In der nordkroatischen Stadt Kopreinitz (kroatisch: Koprivnica), gelegen in der historischen Region Slawonien unweit der ungarischen Grenze, erinnert eine Gedenkanlage an die Häftlinge des Lagers Danica. Von 1941 bis 1942 hielt die Ustascha auf dem Industriegelände Danica mehrere Tausend Menschen gefangen.
Geschichte
Im April 1941 marschierten Truppen der Achsenmächte in Jugoslawien ein. Die Besatzer teilten das Land auf. Auf dem Gebiet des heutigen Kroatiens sowie des heutigen Bosnien-Herzegowina rief die faschistische Ustascha-Bewegung (kroatisch: Ustaša) den Unabhängigen Staat Kroatien (USK, kroatisch: Nezavisna Država Hrvatska) aus. Bald darauf errichtete die Ustascha im ganzen Land Lager, in denen sie vor allem Serben, Juden und Roma internierte. Das erste Lager der Ustascha entstand bereits am 15. April 1941 in der Stadt Kopreinitz (kroatisch: Koprivnica). Die örtlichen Ustascha-Milizen nutzten die Gebäude der leerstehenden Chemiefabrik »Danica«, um hier vor allem serbische Häftlinge unterzubringen. Die Versorgung mit Nahrung war unzureichend, oft wurden Häftlinge gefoltert oder misshandelt. Einige Häftlinge leisteten Zwangsarbeit: Sie mussten von Partisanen ausgehobene Panzergräben wieder zuschütten. Im Mai 1941 befanden sich etwa eintausend Häftlinge in Danica, bis Mitte August stieg ihre Zahl auf etwa 2.600 an. Ab Sommer 1941 verschleppte die Ustascha die Gefangen von Danica in andere Lager, vor allem nach Jasenovac. Die meisten von ihnen wurden dort ermordet. Bis Mai 1942 wurden alle politischen Gefangenen, Serben und Juden in andere Lager deportiert. In Danica blieben vor allem kriminelle Häftlinge zurück. Am 1. September des selben Jahres wurde das Lager Danica aufgelöst.
Opfergruppen
Insgesamt durchliefen laut der nach dem Krieg aufgestellten »Landeskommission zur Feststellung der Verbrechen der Besatzer und ihrer Helfer« von 1941 bis 1942 etwa 5.600 Häftlinge das Lager Danica. Obwohl es keine gezielten Tötungen von Häftlingen gab, starben etwa 200 bis 300 Menschen an den schlechten Haftbedingungen im Lager. Mehr als 3.000 ehemalige Häftlinge des Lagers Danica wurden jedoch von Ustascha-Angehörigen ermordet, vor allem in den Lagern Jasenovac und Stara Gradiška.
Die Gefangenen in Danica setzten sich aus etwa 3.000 Serben, etwa tausend Kroaten, mehr als 600 Juden und etwa 400 Roma zusammen.
Erfahre mehr über
Kroatien
Nach dem Ersten Weltkrieg war Kroatien Bestandteil des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, das 1929 von König Alexander I. (1888–1934) in eine – meist von serbischen Offizieren gestützte – Diktatur umgewandelt wurde und den Namen Jugoslawien erhielt. Der kroatische Nationalist Ante Pavelić (1889–1959) verließ das Land und bekämpfte die Königsdiktatur mit seiner terroristischen Untergrundorganisation »Ustascha« vom faschistischen Italien aus. Im April 1941 wurde Jugoslawien von deutschen Truppen und ihren italienischen, ungarischen und bulgarischen Verbündeten erobert und der Staat in einzelne annektierte, besetzte und scheinsouveräne Gebiete zerschlagen. Auf diese Weise entstand der »Unabhängige Staat Kroatien«, der tatsächlich ein vom Deutschen Reich abhängiger Staat unter dem Terrorregime der kroatischen Ustascha mit ihrem »Poglavnik« (Führer) Pavelić war. Deren Verfolgungs- und Vernichtungspolitik richtete sich gegen die große serbische Minderheit, gegen Juden, Roma sowie religiöse und weltanschauliche Systemgegner. Im Sommer 1941 errichteten die Machthaber in Jasenovac das größte Konzentrationslager auf dem Balkan. Mehr als 80.000 Personen kamen hier gewaltsam zu Tode, unter ihnen waren etwa 48.000 Serben, 13.000 Juden, 16.000 Roma und mehr als 4.000 Kroaten.
