Gedenkstätte und Museum Stutthof

Muzeum Stutthof w Sztutowie


In der Nähe des Dorfes Stutthof (polnisch: Sztutowo), etwa 34 Kilometer östlich von Danzig (polnisch: Gdańsk) entfernt, errichte die SS im September 1939 ein Lager, das bis Ende April 1945 bestand. Seit 1962 erinnert eine Gedenkstätte an die etwa 65.000 Opfer des Konzentrationslagers.

Geschichte

Nach dem Ersten Weltkrieg beschlossen die Siegermächte mit dem Friedensvertrag von Versailles eine Neuordnung der östlichen Gebiete des Deutschen Reiches. Ostpreußen war seitdem durch den Polnischen Korridor, einer Zone, die Polen zugeteilt wurde, von den übrigen Gebieten des Deutschen Reiches getrennt. Danzig und die umliegenden Region wurden zur Freien Stadt, einem unabhängigen Staat unter Schutz des Völkerbundes, erklärt.
Vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges waren die Stadt und die Umgebung des Korridors Ziel deutscher Revisionspolitik. Unmittelbar nach dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen begannen die Nationalsozialisten damit, den Raum mit Gewalt zu germanisieren: Massenhaft wurden polnische Lehrer, Beamte, Priester und Funktionäre polnischer Organisationen interniert und ermordet. Bereits in den ersten Kriegstagen mussten etwa 150 Gefangene in einer abgeschiedenen Gegend in der Nähe des Dorfes Stutthof ein Lager errichten. Vor allem Polen und Danziger Juden wurden anschließend dort inhaftiert.
Das Lager wurde immer weiter ausgebaut und ab Januar 1942 als eigenständiges Konzentrationslager geführt. Die Häftlingszahlen stiegen rasant an, auch zahlreiche Außenlager entstanden. Zwangsarbeit, Hunger und Misshandlungen durch die Wachmannschaften bestimmten den Alltag. Die SS erschoss oder erhängte Häftlinge von Beginn an. SS-Ärzte töteten kranke und entkräftete Häftlinge durch Gift- oder Benzinspritzen ins Herz. Im Sommer 1944 wurden Häftlinge auch in einer Gaskammer ermordet.
Mit dem Vormarsch der Roten Armee wurde das Lager ab Mitte Januar 1945 nach und nach aufgelöst. Am 25. und 26. Januar 1945 begann die SS mit der Evakuierung Stutthofs. Über 10.000 Häftlinge mussten sich in mehreren Kolonnen auf »Todesmärsche« in Richtung Westen oder nach Ostpreußen begeben. Bis Ende April 1945 evakuierte die SS weitere Häftlingsgruppen. Etwa 150 Gefangene befanden sich noch in Stutthof als am 9. Mai 1945 Soldaten der Roten Armee das Lager erreichten.

Opfergruppen

Bis Ende 1940 durchliefen im Rahmen der »Säuberungen« des Danziger Gebiets über 10.000 Gefangene das Lager. Seit 1942 wurden auch aus den übrigen besetzten Gebieten Häftlinge nach Stutthof gebracht. Auch aus anderen Konzentrationslagern aus dem Deutschen Reich wurden Gefangene nach Stutthof überstellt, vor allem Handwerker, die für den weiteren Ausbau des Lagers eingesetzt werden sollten.
Zwischen Juni und Oktober 1944 kamen in elf Transporten 23.566 meist jüdische Häftlinge, davon 21.817 Frauen, aus dem Konzentrationslager Auschwitz nach Stutthof und seine Außenlager.
Als sich in der zweiten Hälfte des Jahres 1944 die Wehrmacht immer weiter aus dem Osten zurückzog, wurden die Ghettos und Lager in den baltischen Ländern aufgelöst und viele Juden von dort nach Stutthof verschleppt. Die Zahl jüdischer Häftlinge im KZ stieg somit auf 49.000 an.
Ab Sommer 1944 ermordete die SS Häftlinge auch in einer Gaskammer: 100 polnische und weißrussische Häftlinge, zwölf Mitglieder einer polnischen Widerstandsgruppe, 77 sowjetische Kriegsgefangene und mehr als 1.450 meist jüdische Frauen, die zur Zwangsarbeit nicht mehr in der Lage waren, erlitten dieses Schicksal.
Bei der Evakuierung des Lagers starben tausende Häftlinge auf den Todesmärschen: Sie fielen entkräftet um oder wurden von den SS-Wachmannschaften erschossen. Von den fast 12.000 Häftlingen, die im Lager verblieben, starben bis April 1945 über die Hälfte an einer Typhusepidemie.
Insgesamt durchliefen zwischen September 1939 und April 1945 etwa 110.000 Häftlinge aus 27 Ländern das Lager. Etwa 65.000 von ihnen kamen ums Leben.

