• Holocaustdenkmal
In der rumänischen Hauptstadt Bukarest erinnert seit Oktober 2009 ein zentrales Holocaustdenkmal an die Opfer des Holocaust in Rumänien. Zwischen 1940 und 1944 kamen Hunderttausende rumänische Juden durch die systematische Verfolgung durch rumänische Behörden ums Leben.
Bild:Mogilew Podolsk, 1942, Rumänische Einheiten schieben Juden über den Dnister ins Gebiet Transnistrien ab, Yad Vashem
Mogilew Podolsk, 1942, Rumänische Einheiten schieben Juden über den Dnister ins Gebiet Transnistrien ab, Yad Vashem

Bild:Bukarest, 2009, Ansicht des Gebäudes und der Metallsäule, Stiftung Denkmal
Bukarest, 2009, Ansicht des Gebäudes und der Metallsäule, Stiftung Denkmal
Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten in Rumänien (einschließlich der Gebiete Siebenbürgen und Bessarabien) bis zu 700.000 Juden, davon etwa 70.000 bis 100.000 in der Hauptstadt Bukarest. 1940 übernahm General Ion Antonescu die Macht unter Beteiligung der Eisernen Garde, einer faschistischen Bewegung. Von Anfang an verfolgte die Regierung eine aggressive Politik gegen Juden, die von blutigen Pogromen begleitet war. Im Juni 1941 nahm Rumänien am Überfall auf die Sowjetunion teil. Ab Ende 1941 deportierten rumänische Behörden bis zu 150.000 Juden und 25.000 Roma aus den Regionen Bukowina und Bessarabien in das Gebiet Transnistrien, den rumänisch besetzten Teil der Ukraine. Dort mussten sie unter katastrophalen Bedingungen in Ghettos und Lagern leben und Zwangsarbeit leisten, viele starben durch Hunger und Krankheiten. Den nördlichen Teil der Region Siebenbürgen musste Rumänien indes 1940 an Ungarn abtreten. Von den dort lebenden etwa 160.000 Juden wurden 1944 in Zusammenarbeit ungarischer Behörden und der SS 120.000 deportiert.
Trotz der antisemitischen Stimmung blieben die Juden im rumänischen Kernland und in Bukarest zunächst von Deportationen und Massenmord verschont. Durch die antijüdischen Gesetze waren sie jedoch vom öffentlichen Leben ausgeschlossen, viele jüdische Männer mussten Zwangsarbeit leisten. Angesichts der absehbaren Niederlage der Achsenmächte änderte die Regierung Antonescu ihre Politik gegen Ende des Jahres 1943: Die rumänischen Juden wurden entgegen früherer Planungen nicht an das Deutsche Reich ausgeliefert. Zudem konnten die nach Transnistrien deportierten, noch lebenden Juden auf Druck der jüdischen Gemeinden ab Ende 1943 in ihre Heimatorte zurückkehren. Um dem Angriff der Roten Armee auf Rumänien zuvorzukommen wurde Antonescu im August 1944 durch König Michael I. gestürzt. Rumänien wechselte die Seiten und verbündete sich mit der Sowjetunion.
Bild:Mogilew Podolsk, 1942, Rumänische Einheiten schieben Juden über den Dnister ins Gebiet Transnistrien ab, Yad Vashem
Mogilew Podolsk, 1942, Rumänische Einheiten schieben Juden über den Dnister ins Gebiet Transnistrien ab, Yad Vashem

Bild:Bukarest, 2009, Ansicht des Gebäudes und der Metallsäule, Stiftung Denkmal
Bukarest, 2009, Ansicht des Gebäudes und der Metallsäule, Stiftung Denkmal
Das Holocaustdenkmal in Bukarest ist den rumänischen Opfern des Holocaust gewidmet. Dabei unterscheiden sich das Schicksal und die Zahl der Opfer stark in den verschiedenen Regionen Rumäniens. Aus den Regionen Bukowina und Bessarabien starben etwa 100.000 Juden in den Lagern und Ghettos in Transnistrien, etwa 60.000 Juden waren zuvor ermordet worden oder starben in Durchgangslagern. Aus dem rumänischen Kernland kamen während der Diktatur Antonescus etwa 20.000 Juden ums Leben. Ungarische Behörden und SS deportierten etwa 120.000 Juden aus Nordsiebenbürgen nach Auschwitz, etwa 110.000 von ihnen wurden dort ermordet. Das Bukarester Denkmal ist auch den etwa 25.000 rumänischen Roma gewidmet die nach Transnistrien deportiert wurden. Nach Schätzungen kam etwa die Hälfte von ihnen dort ums Leben.
Bild:Târgu Frumos, 1941, Leichen aus Jassy deportierter Juden werden aus dem »Todeszug« geladen, Yad Vashem
Târgu Frumos, 1941, Leichen aus Jassy deportierter Juden werden aus dem »Todeszug« geladen, Yad Vashem

