarischen Verbündeten erobert und in einzelne annektierte, besetzte und scheinsouveräne Gebiete zerschlagen. Die serbische Batschka fiel an Ungarn und Südserbien an Bulgarien, während die übrigen serbischen Landesteile unter deutsche Besatzung gerieten. Der Widerstand wurde von der Kommunistischen Partei Jugoslawiens (Partisanen) und von königstreuen serbischen Milizen (Tschetniks) unter General Dragoljub Mihailović (1893–1946) getragen; beide Gruppen bekämpften sich auch gegenseitig. Ab Herbst 1941 weitete die deutsche Militärverwaltung ihren Kampf gegen den Untergrund zu einem regelrechten Krieg gegen die Zivilbevölkerung aus. Für jeden getöteten deutschen Soldaten sollten hundert, für jeden verwundeten fünfzig Serben ermordet werden. Binnen weniger Wochen erschossen Angehörige der Wehrmacht als »Vergeltung« nahezu alle jüdischen Männer und Tausende männliche Roma. Auch der kommunistische Widerstand in Serbien wurde zerschlagen oder vertrieben, so dass sich fortan die Tschetniks allein gegen die Fremdherrschaft zur Wehr setzten. Im Oktober 1944 marschierten die Rote Armee und in deren Windschatten Einheiten der »Volksbefreiungsarmee« unter Führung von Marschall Josip Broz Tito (1892–1980) in Serbien ein. Das Gebiet wurde eine von sechs Teilrepubliken im neuen Bundesstaat Jugoslawien. Tito wurde kommunistischer Staatschef und ließ Zehntausende früherer Gegner und Zivilisten – darunter Tschetniks – verfolgen und ermorden. Die staatliche Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg wurde vom Partisanenkampf geprägt; überall entstanden entsprechende Denkmäler, ebenso an Orten von Massenerschießungen von Zivilisten wie Kragujevac. Zugleich nutzte Tito dieses Gedenken, um Gegensätze zwischen den einzelnen Völkern Jugoslawiens, zwischen verschiedenen Formen des Widerstands, des Terrors und der Kollaboration zu überdecken. Die Erinnerung an die Opfer des Holocaust und des Massenmordes an Roma weist immer noch Lücken auf. Nach dem Tod Titos, besonders von 1989 bis 2000 unter Präsident Slobodan Milošević (1941–2006), wandte sich die Erinnerung in Serbien vom »Kroaten« Tito ab; ihm und seinen kommunistischen Partisanen gewidmete Denkmäler wurden abgeräumt, Straßen umbenannt. Statt dessen erlebten die seit 1944/45 geächteten königstreuen Tschetniks und ihr Anführer Mihailović eine starke Aufwertung. Noch während der Auflösung Jugoslawiens begann die serbisch dominierte Jugoslawische Volksarmee im Sommer 1991 einen Krieg gegen Kroatien, der bis Ende 1995 andauerte. Dabei wurde auch die dortige Gedenkstätte Jasenovac durch serbische Einheiten besetzt und stark beschädigt, das Museum geplündert. Im Januar 2009 fand das erste von Serben organisierte Seminar zur Geschichte des Holocaust statt. Diese Veranstaltung stand im Zusammenhang mit einer Feier, bei der Christen und Juden des Massakers an mindestens 3.775 Juden, Roma und Serben Ende Januar 1942 durch ungarische Einheiten in Neusatz (Novi Sad) gedachten. Der wichtigste authentische Ort des Holocaust in Serbien ist das ehemalige Messegelände Sajmište in Belgrad, wo 1942 bis zu 7.500 Juden mit Motorabgasen ermordet worden waren und später das »Anhaltelager Semlin« stand. 2020 beschloss das serbische Parlament, auf dem verfallenden Gelände eine angemessene Gedenkstätte einzurichten.

Erinnerung

Zu Beginn der 1950er Jahre erhielt der Belgrader Architekt Bogdan Bogdanović von der jüdischen Gemeinde Belgrads den Auftrag, ein Denkmal für die Opfer des Holocaust auf dem sephardischen Friedhof zu entwerfen. Das etwa zehn Meter hohe »Denkmal für die jüdischen Opfer des Faschismus« wurde 1952 auf dem Friedhof eingeweiht. An den beiden Flügeln sind ein hebräisches Zitat und ein Davidstern angebracht, zwischen den beiden Flügeln steht eine Menoraskulptur. Das Denkmal auf dem jüdischen Friedhof in Belgrad ist eines der ersten und eines der wenigen Denkmäler, die bereits zu Zeiten des sozialistischen Jugoslawien an die jüdischen Opfer des Holocaust erinnerten. Die jugoslawische Erinnerungskultur war bis in die 1990er Jahre vielmehr vom Gedenken an den Partisanenkampf und der Verehrung kommunistischer Widerstandskämpfer geprägt.

Öffnungszeiten

Der Friedhof ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

Mije Kovačevića 1
11000 Belgrad