Seit 1992 erinnert ein Denkmal im Zentrum von Budweis (tschechisch: České Budějovice) an die 1942 gesprengte Synagoge und die ermordeten Juden der Stadt.
Geschichte
Juden lebten seit dem 14. Jahrhundert im südböhmischen Budweis (deutsch auch: Böhmisch Budweis, tschechisch: České Budějovice), die erste Synagoge wurde um 1380 errichtet. Die mittelalterliche jüdische Gemeinde wurde jedoch um 1500 durch mehrere Pogrome zugrunde gerichtet. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts durften sich Juden wieder in der Stadt ansiedeln, was sie in wachsender Zahl auch taten. In der Zeit der österreich-ungarischen Monarchie erfuhr die Stadt einen rasanten Aufstieg, wobei auch immer mehr Tschechen in die zuvor vorwiegend deutschsprachige Stadt zogen. Um 1900 hatte die jüdische Gemeinde etwa 2.000 Mitglieder bei einer Gesamtbevölkerung von etwa 45.000. Wichtigstes Symbol ihrer Präsenz war die 1887/88 im neogotischen Stil aus roten Ziegeln erbaute Synagoge mit ihren beiden hohen, kirchenähnlichen Türmen.
Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns gehörte Budweis zum neuen tschechoslowakischen Staat. Im März 1938 zerschlug das Deutsche Reich die Tschechoslowakei und bildete das Protektorat Böhmen und Mähren, zu dem auch Budweis gehörte. Die antijüdische Politik der Nationalsozialisten traf die Juden von Budweis sofort. 1940 wurden jüdische Geschäfte und Wohnungen konfisziert. Am 18. April 1942 wurden die noch verbleibenden 909 Budweiser Juden in das Ghettolager Theresienstadt deportiert. Die meisten von ihnen sollten den Holocaust nicht überleben.
Die Synagoge wurde am 5. Juli 1942 gesprengt, ein Tag nachdem Reinhard Heydrich, Chef des Reichssicherheitshauptamts und stellvertretender Reichsprotektor, an den Folgen eines Attentats in Prag verstarb. Die Reste des Gebäudes wurden anschließend abgerissen.
Opfergruppen
Von den etwa 1.200 Juden, die vor der Zerschlagung der Tschechoslowakei in Budweis lebten, haben nur die wenigsten das Ghettolager Theresienstadt oder die spätere Deportation nach Auschwitz überlebt. Genaue Zahlen sind nicht bekannt.
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Tschechische Republik
Die tschechischen Länder Böhmen, Mähren und Tschechisch-Schlesien gehörten bis 1918 zu Österreich-Ungarn und schlossen sich nach dem Ersten Weltkrieg mit der Slowakei zur Tschechoslowakei zusammen. Von Herbst 1938 bis Frühjahr 1939 wurde der Staat in mehreren Schritten durch das Deutsche Reich zerschlagen: Im September 1938 schloss Deutschland das überwiegend von einer deutschen Bevölkerung bewohnte Grenzland im Norden und Westen als »Sudetengau« dem Reichsgebiet an. Übrig blieb die sogenannte Resttschechei, deren Gebiet am 14. März 1939 von der deutschen Wehrmacht eingenommen wurde. Zugleich erklärte die Slowakei ihre Unabhängigkeit. Die Tschechoslowakei hörte auf, zu existieren; die tschechischen Länder standen fortan als Reichsprotektorat Böhmen und Mähren unter deutscher Kontrolle. Der entstehende Widerstand der Bevölkerung wurde blutig unterdrückt, zugleich begann die Verfolgung von Juden und Roma. Von den rund 120.000 Juden der böhmischen Länder wurden etwa 78.000 während des Holocaust ermordet. Dabei diente die ehemalige Festung Theresienstadt (Terezín) als zentraler Ort der Internierung und Durchgangslager in die Vernichtungszentren im Osten. Zudem wurden etwa 8.000 nichtjüdische Tschechen ermordet, davon etwa 1.700 während der Terrorwelle nach dem tödlichen Attentat auf den stellvertretenden Reichsprotektor Reinhard Heydrich (1904–1942) am 27. Mai 1942. Als Reaktion machten deutsche Polizeikräfte das Dorf Liditz (Lidice) und den Weiler Ležáky dem Erdboden gleich. 1945, vier Tage vor Kriegsende, brach in Prag und anderen tschechischen Städten ein bewaffneter Aufstand aus, der sich vor allem gegen tschechische Kollaborateure und die deutsche Minderheit richtete.