Bild:Bukarest, 2009, Eröffnung des Denkmals am 8. Oktober, Stiftung Denkmal
Bukarest, 2009, Eröffnung des Denkmals am 8. Oktober, Stiftung Denkmal
Das Holocaustdenkmal wurde am 8. Oktober 2009 im Beisein aller drei rumänischen Staatspräsidenten seit dem Ende der kommunistischen Diktatur eröffnet. Es befindet sich auf dem Platz vor dem Gebäude, das in der Regierungszeit Antonescus das Innenministerium beherbergte. Eine internationale Historikerkommission unter Vorsitz des Holocaustüberlebenden und Friedensnobelpreisträgers Elie Wiesel hatte 2004 zum Bau des Denkmals angeregt, nachdem sie im Auftrag der rumänischen Regierung einen Bericht erarbeitet hatte über die Beteiligung Rumäniens am Holocaust. Mit dem Bericht und dem Bau des Denkmals erkannte der rumänische Staat erstmals seine Verstrickung in die Ermordung und Vertreibung Hunderttausender Juden und Zehntausender Roma während des Holocaust an.
Das Denkmal wurde von dem aus Siebenbürgen stammenden deutschen Künstler Peter Jacobi gestaltet und besteht aus mehreren Elementen. Im Zentrum des Geländes steht ein viereckiges Gebäude aus Beton mit einem unterirdischen Eingang. Im inneren des Gebäudes, in das durch die Decke Tageslicht hineinfällt, befinden sich an der Wand jüdische Vornamen auf Metallplatten. An den Seiten um das Gebäude herum, auf Höhe des Eingangs sind Grabsteine ausgestellt, die von zerstörten jüdischen Friedhöfen in Transnistrien und Rumänien stammen. Am Denkmal befinden sich außerdem die Plastik eines verfremdeten Davidsterns, ein Rad aus Cortenstahl, das an die deportierten Roma erinnert, und eine gen Himmel steigende »Säule der Erinnerung«.
Bild:Bukarest, 2009, Frontalansicht des Denkmalgebäudes, Stiftung Denkmal
Bukarest, 2009, Frontalansicht des Denkmalgebäudes, Stiftung Denkmal

Bild:Bukarest, 2009, Im Inneren des Denkmalgebäudes, Stiftung Denkmal
Bukarest, 2009, Im Inneren des Denkmalgebäudes, Stiftung Denkmal
Bild:Bukarest, 2009, Eingang zum Innenraum, Stiftung Denkmal
Bukarest, 2009, Eingang zum Innenraum, Stiftung Denkmal
Bild:Bukarest, 2009, Ums Gebäude herum führt ein Rundgang, Stiftung Denkmal
Bukarest, 2009, Ums Gebäude herum führt ein Rundgang, Stiftung Denkmal
Bild:Bukarest, 2009, Grabsteine von zerstörten jüdischen Friedhöfen in Transnistrien, Stiftung Denkmal
Bukarest, 2009, Grabsteine von zerstörten jüdischen Friedhöfen in Transnistrien, Stiftung Denkmal
Bild:Bukarest, 2009, »Säule der Erinnerung«, Stiftung Denkmal
Bukarest, 2009, »Säule der Erinnerung«, Stiftung Denkmal
Bild:Bukarest, 2009, Ein Rad aus Cortenstahl in Erinnerung an die ermordeten Roma, Stiftung Denkmal
Bukarest, 2009, Ein Rad aus Cortenstahl in Erinnerung an die ermordeten Roma, Stiftung Denkmal
Bild:Bukarest, 2009, Verfremdeter Davidstern, Stiftung Denkmal
Bukarest, 2009, Verfremdeter Davidstern, Stiftung Denkmal
Name
Memorialul Holocaustului
Adresse
Strada Anghel Saligny
050032 Bucureşti