Gedenkstätte und Museum Natzweiler-Struthof

Le Centre Européen du Résistant Déporté et le Musée du Struthof


Die Gedenkstätte »Le Centre Européen du Résistant Déporté et le Musée du Struthof« (deutsch: »Europäisches Zentrum des deportierten Widerstandskämpfers und Museum Struthof«) erinnert an das ehemalige Konzentrationslager Natzweiler, das die SS 1941 in den Vogesen südlich von Straßburg errichtet hatte. Der Ort ist der Erinnerung an die etwa 52.000 Internierten des Lagerkomplexes Natzweiler und an die europaweiten Deportationen politischer Häftlinge durch die Nationalsozialisten gewidmet. Er dient auch als »Nationale Nekropole«, in der sterbliche Überreste französischer Häftlinge anderer Lager bestattet sind.

Geschichte

Nach der Niederlage der französischen Armee im Juni 1940 fielen Elsass und Lothringen unter deutsche Verwaltung. In der Nähe des Hotels Struthof bei Natzweiler in den elsässischen Vogesen entdeckte der Geologe Karl Blumberg – er untersuchte im Auftrag der SS Rohstofflagerstätten – im September 1940 das Vorkommen des seltenen roten Granits. Die SS-Führung ließ dort ab Mai 1941 ein Konzentrationslager errichten und zwang Häftlinge zum Abbau des Gesteins, später zu Arbeiten für die Kriegsindustrie. Der Alltag hier glich jenem in anderen SS-Internierungsorten: Die Gefangenen wurden schwer misshandelt und nur unzureichend versorgt, viele ermordet. Zudem ließen die von Nationalsozialisten ins Leben gerufene »Reichsuniversität« Straßburg und die SS-Einrichtung »Ahnenerbe« Internierte für ihre pseudowissenschaftlichen Forschungen töten. Auf Verlangen der Mediziner gab Lagerleiter Josef Kramer die Anweisung, eine Gaskammer zu errichten. Dort wurden im Sommer 1943 87 jüdische Häftlinge, die aus Auschwitz hierher verschleppt worden waren, ermordet, 86 starben durch Giftgas, eine Frau wurde erschossen. Die sterblichen Überreste sollten Teil einer Skelettsammlung werden, deren Aufbau der Anatom August Hirt in Straßburg plante. Die Kammer wurde auch für Menschenversuche benutzt. Systematische Massenvergasungen haben auf dem Struthof jedoch nicht stattgefunden.
Von 1941 bis zur Befreiung befanden sich 52.000 Häftlinge in Natzweiler und seinen fast 70 Nebenlagern links und rechts des Rheins. Knapp 22.000 Häftlinge kamen um. Im September 1944 verschleppte die SS die Mehrzahl der Gefangenen in das KZ Dachau.
Amerikanische Truppen erreichten Natzweiler am 23. November 1944. Das Lager war damit das erste deutsche Konzentrationslager, auf das die Westalliierten bei ihrem Vormarsch stießen.