Die Erinnerung an die Jahre von 1938 bis 1945 ist vor allem durch das Trauma der völligen Zerschlagung des Landes geprägt. Im Zentrum standen die Verbrechen der Nationalsozialisten und lange Zeit der Wunsch nach Rache. Eine der Folgen war die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung. Zu dieser Erinnerung gehört heute aber auch das schmerzliche Bewusstsein des relativ schwachen Widerstands und der verbreiteten Kollaboration.
Die wiederhergestellte Tschechoslowakei war ab 1948 kommunistisch. Die Erinnerung an den Holocaust hatte kaum Platz, zumal das Land in den frühen 1950er Jahren, auf dem Höhepunkt der stalinistischen Säuberungen, von einer judenfeindlichen Welle erschüttert wurde. In der Erinnerungskultur wurde – neben den im »Ostblock« üblichen Huldigungen an die siegreiche Rote Armee – besonders die Erinnerung an das Massaker von Lidice gepflegt. Hier war es möglich, die Brutalität der Nationalsozialisten darzustellen, ohne an den Holocaust erinnern zu müssen.
Mit dem Ende des Staatssozialismus 1989 änderte sich dies; eine Entwicklung, die in der Reformzeit des Prager Frühlings 1968 bereits einmal eingesetzt hatte, aber mit dem Einmarsch von Staaten des Warschauer Pakts gestoppt worden war. Schrittweise gerät in Teilen der tschechischen Gesellschaft so auch die Erinnerung an eine heute zerstörte, in Jahrhunderten gewachsene Kultur des Zusammenlebens von Tschechen, Deutschen und Juden in den Blick, nicht nur in der Hauptstadt Prag werden ihre Spuren immer sichtbarer Der wichtigste Ort der Erinnerung an die Opfer des Holocaust ist die Gedenkstätte auf dem Gebiet des ehemaligen Ghettos Theresienstadt (Terezín). Zum offenen Konflikt kam es seit den 1990er Jahren in Zusammenhang mit dem ehemaligen Konzentrationslager Lety, in das böhmische Roma gezwungen worden waren, bevor sie nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurden. Lange war hier ein Schweinemastbetrieb untergebracht, der ein würdiges Gedenken unmöglich machte. Dieser wurde 2022 abgerissen, um für eine Gedenkstätte Platz zu machen.
Erinnerung
Nach dem Krieg gehörte Budweis wieder zur Tschechoslowakei, in der 1948 eine kommunistische Diktatur errichtet wurde. Bis etwa 1970 existierte noch eine kleine jüdische Gemeinde in der Stadt, auf dem jüdischen Friedhof wurde 1950 ein kleines Denkmal in Erinnerung an die ermordeten Budweiser Juden errichtet. Ansonsten spielte die Erinnerung an die ehemaligen jüdischen Bewohner der Stadt bis zum Ende des Regimes 1989 keine Rolle.
1992 wurde am Ort der ehemaligen Synagoge ein Holocaustdenkmal errichtet, das sowohl an die Synagoge als auch an das Schicksal der Deportierten erinnern soll. Die Kosten für das Denkmal hatten die Stadt Budweis und die Jüdische Gemeinde Prag übernommen. Die Instandsetzung des jüdischen Friedhofs wurde ebenfalls von der Jüdischen Gemeinde in Prag getragen.