Seit 1998 gibt es in Berlin das Anne Frank Zentrum. Mit ihren Ausstellungen und durch ihre Arbeit erinnert die Einrichtung nicht nur an das Schicksal des jüdischen Mädchens, sondern hält gleichzeitig auch die Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus wach.
Geschichte
Anne Frank und ihre Familie versteckten sich über zwei Jahre lang in einem Amsterdamer Hinterhaus vor der Judenverfolgung durch die deutschen Besatzungsbehörden. Im August 1944 wurde die Familie verraten, von der Gestapo verhaftet und kurz darauf deportiert. Anne Frank kam mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Margot zunächst nach Auschwitz. In einem weiteren Transport wurde sie im Oktober 1944 in das KZ Bergen-Belsen überführt, wo sie im März 1945 im Alter von 15 Jahren an einer Typhusepidemie starb. Ihr Vater, Otto Frank, überlebte als einziges Mitglied der Familie den Holocaust. Ihm ist die Veröffentlichung des weltberühmt gewordenen Tagebuchs seiner Tochter zu verdanken.
Opfergruppen
Der genaue Todestag von Anne Frank ist nicht bekannt. Wahrscheinlich starb sie Anfang März 1945 an Typhus, kurz vor der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen.
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Deutschland
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 begann die staatliche Verfolgung der Gegner des Regimes, von Juden, als »Zigeuner« bezeichneten Roma, Patienten sowie zahlreichen anderen Gruppen. Antisemitismus wurde erstmals Bestandteil der Regierungspolitik eines modernen Staates, die Verfolgung aller Gruppen schrittweise verschärft. Dabei griffen staatliche Verordnungen, Gewalttaten von Anhängern des Regimes und die Hetze der Presse ineinander. Der Terror gegen Juden im November 1938 (»Kristallnacht«) mit etwa hundert Toten bildete den Scheitelpunkt hin zur vollständigen Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Minderheit.
Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 gerieten weite Teile Europas unter deutsche Herrschaft. Insbesondere im Osten entstand ein vielgliedriges System von Lagern und Mordstätten, in dem die SS bis zu sechs Millionen Juden, unter ihnen etwa 165.000 deutsche Juden, ermordete. Die Zahl der übrigen Deutschen, die in Folge des Krieges ihr Leben verloren, wird auf etwa sieben Millionen geschätzt, darunter fast 3,5 Millionen Zivilisten. Etwa 28 Millionen Einwohner der besetzten Sowjetunion (Soldaten und Zivilbevölkerung) und drei Millionen nichtjüdische Polen kamen gewaltsam zu Tode; an sie wird in Deutschland bis heute kaum erinnert.
Deutschland wurde 1945 von den Alliierten besetzt; 1949 entstanden die Deutsche Demokratische Republik (DDR) und die Bundesrepublik Deutschland (BRD) mit sehr unterschiedlichen Gedenkkulturen. In der DDR dominierte die Selbstinterpretation als »antifaschistischer« deutscher Nachfolgestaat. Die Orte der ehemaligen Konzentrationslager (KZ) Buchenwald, Ravensbrück und Sachsenhausen wurden zu »Nationalen Mahn- und Gedenkstätten« und stellten vor allem den kommunistischen Widerstand dar.
In der Bundesrepublik dominierte zunächst die Erinnerung an die Opfer der alliierten Bombenangriffe, von Flucht und Vertreibung. Das Gedenken an die nationalsozialistische Verfolgung, den Holocaust oder den Widerstand war einzelnen Gruppen überlassen, Täter und Tatbeteiligungen – außerhalb juristischer Prozesse – kein Gegenstand öffentlicher Diskussion. Das änderte sich ab Mitte der 1960er Jahre, als nach intensiver Debatte die Verjährung für Mord aufgehoben wurde. Gleichzeitig entstanden Erinnerungsstätten an Orten ehemaliger KZ (1965: Dachau und Neuengamme; 1966: Bergen-Belsen) und die Gedenkstätte Deutscher Widerstand 1968 in West-Berlin. Erst in den 1980er Jahren entwickelte sich durch lokale Initiativen eine vielfältige, oft kleinteilige Erinnerungslandschaft.
Nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 wurden eine gesamtstaatliche Gedenkstättenkonzeption entwickelt und Orte der Erinnerung umfangreich überarbeitet. Das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin konnte 2005 der Öffentlichkeit übergeben werden. Eine umfangreiche Dokumentation der nationalsozialistischen Verbrechen und ihrer Täter, die Topographie des Terrors, wurde im Mai 2010 eröffnet; das Ausstellungszentrum »Flucht, Vertreibung, Versöhnung« folgte 2021. Mittlerweile erinnern zentrale Denkmäler in Berlin auch an weitere Opfergruppen: An die ermordeten Sinti und Roma, an die Opfer im Rahmen der NS-»Euthanasie« ermordeten Patienten und an die verfolgten Homosexuellen.
Die Opfer des nationalsozialistischen Terrors in den früheren Ostgebieten fielen nach Kriegsende einem doppelten Vergessen anheim. Die Erinnerung blieb für Jahrzehnte auf landsmannschaftliche Verbände in der BRD beschränkt und schloss die Zeit von 1933 bis 1945 meist aus. Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs nehmen sich jedoch deutsche, polnische, litauische und russische Initiativen auch dieses Teils der deutschen Vergangenheit an.
Erinnerung
Das seit 1998 bestehende Anne Frank Zentrum ist die deutsche Partnerorganisation des Anne Frank Hauses in Amsterdam. Das Zentrum ging aus einem Förderverein hervor, der für die Betreuung einer Mitte der 1990er Jahre in Berlin gezeigten Ausstellung über Anne Frank gegründet wurde. 2002 bezog die Einrichtung Räume in dem historischen Gebäude »Haus Schwarzenberg« in der Rosenthaler Straße in Berlin- Mitte; dort befinden sich auch das Museum Blindenwerkstatt Otto Weidt sowie die Gedenkstätte »Stille Helden«. Neben der Vermittlung von Geschichte richtet sich die pädagogische Arbeit des Zentrums gegen Antisemitismus und Diskriminierung. Das Konzept soll vor allem Kinder, Jugendliche und Familien ansprechen. In diesem Zusammenhang erarbeitete das Anne Frank Zentrum mehrere Wanderausstellungen, die an verschiedenen Standorten in Deutschland zu sehen sind. Vor Ort betreuen eigens vom Anne Frank Zentrum ausgebildete Jugendliche die Besucher.
Im November 2018 wurde die neue ständige Ausstellung »Alles über Anne« als interaktiver Lernort im »Haus Schwarzenberg« eröffnet. Über das Leben Anne Franks und ihr Tagebuch sollen die Besucher einen persönlichen Zugang zur Geschichte des Holocaust erhalten. Die Ausstellung setzt sich auch mit dem Thema Antisemitismus in Geschichte und Gegenwart auseinander.
Angebote
Dauerausstellung »Alles über Anne«, pädagogisches Programm für Schulklassen und Jugendgruppen, thematische Stadtrundgänge und Projekttage, Lesungen, Gespräche mit Zeitzeugen, Filmvorführungen, Vorträge, Wanderausstellungen
Öffnungszeiten
Dienstags bis sonntags 10.00 bis 18.00, angemeldete Gruppen ab 9.00