Opfergruppen

Bis September 1942 kamen alle Häftlinge aus anderen deutschen Konzentrationslagern nach Natzweiler, danach wurde es ein »Einweisungslager«: auch aus Gefängnissen wurden nun Insassen hierher überstellt. In der Frühphase des Lagers gehörten die meisten Häftlinge den von den Nationalsozialisten geschaffenen Kategorien »Berufsverbrecher« und »Asoziale« an. 1942 stiegen die Häftlingszahlen. Die Mehrheit stellten politische Häftlinge, es waren jetzt aber auch eine größere Zahl Polen und Gefangene aus der Sowjetunion interniert. Ende 1942 waren 921 Gefangene im Hauptlager und im Lager Oberehnheim, dem ersten von später weiteren Nebenlagern, registriert. 1943 verdreifachte sich die Zahl der neu in den Lagerkomplex verschleppten Häftlinge. Die Internierten stammten in dieser Phase aus nahezu ganz Europa, unter ihnen waren auch Sinti und Roma. Eine wichtige Häftlingskategorie stellten ab Juni 1943 die so genannten Nacht- und Nebelgefangenen (N.N.) dar. Auf Geheiß Hitlers sollten verhaftete Widerstandskämpfer aus den besetzten Gebieten West- und Nordeuropas spurlos verschwinden, sie wurden ohne Nachricht an ihre Angehörigen in deutsche Lager verschleppt. Am 6. Juli 1944 befanden sich erstmals auch vier Frauen im Lager, Angehörige des englischen Geheimdienstes SOE. Sie wurden durch SS-Ärzte mit Phenolspritzen ermordet. Menschenversuchen bzw. Medizinmorden fielen in Natzweiler Juden und Sinti und Roma, aber auch »Berufsverbrecher« zum Opfer. Ab September/Oktober 1944 stiegen die Häftlingszahlen stark an, ein Massensterben setzte ein. Zum Synonym des Todes wurde für Häftlinge das Außenlager Vaihingen/Enz (Württemberg), das die SS zu einem »Sterbelager« machte, in dem kranke und nicht mehr arbeitsfähige Häftlinge umkamen; durchschnittlich 60 Prozent der ankommenden Häftlinge überlebten nicht. Insgesamt verloren knapp 22.000 Menschen ihr Leben im Lagerkomplex Natzweiler.

Erfahre mehr über Frankreich

Frankreich geriet nach der Niederlage seiner Armee im Juni 1940 unter deutschen Einfluss. Der Norden fiel unter deutsche Militärverwaltung, der Süden blieb zunächst unbesetzt. Im südfranzösischen Kurort Vichy wurde eine von Deutschland abhängige Regierung gebildet. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs lebten etwa 300.000 Juden in Frankreich. Ihre genaue Zahl ist nicht bekannt, da die Religionszugehörigkeit in Frankreich nicht registriert wurde. Ende 1940 wurden im Norden die ersten antijüdischen Verordnungen erlassen. Der Politik der Zwangsregistrierung, Ausgrenzung und Beraubung folgten systematische Festnahmen durch die französische Gendarmerie. Vor allem Juden ohne französischen Pass gerieten ins Visier des deutschen SS- und Polizeiapparates sowie der einheimischen Behörden. Mit dem Anwachsen des französischen Widerstandes ging der deutsche Militärbefehlshaber General Otto von Stülpnagel (1878–1948) dazu über, als Abschreckung Unbeteiligte erschießen und insbesondere Juden festnehmen zu lassen. Diese Verhafteten gehörten zu den ersten, die ab März 1942 in die Vernichtungslager im besetzten Polen verschleppt wurden. Etwa 75.000 Menschen wurden in über siebzig Transporten verschleppt und ermordet. Die Mehrzahl der französischen Juden überlebte, zumeist in Verstecken im südlichen Landesteil. Krieg und Verfolgung fielen in Frankreich etwa 600.000 Menschen zum Opfer, unter ihnen 270.000 Zivilisten. Während andere Opfergruppen bis heute wenig differenziert behandelt werden, hat sich seit Ende der 1980er Jahre die Forschung zu Patienten, die in Heimen und Kliniken zu Tode kamen, verstärkt. Heute wird von bis zu 50.000 Opfern ausgegangen. In beiden Landesteilen hatte es während der Besetzung Verfolgung, Kollaboration und Widerstand gegeben. Insbesondere die Erinnerung an den Kampf der »Résistance« als Ausdruck französischer Vaterlandsliebe und das Leid der »Deportation« boten nach dem Krieg die Möglichkeit, Gegensätze zwischen Konservativen (Gaullisten) und nach Moskau ausgerichteten Kommunisten zu überbrücken. Dem entsprechen die Widmungen zahlreicher Museen und Gedenkstätten – wie das »Mémorial des Martyrs de la Déportation« (Denkmal für die Märtyrer der Deportation) in Paris aus dem Jahr 1956 und das 2005 in der KZ-Gedenkstätte Natzweiler eröffnete »Centre Européen du Résistant Déporté« (Europäisches Zentrum des deportierten Widerstandskämpfers). Ab Anfang der 1990er Jahre entstanden Einrichtungen wie das Maison d’Izieu (Haus von Izieu) bei Lyon, wo an 44 verschleppte jüdische Kinder erinnert wird, die Nationale Gedenkstätte im ehemaligen Lager Gurs sowie ein Erinnerungszentrum in Oradour sur Glane – einer Ortschaft, die die SS 1944 zerstört hatte. Die zentrale Gedenkstätte für die Opfer des Holocaust ist die 2005 eröffnete »Mémorial de la Shoah« im Zentrum der Hauptstadt. Mittlerweile haben mehrere französische Staatspräsidenten die Mitverantwortung des Landes für den Holocaust in Frankreich anerkannt. Die 1988 eröffnete und 2002 erweiterte Gedenkstätte in Caen, die an die Landung der Westalliierten in der Normandie 1944 erinnert, ist die meistbesuchte Gedenkstätte außerhalb von Paris. Hier finden die jährlichen nationalen Gedenkfeiern an den Sieg über das nationalsozialistische Deutschland statt. Zudem gibt es zahlreiche regionale Museen, in denen die Auseinandersetzung mit Verfolgung, Widerstand und Deportation im Mittelpunkt steht.

