Denkmal Biķernieki

Biķernieku memoriāls


Im östlich von Riga gelegenen Wald von Biķernieki (deutsch auch: Bickern) erschossen von 1941 bis 1944 SS-Männer und lettische Kollaborateure zehntausende deutsche, lettische, österreichische und tschechische Juden. Ein Mahnmal an diesem Ort erinnert an die Opfer.

Geschichte

Vor den im Sommer 1941 beginnenden Massenerschießungen hatten in Riga zahlreiche Pogrome und Übergriffe gegen Juden stattgefunden. SS-Leute und lettische Kollaborateure zerstörten Synagogen und konfiszierten jüdisches Vermögen. Zahlreiche Juden wurden von der SS und der lettischen Sicherheitspolizei verhaftet und in das Zentralgefängnis von Riga gebracht. Hunderte Juden waren bei den antisemitischen Übergriffen ermordet worden, viele der Opfer zählten zur jüdischen Intelligenz. Die in das Zentralgefängnis verbrachten Juden wurden von der SS ohne großes Aufsehen in der Öffentlichkeit zu erregen in den Wald nach Biķernieki gefahren. Die LKW mit den Gefangenen verließen Riga nur nachts. In dem Waldgebiet wurden die jüdischen Gefangenen gruppenweise erschossen und in vorbereiteten Gruben verscharrt. Nur zehn bis 15 Juden aus dem Zentralgefängnis sollen die Erschießungen überlebt haben. Bis Oktober 1941 waren bereits über 6.300 Juden aus dem Gebiet Riga erschossen worden.
In einer Vorstadt von Riga errichteten die deutschen Besatzungsbehörden im Sommer 1941 ein großes Ghetto. Alle jüdischen Einwohner der Stadt mussten bis August dorthin umziehen. Bis Anfang Dezember 1941 wurden fast alle Bewohner des Ghettos in einem Waldstück bei Rumbula von der SS und lettischen Helfern erschossen. Am 30. November 1941 erreichte der erste von unzähligen Transporten mit jüdischen Männern, Frauen und Kindern aus dem Deutschen Reich das leergeräumte Ghetto von Riga. Die kranken und nicht arbeitsfähigen deutschen Juden selektierte die SS nach ihrer Ankunft und ermordete sie an der Erschießungsstelle im Wald von Biķernieki. Arbeitsfähige Juden wurden in Salaspils zum Aufbau des dortigen Lagers eingesetzt. Weitere Transporte mit österreichischen und tschechischen Juden erreichten in der Zeit bis Februar 1942 das Ghetto. Transporte selektierter jüdischer Gefangener aus dem KZ Salaspils wurden von der SS ebenfalls zur Erschießung in den Wald von Biķernieki überführt.

Opfergruppen

Im Wald von Biķernieki wurden Juden aus Lettland, Österreich, Böhmen und Mähren und dem Deutschen Reich ermordet. Zu den Opfern zählen etwa 25.000 Juden aus dem Deutschen Reich. Später wurden im Wald von Biķernieki auch Widerstandskämpfer und sowjetische Kriegsgefangene ermordet. Insgesamt starben hier bis zur Eroberung des Gebiets durch die Rote Armee bis zu 45.000 Menschen.