Erfahre mehr über Polen

Mit dem Angriff auf Polen und der Besetzung des Landes durch deutsche Truppen im Westen und durch die Rote Armee im Osten begann im September 1939 der Zweite Weltkrieg. Unmittelbar nach dem Einmarsch setzten in beiden Teilungsgebieten Verfolgung und Terror ein. Deutsche Verbände verübten Massaker an Angehörigen der geistigen Eliten, jüdischen und nichtjüdischen Zivilisten sowie Patienten. Ab Ende 1939 errichtete die deutsche Verwaltung Ghettos, in denen die jüdische Bevölkerung unter elenden Bedingungen zusammengedrängt wurde. 1941, nach dem Angriff auf die Sowjetunion, geriet auch Ostpolen unter deutsche Herrschaft. SS-Einsatzgruppen ermordeten zunächst systematisch jüdische Männer, später auch Frauen und Kinder. Im Herbst 1941 begannen lokale deutsche Dienststellen im früheren Westpolen mit der Vorbereitung von Massentötungen jüdischer Ghettohäftlinge durch Giftgas. Bis 1945 wurden etwa drei Millionen polnische Juden in den Vernichtungsstätten Kulmhof, Belzec, Treblinka und Sobibor, in Majdanek und Auschwitz ermordet, verhungerten in den Ghettos oder wurden erschossen. 1943 erhoben sich die jüdischen Bewohner des Warschauer Ghettos zu einem Aufstand, den die SS blutig niederschlug. Polnische Soldaten kämpften auf Seiten der Alliierten an allen Fronten des Weltkriegs. Partisanengruppen, darunter die patriotische »Armia Krajowa« (Heimatarmee), bildeten die größte Widerstandsbewegung im besetzten Europa. Am 1. August 1944 begann der Warschauer Aufstand, die umfangreichste Erhebung von Zivilisten gegen die Deutschen im besetzten Europa. Er scheiterte, auch weil die Rote Armee – bereits am anderen Weichselufer stehend – nicht eingriff. Die Zahl der Toten wird auf bis zu 250.000 geschätzt. Insgesamt kamen etwa drei Millionen nichtjüdische Polen unter deutscher Besatzung gewaltsam zu Tode. Nachdem die Rote Armee bereits im Januar 1944 (ost-)polnischen Boden erreicht hatte, wurden die Truppen der Armia Krajowa vom sowjetischen Geheimdienst entwaffnet, ihre Offiziere erschossen oder verschleppt. Die Millionen Toten der Besatzungszeit, die dauerhafte Annexion Ostpolens durch die Sowjetunion, die Eingliederung ostdeutscher Gebiete und der daraus resultierende Bevölkerungsaustausch verursachten in Polen ein schweres politisches und gesellschaftliches Trauma. In der Erinnerungskultur stand das Gedenken an die Ermordung der europäischen Juden in deutschen Vernichtungslagern auf polnischem Boden zunächst im Hintergrund. So galt Auschwitz – im Ausland längst zum Symbol des Holocaust geworden – über Jahrzehnte vor allem als »Ort polnischen Martyriums«. Veränderungen gibt es allerdings seit Beginn des 21. Jahrhunderts. Dazu mögen auch die heftigen Debatten um den ostpolnischen Ort Jedwabne beigetragen haben. Das Massaker an etwa 340 Juden am 10. Juli 1941, das bis dahin »Gestapo und Hitler-Polizei« zugeschrieben worden war, hatten polnische »Nachbarn« ohne deutschen Zwang verübt. Die Diskussionen im In- und Ausland um eine polnische Mittäterschaft führten 2001 dazu, dass sich Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (*1954) bei den Opfern entschuldigte. Forderungen von Fachleuten, etwa aus dem Institut des Nationalen Gedenkens, sich den schwierigsten Kapiteln der Vergangenheit zu stellen, wurden lauter. Zu diesen zählen auch antijüdische Pogrome 1946/47 und der staatliche Antisemitismus im sozialistischen Nachkriegspolen. Der polnische Staat investiert sehr viel in Erinnerungspolitik, auch in Großprojekte mit internationaler Ausstrahlung. Das Museum des Warschauer Aufstandes wurde bereits 2004 eröffnet. Das POLIN Museum der Geschichte der polnischen Juden eröffnete auf dem Gebiet des ehemaligen Warschauer Ghettos 2013, ein Museum des Warschauer Ghettos soll 2024 folgen. In Danzig gibt es seit 2017 das Museum des Zweiten Weltkrieges. Die ehemaligen deutschen Vernichtungslager Belzec und Sobibor wurden nach der Jahrtausendwende in moderne Gedenkstätten umgewandelt. Auch in der Kultur ist eine immer intensivere Beschäftigung mit dem jüdischen und multikulturellen Erbe Polens zu beobachten.

