Denkmal für die Opfer des Holocaust und des Ustascha-Regimes

Spomenik žrtvama holokausta i ustaškog režima


In der kroatischen Hauptstadt Zagreb erinnert seit 2022 ein Denkmal an die Opfer des Holocaust. Nach einer längeren Kontroverse ist das Denkmal auch allen Opfern des Ustascha-Regimes gewidmet.

Geschichte

Juden lebten bereits im Mittelalter in Zagreb, ehe sie zu Beginn der Neuzeit vertrieben wurden. Eine neue jüdische Gemeinde wurde 1806 gegründet, als Kroatien zum Habsburgerreich gehörte. Mittelpunkt jüdischen Lebens war die 1867 nach dem Vorbild des Leopoldstädter Tempels in Wien im maurischen Stil erbaute Synagoge. 1873 erfolgte die vollständige rechtliche Gleichstellung der Juden in Kroatien, und eine Blütezeit jüdischen Lebens begann. 1900 lebten von den insgesamt 20.000 Juden in Kroatien etwa 3.000 in Zagreb, und zu diesem Zeitpunkt gaben bereits mehr als die Hälfte von ihnen Kroatisch als ihre Muttersprache an.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Kroatien Teil des neuen Staates Jugoslawien. Die Zahl der in Zagreb lebenden Juden wuchs in der Zwischenkriegszeit weiter auf über 11.000 an, ihr Lebensstil war von der Moderne geprägt. Während der Jahre 1938 bis 1941 kamen viele jüdische Flüchtlinge aus dem deutschen Einflussbereich hinzu.
Nach dem Angriff der Achsenmächte auf Jugoslawien am 6. April 1941 wurde der Unabhängige Staat Kroatien unter Führung der faschistischen Ustascha-Bewegung ausgerufen, die sofort dazu überging, Juden und andere Minderheiten zu verfolgen. Juden wurden ihrer Rechte, ihres Eigentums und ihrer Wohnungen beraubt. Bereits ab April 1941 errichtete die Ustascha Lager in ihrem Herrschaftsbereich, in die außer Juden politische Gegner, Roma und Serben verschleppt wurden. Das im August 1941 eingerichtete Lager Jasenovac wurde dabei zum Mordzentrum. Etwa Dreiviertel der jüdischen Opfer in Kroatien wurden von der Ustascha ermordet, ein Viertel in deutschen Lagern. Zwischen August 1942 und Mai 1943 fuhren mehrere Deportationstransporte mit insgesamt 6.200 jüdischen Gefangenen von Kroatien aus in deutsche Konzentrationslager, insbesondere nach Auschwitz-Birkenau. Allein im August 1942 verhaftete die Ustascha 1.700 Zagreber Juden, von denen die meisten wenige Tage später vom Hauptbahnhof aus ins Deutsche Reich deportiert wurden. Nur wenige überlebten.

Opfergruppen

Nur wenig mehr als 2.000 von den etwa 12.000 Juden, die vor dem April 1941 in Zagreb gelebt hatten, überlebten den Holocaust. Die meisten von ihnen wurden von der Ustascha in Lagern wie Jasenovac ermordet. Vermutlich etwa 3.000 jüdische Kinder, Frauen und Männer aus Zagreb deportierte die SS mithilfe der Ustascha-Behörden in deutsche Konzentrationslager, vor allem nach Auschwitz-Birkenau, und ermordete sie bis auf wenige Ausnahmen dort. Die erste Deportation aus Zagreb fuhr im August 1942 vom Zagreber Hauptbahnhof aus, die letzte im Mai 1943 von einem Industriegleis in der Nähe des Zagreber Nordbahnhofs. Die genau Zahl der aus Zagreb ins Deutsche Reich deportierten Opfer ist jedoch unklar.
Die Zagreber Synagoge wurde auf Geheiß des Ustascha-Bürgermeister der Stadt 1942 abgerissen.