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1940 wurde das seit 1918 unabhängige Lettland gemäß einem deutsch-sowjetischen Vertrag – dem so genannten Hitler-Stalin-Pakt – von der Roten Armee besetzt. Am 22. Juni 1941, als deutsche Truppen die Sowjetunion angriffen, lebten noch etwa 70.000 Juden im Land. Über 23.000 waren – wie Zehntausende andere Letten – kurz zuvor vom sowjetischen Geheimdienst NKWD nach Sibirien verschleppt worden oder hatten in das Landesinnere fliehen können. Der kämpfenden Wehrmacht folgte die SS-Einsatzgruppe A, die unter aktiver Beihilfe von Angehörigen des lettischen »Selbstschutzes« zwischen Juli und Anfang Dezember 1941 etwa 30.000 Juden erschoss. Die Ortskommandanturen der Wehrmacht richteten noch im Spätsommer 1941 zwei Ghettos ein: in der Hauptstadt Riga mit 30.000 und in Dünaburg (Daugavpils) mit 14.000 jüdischen Häftlingen. In zwei großen Massenerschießungen Ende 1941 im Wald von Rumbula bei Riga ermordeten deutsche und lettische Sondereinheiten 25.500 Juden aus dem dortigen Ghetto. Das leergeräumte »Große Ghetto« in Riga war ab Dezember 1941 Ziel von Deportationszügen mit 25.000 deutschen, österreichischen und tschechischen Juden. Anfang 1942 fanden erneut Massenerschießungen im Wald von Bikernieki bei Riga statt, denen Tausende Juden zum Opfer fielen. Bis Kriegsende kamen 95 Prozent der jüdischen Vorkriegsbevölkerung Lettlands und etwa 120.000 nichtjüdische Zivilisten gewaltsam zu Tode. Mit der Rückeroberung Lettlands durch die Rote Armee 1944 wurde das Gebiet erneut Teilrepublik der Sowjetunion. Es entstanden zahlreiche Denkmäler zur Erinnerung an den »Sieg« im »Großen Vaterländischen Krieg«. Erst 1990/91 erkämpfte Lettland seine staatliche Unabhängigkeit von Moskau auch gegen sowjetische Panzer. Anschließend wurden viele sowjetische Monumente abgebaut, die jahrzehntelange Besatzung und der Widerstand rückten ins Zentrum der nationalen Erinnerung. Die Annexion Lettlands durch die Sowjetunion 1940/41 sowie 1944 bis 1990 und die deutsche Besetzung wurden gleichgesetzt; wie in Litauen und Estland Okkupationsmuseen eingerichtet, deren inhaltlicher Schwerpunkt die Jahre des sowjetischen Terrors ist. Während des Krieges hatten um die 160.000 Letten – freiwillig oder gezwungen – in der Lettischen Legion der Waffen-SS gedient und waren bei Massenerschießungen, Brandschatzungen und der Bewachung von Lagern, aber auch im Krieg und gegen Partisanen eingesetzt. Zu sowjetischen Zeiten ausgegrenzt und verfolgt, wurden die früheren »Legionäre« nach 1990/91 von vielen als Freiheitskämpfer gegen die kommunistische Fremdherrschaft angesehen und geehrt. Gegen diese einseitige Sichtweise regte sich Protest im Ausland. Ende 1998 wurde eine internationale Historikerkommission zum Thema »Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der zwei Okkupationen 1940–1956« beim Präsidenten der Republik eingerichtet. Stätten des Gedenkens an den Holocaust gibt es vor allem auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers Salaspils seit 1967 und seit 2001 in Bikernieki. Im Wald von Rumbula stellten jüdische Dissidenten bereits 1962 einen Davidstern zur Erinnerung auf. Das Gedenkzeichen wurde von den sowjetischen Behörden beseitigt und durch ein Ehrenmal für die »Opfer des Faschismus« ersetzt. Im November 2002 konnte ein neues Denkmal eingeweiht werden. In der Hauptstadt Riga gründeten Holocaustüberlebende 1989 ein jüdisches Museum. 2005/06 entstand auf den Fundamenten der ehemaligen Choralsynagoge in Riga eine Gedenkstätte zur Erinnerung an alle Opfer des Holocaust und an alle Juden, die auf lettischem Boden ermordet wurden. Seit 2010 gibt es ein Museum des Rigaer Ghettos.

Erinnerung

Zu Beginn der 1990er Jahre wurde auf dem Gelände mit dem Bau eines Denkmals begonnen, am 30. November 2001 fand dessen Einweihung statt. Der zentrale Gedenkplatz besteht aus einem Mahnmal, der von tausenden Steinen aus Granit umgeben ist. Die Stellen der 55 gefundenen Massengräber wurden durch einzelne Steine kenntlich gemacht. An dem zum Denkmal führenden Waldweg entlang der Massengräber befinden sich weitere Betonstelen mit jüdischen und christlichen Symbolen. Die aufgrund des Kriegsgräberabkommens zwischen Deutschland und Lettland entstandene Gedenkanlage wurde mit Mitteln des Bundes vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (VDK) errichtet. Sie ist die erste dieser Art in Osteuropa. Betreut und finanziert wird sie durch das »Deutsche Riga-Komitee«. Dieser Vereinigung gehören neben der VDK mehrere deutsche Städte an, aus denen jüdische Sammeltransporte nach Riga abgingen. Gepflegt wird die Anlage von Jugendlichen aus Deutschland und Lettland.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

http://www.jews.lv

jews@jews.lv

+371 (0)672 856 01

Biķernieku iela 70
LV-1006 Rīga