Denkmal für die Deportierten und den XX. Konvoi

Herdenkingsmonument voor de gedeporteerden en de XX. Konvoi


Im Bahnhof der Gemeinde Boortmeerbeek in der Provinz Flämisch-Brabant erinnert ein Denkmalensemble an die Opfer der Deportationen aus Belgien und die Helden des Angriffs auf den »XX. Konvoi«.

Geschichte

Ausgangsort für die Deportation von Juden aus Belgien war die Kaserne Dossin in Mechelen (französisch: Malines). Insgesamt etwa 25.000 Juden und 350 Sinti und Roma verschleppten die deutsche Sicherheitspolizei und ihre belgische Helfer aus dem seit 1940 besetzten Land; die meisten Züge fuhren nach Auschwitz. Alle Deportationszüge passierten die kleine Gemeinde Boortmeerbeek. Am 19. April 1943 fuhr der zwanzigste Konvoi ab, er wurde jedoch von drei jungen Widerstandskämpfern in einer Kurve drei Kilometer vor dem Bahnhof Boortmeerbeek angehalten. Zum Pech für die Angreifer war der Zug zum ersten Mal aus Viehwagen zusammengesetzt und insgesamt besser überwacht als frühere Transporte, aus denen immer wieder Menschen fliehen konnten. Den Angreifern gelang es trotz der feuernden Wachen die Tür eines Wagens zu öffnen und 17 Juden zur Flucht zu verhelfen. Vor der deutschen Grenze gelang 214 weiteren Gefangenen aus eigener Kraft die Flucht. 23 von ihnen wurden von der Wachmannschaft beim Fluchtversuch erschossen. Obwohl 87 Flüchtlinge des Transports wieder verhaftet und nach Auschwitz verschleppt wurden, konnten sich die anderen verstecken und überlebten.
Die drei jungen und unerfahrenen Widerstandskämpfer kannten sich aus der Schulzeit. Ihr Anführer war der jüdische Arzt Youra Livschitz. Sie handelten auf eigene Faust, da ihr Plan vom Widerstand als zu waghalsig und gefährlich abgelehnt wurde. Nach dem Überfall konnten sie zunächst fliehen, wurden aber später denunziert. Nach seiner ersten Verhaftung konnte Livschitz noch aus der Haft fliehen, er wurde jedoch ein zweites Mal verraten und im Februar 1944 erschossen. Der Kommunist Robert Maistrau wurde später verhaftet. Er überlebte die Haft in den Konzentrationslagern Buchenwald und Bergen-Belsen. Das dritte Mitglied der Gruppe Jean Franklemon, ebenfalls Kommunist, überlebte die Haft im KZ Sachsenhausen. Diese drei Widerstandskämpfer verübten den einzigen bekannten Angriff auf einen Deportationszug überhaupt.

Opfergruppen

Die Gedenktafel erinnert laut Inschrift an die 24.906 Juden und 351 Sinti und Roma, die auf der gegenüberstehenden Eisenbahnstrecke in 28 Transporten in Richtung Osteuropa deportiert wurden. Von ihnen überlebten nur 1.205. Sie beschreibt auch die einzigartige Tat der drei Widerstandskämpfer, die den XX. Konvoi anhielten und Juden zur Flucht verhalfen.

Erfahre mehr über Belgien

Das neutrale Belgien wurde im Mai 1940 angegriffen und stand fortan unter deutscher Militärverwaltung. Das deutschsprachige Gebiet um Eupen-Malmedy im Osten Belgiens wurde Teil des Deutschen Reiches. Damals lebten etwa 90.000 Juden im Land, darunter viele Flüchtlinge. Im Oktober 1940 wurden die ersten antijüdischen Verordnungen erlassen. Die Verfolgungs- und Beraubungspolitik der Besatzungsmacht mündete 1942 in die Vorbereitung systematischer Deportationen. Nachdem nur wenige Juden den Aufrufen zu angeblichen Zwangsarbeitseinsätzen folgten, führte der SS- und Polizeiapparat Razzien durch. Nach einem Aufenthalt im Zwischenlager Mechelen wurden die Verhafteten in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt und dort sofort ermordet. Insgesamt fielen etwa 25.000 Juden und mehr als 350 Roma aus Belgien den Deportationen zum Opfer. Die Festung Breendonk bei Antwerpen diente ab September 1940 als Gefängnis, Auffang- und Durchgangslager, von wo vor allem politische Gegner der nationalsozialistischen Besatzer in deutsche Konzentrationslager transportiert wurden. Ende 1944 kam es im Rahmen der Ardennenoffensive im Südosten des Landes – in Lüttich und der Gegend um Malmedy – zu weitreichenden Zerstörungen mit zahlreichen zivilen Opfern, als deutsche Truppen erfolglos versuchten, die bereits bis Aachen vorgerückten Alliierten aufzuhalten. Etwa 90.000 Belgier wurden Opfer von Krieg und Besatzung. Die Mehrzahl der jüdischen Bevölkerung konnte dank der Hilfe nichtjüdischer Belgier überleben. Die belgische Gedenkkultur war und ist – entsprechend der politischen Struktur des Landes – mehrfach gespalten: Im französischsprachigen, wallonischen Landesteil ging lange eine verbreitete Überbewertung des Widerstandes mit der einseitigen Wahrnehmung Flanderns als »schwarz«. Dort wiederum beschönigten viele die Zusammenarbeit mit den deutschen Besatzern als Kampf für die vom belgischen Staat verfolgte flämische Nation. Die Verfolgung der Juden wurde verdrängt, ein Gedenken lediglich von der jüdischen Gemeinschaft aufrechterhalten. Seit den 1980er Jahren setzten sich an belgischen Gedenkorten jene Darstellungen durch, die nicht nur die flämische, sondern auch die wallonische Kollaboration zeigten und sowohl Widerstand als auch Unterdrückung zum Thema machten. Bei der Eröffnung des jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseums im flandrischen Mechelen im Jahr 1995 wurde deutlich, dass die von jüdischen und nichtjüdischen Belgiern geteilte Lagererfahrung eine Brücke zwischen den unterschiedlichen Erinnerungen schafft. Die gleichberechtigte Existenz verschiedener Gedenkstätten wie zum Beispiel der Stätte des nationalen Widerstands in Breendonk und des Museums in Mechelen scheint inzwischen selbstverständlich zu sein.

Erinnerung

Am Bahnhof von Boortmeerbeek befinden sich eine Gedankentafel und ein Denkmal. Die Gedenktafel entstand auf Initiative von Robert Korten vom Geschichtsverein »Heemkring Ravenstyn« und wurde mit Unterstützung der Jüdischen Gemeinde Belgiens, der staatlichen belgischen Eisenbahngesellschaft und der kommunalen Behörden aufgestellt. Sie wurde zum 50. Jahrestag des Angriffs am 19. April 1993 enthüllt. Das Denkmal entstand auf Initiative vom Jüdischen Deportations- und Widerstandsmuseum und Maurice Tzwern, dessen Mutter aus dem XX. Konvoi floh. Das Denkmal schuf der Bildhauer Etienne Desmet. Es wurde am 8. Mai 2005, in Belgien Tag des Sieges, eingeweiht. Auf dem Denkmal ist folgendes zu lesen: »Freund der du vorbeigehst, zolle Achtung vor diesen heldenhaften Händen, die jene gerettet haben, die durch die Kräfte des Bösen in die Hölle geschickt wurden.«

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich

Kontakt

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