Erinnerung

Von 1945 bis 1948 diente das Gelände als Internierungsort für deutsche Zivilisten und Elsässer, die im Verdacht der Kollaboration standen.
1950 wurden das Gebäude der ehemaligen Gaskammer und das Gelände des Lagers unter Denkmalschutz gestellt, 1954 jedoch der größte Teil der mittlerweile verfallenen Baracken zum Abriss freigegeben. Im März 1954 markierte die symbolische Einäscherung der Baracke Nr. 12 – in Anwesenheit ehemaliger Deportierter – den Beginn der Umgestaltung des Lagergeländes. Es blieben nur eine ehemalige Schlafbaracke, der Küchen- und Zellenblock sowie der Block des Krematoriums erhalten.
Heute weist die Anlage eine Reihe von Gedenkorten auf. Neben dem 1960 errichteten, 40 Meter hohen Denkmal in Form einer Flamme vom Bildhauer Lucien Fenaux und den Gräbern Ermordeter sind unter anderem eine Gedenkwand bei der ehemaligen Aschegrube, und eine immer leuchtende Totenlaterne zu sehen. Ein Kreuz mit zwei Querbalken, das sogenannte Lothringerkreuz, erinnert an die französischen Nacht- und Nebelgefangenen.
Das 1965 in einer der erhaltenen Baracken eingeweihte Museum wurde 1976 und 1979 Ziel krimineller Zerstörungen. Seit 2005 ist dort eine neu gestaltete Ausstellung zur Lagergeschichte zu sehen. Im gleichen Jahr wurde in einem Neubau auf dem ehemaligen Kartoffelkeller das »Europäische Zentrum des deportierten Widerstandskämpfers« eröffnet. Es soll ihrem Selbstverständnis nach »als Ort der Information, des Nachdenkens und der Begegnung« und als »Einführung in den Besuch des eigentlichen Lagers« dienen.

Angebote

Zwei Dauerausstellungen, Führungen und Workshops

Öffnungszeiten

1. März bis 15. April: täglich 9.00 bis 17.00
16. April bis 15. Oktober: täglich 9.00 bis 18.30 16. Oktober bis 24. Dezember: täglich 9.00 bis 17.00
Besuch der ehemaligen Gaskammer täglich 10.00 bis 12.45, 14.00 bis 16.00

Kontakt

http://www.struthof.fr/

info@struthof.fr

+ 33 (0)3 88 474 467