Erfahre mehr über Kroatien

Nach dem Ersten Weltkrieg war Kroatien Bestandteil des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, das 1929 von König Alexander I. (1888–1934) in eine – meist von serbischen Offizieren gestützte – Diktatur umgewandelt wurde und den Namen Jugoslawien erhielt. Der kroatische Nationalist Ante Pavelić (1889–1959) verließ das Land und bekämpfte die Königsdiktatur mit seiner terroristischen Untergrundorganisation »Ustascha« vom faschistischen Italien aus. Im April 1941 wurde Jugoslawien von deutschen Truppen und ihren italienischen, ungarischen und bulgarischen Verbündeten erobert und der Staat in einzelne annektierte, besetzte und scheinsouveräne Gebiete zerschlagen. Auf diese Weise entstand der »Unabhängige Staat Kroatien«, der tatsächlich ein vom Deutschen Reich abhängiger Staat unter dem Terrorregime der kroatischen Ustascha mit ihrem »Poglavnik« (Führer) Pavelić war. Deren Verfolgungs- und Vernichtungspolitik richtete sich gegen die große serbische Minderheit, gegen Juden, Roma sowie religiöse und weltanschauliche Systemgegner. Im Sommer 1941 errichteten die Machthaber in Jasenovac das größte Konzentrationslager auf dem Balkan. Mehr als 80.000 Personen kamen hier gewaltsam zu Tode, unter ihnen waren etwa 48.000 Serben, 13.000 Juden, 16.000 Roma und mehr als 4.000 Kroaten. Ebenfalls im Sommer 1941 begann der bewaffnete Kampf der kommunistischen Partisanen unter Führung von Marschall Josip Broz Tito (1892–1980). Bereits 1942/43 brachten Titos Truppen einen großen Teil Kroatiens unter ihre Kontrolle und nahmen 1944/45 ganz Jugoslawien ein. Pavelić floh, Tito wurde Staatschef und ließ Zehntausende früherer Gegner und Zivilisten – darunter viele aus Kroatien – verfolgen und ermorden. Bis zum Zerfall Jugoslawiens 1991 gab es in der Kroatischen Teilrepublik ca. 6.000 sehr unterschiedliche Gedenkorte, die die Erinnerung an die »Opfer des Faschismus« und an den Widerstandskampf wachhalten sollten. Gemeint waren Opfer des Terrors der kroatischen Ustascha, der deutschen und italienischen Besatzung, aber auch der königstreuen serbischen Milizen (Tschetniks), derer verallgemeinert als »Patrioten« gedacht wurde. Alle Opfer, so die staatliche Lesart, waren von »verräterischen Faschisten« verfolgt und umgebracht worden. Gleichzeitig wurde an die gefallenen oder ermordeten Widerstandskämpfer, zumeist führende Partisanen sowie Mitglieder der Kommunistischen Parteien Kroatiens und Jugoslawiens, erinnert. Nach der Erklärung der Unabhängigkeit im Sommer 1991 begann die serbisch dominierte Jugoslawische Volksarmee einen Krieg gegen Kroatien, der bis Ende 1995 andauerte. Dabei wurde auch die Gedenkstätte Jasenovac von Serben besetzt und stark beschädigt, das Museum geplündert. Nachdem der Ort wieder Teil Kroatiens geworden war, wollte Präsident Franjo Tudjman (1922–1999) hier eine Stätte des Gedenkens an alle kroatischen Opfer des Zweiten Weltkrieges und des Krieges 1991–1995 einrichten. Erst 2006 konnten eine Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers und ein Bildungszentrum eröffnet werden. Der Umgang mit der Weltkriegsvergangenheit in Kroatien ist seit 1991 gespalten. Bis zum Jahr 2000 wurden mehr als 3.000 Gedenkorte, auch Gräber, beschädigt und auf unterschiedliche Art und Weise aus der Öffentlichkeit entfernt. In anderen Landesteilen wird das Erbe des »antifaschistischen Volksbefreiungskampfes« gepflegt. Die wichtigste Gedenkstätte des Landes ist nach wie vor Jasenovac, wo es jahrzehntelang Kontroversen um die genaue Zahl und ethnische Zusammensetzung der Opfer gab. Mittlerweile haben sich führende Politiker des Landes am historischen Ort zur Verantwortung Kroatiens an den Verbrechen der Ustascha bekannt. 2022 wurde in Zagreb ein Holocaustdenkmal eingeweiht, das vor allem an die aus der Hauptstadt deportierten Juden erinnert.

Erinnerung

Bis zum Zerfall Jugoslawiens im Jahr 1991, aber auch darüber hinaus spielte der Holocaust eine untergeordnete Rolle in der Erinnerungskultur Kroatiens. In Zagreb erinnerte lange nichts an die ermordeten Juden. Der Ort, an dem die Synagoge bis zu ihrer Zerstörung durch die Ustascha stand, ist bis heute eine Leerstelle. 1986 wurde dort zwar eine Gedenktafel aufgestellt, doch alle Versuche, die Synagoge wiederaufzubauen oder eine neue zu errichten, scheiterten bislang. Heute leben nach Schätzungen etwa 500 Juden in Zagreb.
Für die Errichtung eines Holocaustdenkmals in Zagreb hatte sich vor allem der Produzent von »Schindlers Liste«, Branko Lustig (1932–2019), eingesetzt, der als Jugendlicher Deportation und Zwangsarbeit in mehreren deutschen Konzentrationslagern überlebt hatte. Die Einweihung des Denkmals am 27. April 2022, an dem auch der kroatische Staatspräsident Zoran Milanović teilnahm, konnte er nicht mehr erleben.
Das Denkmal wurde von der Stadt Zagreb gestiftet. Der Entwurf dafür stammt vom Architekten Krešimir Rogina und dem Bildhauer Dalibor Stošić. Es steht in unmittelbarer Nähe des Zagreber Hauptbahnhofs neben einer Lokomotive, die angeblich bei Deportationen benutzt worden war. Hauptelement des Denkmals ist eine 11 Meter hohe Plastik aus Cortenstahl, die einen Stapel von Koffern darstellt. Auf einer Gedenktafel, ebenfalls aus Cortenstahl, steht die Widmung des Denkmals in kroatischer, hebräischer und englischer Sprache: »In Erinnerung an die Opfer des Holocaust und des Ustascha-Regimes«. Dieser Formulierung ging eine jahrelange Kontroverse voraus und stellt einen Kompromiss dar: während viele behaupteten, dass ein Denkmal für die nach Auschwitz deportierten Juden die Verantwortung der einheimischen Ustascha an der Ermordung der Juden in Kroatien relativieren oder gar verschweigen würde, befürchteten viele, dass en Hinweis an alle Opfer der Ustascha wiederum die jüdische Identität der Opfer des Holocaust verwässern könnte.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

Ul. kneza Branimira, 10000, Zagreb