Ebenfalls im Sommer 1941 begann der bewaffnete Kampf der kommunistischen Partisanen unter Führung von Marschall Josip Broz Tito (1892–1980). Bereits 1942/43 brachten Titos Truppen einen großen Teil Kroatiens unter ihre Kontrolle und nahmen 1944/45 ganz Jugoslawien ein. Pavelić floh, Tito wurde Staatschef und ließ Zehntausende früherer Gegner und Zivilisten – darunter viele aus Kroatien – verfolgen und ermorden.
Bis zum Zerfall Jugoslawiens 1991 gab es in der Kroatischen Teilrepublik ca. 6.000 sehr unterschiedliche Gedenkorte, die die Erinnerung an die »Opfer des Faschismus« und an den Widerstandskampf wachhalten sollten. Gemeint waren Opfer des Terrors der kroatischen Ustascha, der deutschen und italienischen Besatzung, aber auch der königstreuen serbischen Milizen (Tschetniks), derer verallgemeinert als »Patrioten« gedacht wurde. Alle Opfer, so die staatliche Lesart, waren von »verräterischen Faschisten« verfolgt und umgebracht worden. Gleichzeitig wurde an die gefallenen oder ermordeten Widerstandskämpfer, zumeist führende Partisanen sowie Mitglieder der Kommunistischen Parteien Kroatiens und Jugoslawiens, erinnert.
Nach der Erklärung der Unabhängigkeit im Sommer 1991 begann die serbisch dominierte Jugoslawische Volksarmee einen Krieg gegen Kroatien, der bis Ende 1995 andauerte. Dabei wurde auch die Gedenkstätte Jasenovac von Serben besetzt und stark beschädigt, das Museum geplündert. Nachdem der Ort wieder Teil Kroatiens geworden war, wollte Präsident Franjo Tudjman (1922–1999) hier eine Stätte des Gedenkens an alle kroatischen Opfer des Zweiten Weltkrieges und des Krieges 1991–1995 einrichten. Erst 2006 konnten eine Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers und ein Bildungszentrum eröffnet werden. Der Umgang mit der Weltkriegsvergangenheit in Kroatien ist seit 1991 gespalten. Bis zum Jahr 2000 wurden mehr als 3.000 Gedenkorte, auch Gräber, beschädigt und auf unterschiedliche Art und Weise aus der Öffentlichkeit entfernt. In anderen Landesteilen wird das Erbe des »antifaschistischen Volksbefreiungskampfes« gepflegt.
Die wichtigste Gedenkstätte des Landes ist nach wie vor Jasenovac, wo es jahrzehntelang Kontroversen um die genaue Zahl und ethnische Zusammensetzung der Opfer gab. Mittlerweile haben sich führende Politiker des Landes am historischen Ort zur Verantwortung Kroatiens an den Verbrechen der Ustascha bekannt.
2022 wurde in Zagreb ein Holocaustdenkmal eingeweiht, das vor allem an die aus der Hauptstadt deportierten Juden erinnert.
Erinnerung
Die Gedenkanlage am Standort des ehemaligen Lagers Danica in Kopreinitz besteht aus mehreren Elementen: Auf dem Gelände befinden sich ein Wasserturm, eine Plastik in Form eines Galgens, eine Gedenktafel und eine monumentale Statue, die einen Partisanen in Heldenpose darstellt. Die Plastik »Galgen« stammt vom Architekten Lenko Pleština und wurde 1981 errichtet. Während des Krieges in den 1990er Jahren wurde die Anlage beschädigt. 2006 wurde das Gelände wieder hergerichtet und zugänglich gemacht.
Angebote
Mitarbeiter des Stadtmuseums führen über das Gelände.