Erinnerung

Ein Verein von ehemaligen Häftlingen und von Opferfamilien organisierte im Juni 1946 Gedenkveranstaltungen und eine Heilige Messe in Stutthof. Unter den Teilnehmern entstand der Wunsch, auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers eine Gedenkstätte zu errichten. Die politischen Entwicklungen in Polen waren für die Entstehung einer solchen Gedenkstätte jedoch ungünstig. Mit der Festigung der kommunistischen Diktatur in den Jahren 1948/49 wurde auch die Erinnerung an die Opfer des Krieges und des Nationalsozialismus den Prinzipien der stalinistischen Staatspropaganda unterworfen. Viele ehemalige Häftlinge wurden von den Behörden verfolgt und gaben ihr Vorhaben auf. Erst im Zuge der politischen Entspannung nach 1956 setzte sich ein Verband, unter dessen Mitgliedern viele Überlebende waren, erneut für die Gründung einer Gedenkstätte ein. Diese Initiative wurde von Danziger Behörden unterstützt.
Am 12. März 1962 eröffnete die Gedenkstätte mit einem Museum. Die Gebäude der Lagerkommandantur, vier Holzbaracken, die Gaskammer, das Krematorium und einige Wirtschaftsgebäude sind heute noch erhalten oder wurden wieder aufgebaut.
1968 wurde das »Denkmal des Kampfes und des Martyriums« von Wiktor Tołkin enthüllt. Es ist den Opfern von Stutthof gewidmet und steht an der Stelle, an der die Asche der im Krematorium verbrannten Leichen aufgeschüttet wurde. Auf dem gesamten Gelände befinden sich weitere Mahnmale.
Zudem wurde seit 1967 schrittweise ein Archiv aufgebaut. Ein Großteil der 300.000 verschiedenen Dokumente des Lagers blieb erhalten. 90 Prozent der ehemaligen Häftlinge ließen sich dadurch namentlich ermitteln.

Angebote

Ausstellungen, Filmvorführungen, Archiv, Führungen nach Voranmeldung

Öffnungszeiten

Ausstellungen: Mai bis September täglich 8:00 bis 18:00, Oktober bis April 8:00 bis 15:00

Verwaltung, Archiv, Forschungsbüro: montags bis freitags 7:00 bis 15:00

Kontakt

http://www.stutthof.pl

sekretariat@stutthof.org

+48 (0)55 247 8353