Jama – Denkmal für die ermordeten Juden des Minsker Ghettos Мемориальный комплекс Яма / Мэмарыяльны комплекс Яма

Pamjatnik Jama


Mehrere Denkmale erinnern in der belarussischen Hauptstadt Minsk an die ermordeten Juden des Minsker Ghettos. Zwischen 1941 und 1943 mussten bis zu 80.000 Juden im Ghetto Minsk leben, fast alle wurden ermordet. Bereits 1946 wurde auf dem Gelände des ehemaligen Ghettos ein Denkmal errichtet.

Geschichte

Die belarussische Hauptstadt Minsk wurde am 28. Juni 1941 von der deutschen Wehrmacht besetzt. Drei Wochen später, am 19. Juli 1941 errichtete die deutsche Militärverwaltung auf Befehl des Feldkommandanten Karl Schlegelhofer ein Ghetto für die etwa 80.000 in Minsk lebenden Juden. Gleichzeitig erschoss die SS immer wieder Juden, allein im Juli 1941 bis zu 5.000. Ab Herbst 1941 trafen zudem Transporte mit 7.000 deutschen, österreichischen und tschechischen Juden in Minsk ein. Die SS-Verwaltung hatte zuvor »Platz« im Ghetto geschaffen, in dem sie mehrere Tausend Juden im Wald bei der Vernichtungsstätte Malyj Trostenez erschießen ließ. Bis Ende 1941 kamen weitere 17.000 Juden in Minsk an, die in einen gesonderten Teil des Ghettos ziehen mussten, der nach dem ersten Transport aus Hamburg vom Herbst 1941 »Hamburger Ghetto« genannt wurde. Ab Frühjahr 1942 wurden die Transporte aus dem Deutschen Reich direkt nach Malyj Trostenez umgeleitet, wo die Opfer anschließend im Wald von Blagowschtschina ermordet wurden.
Die Juden im Minsker Ghetto mussten Zwangsarbeit leisten. Immer wieder wurden Juden, die als »arbeitsunfähig« galten, in Malyj Trostenez ermordet. Zwischen dem 28. und 31. Juli 1942 ermordete die SS etwa 10.000 nicht arbeitende Juden aus dem Ghetto. Im Juni 1943 begannen Mordaktionen auch gegen Juden, die Zwangsarbeit leisteten. Im September 1943 löste die SS das Ghetto auf: Die Juden aus dem Minsker Ghetto wurden in Arbeits- und Vernichtungslager deportiert. Die letzten 2.000 in Minsk verbliebenen Juden wurden am 21. Oktober 1943 ermordet.

Opfergruppen

Die Zahl der in Minsk ermordeten Juden wird auf 50.000 bis 85.000 geschätzt. Die meisten von ihnen stammten aus Minsk und Umgebung. Auch etwa 24.000 deutsche, österreichische und tschechische Juden wurden hier ermordet, viele von ihnen aus Großstädten wie Hamburg, Bremen, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Berlin und Brünn (tschechisch: Brno).

Erfahre mehr über Belarus

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs im September 1939 und dem Einmarsch der Roten Armee in Ostpolen kam der Nordosten des Landes zu Belarus als Teil der Sowjetunion. Im Sommer 1941 wurde dann ganz Belarus von deutschen Truppen erobert. Während der folgenden drei Jahre kam jeder vierte oder gar jeder dritte Einwohner gewaltsam ums Leben. Fast alle Städte des Landes wurden völlig zerstört. Wehrmacht oder SS brannten etwa 620 Dörfer, darunter Chatyn, systematisch samt ihren Einwohnern nieder. Malyj Trostenez, nahe der belarussichen Hauptstadt Minsk, war die größte Vernichtungsstätte auf dem Gebiet der besetzten Sowjetunion. Heute nimmt man an, dass mindestens 60.000 deutsche und einheimische Juden dort ermordet wurden. Für Minsk wird die Zahl der getöteten Juden auf bis zu 85.000 geschätzt, für das gesamte Gebiet auf 230.000. Belarus bildete von 1941 an mit über tausend aktiven Gruppen ein Hauptgebiet des sowjetischen Partisanenkampfes gegen die deutschen Besatzer. Ab Ende 1943 wurde das Land von der Roten Armee zurückerobert und galt im Sommer 1944 als vollständig von der deutschen Besatzung befreit. Das Land war weitestgehend verwüstet, das gesellschaftliche Gefüge erschüttert und die Menschen traumatisiert. Belarus gehörte ab 1944 wieder zur Sowjetunion. Ein großer Teil der 1939 einverleibten polnischen Gebiete blieben Teil des Landes. In der staatlichen Erinnerungs- und Denkmalkultur des Landes dominierten nach Kriegsende der Tag der Befreiung des Landes am 3. Juli 1944 und der Tag des Sieges am 9. Mai 1945 als Ende eines »heldenhaften« Kampfes im Großen Vaterländischen Krieg. Von zentraler Bedeutung war stets auch die Erinnerung an den Partisanenkrieg. Im sowjetischen Staatsverband verzichtete man auf eine eigenständige Nennung des Massenmords an den Juden. Daher stellt ein Obelisk in der Erschießungsgrube am ehemaligen Minsker Ghetto, der »Jama«, eine Besonderheit auf dem Gebiet der damaligen Sowjetunion dar. Er wurde bereits 1946 errichtet und blieb für Jahrzehnte das einzige Denkmal mit einer jiddischen Aufschrift und direkter Nennung der ermordeten Juden. Ungewöhnlich ist auch die Erinnerungsstätte in Chatyn, wo im März 1943 153 Menschen bei lebendigem Leib verbrannt worden waren. 1969 entstanden, zeichnet sie sich durch Schlichtheit aus und verzichtet auf die sonst übliche Monumentalität, es stehen die menschliche Dimension des Grauens und das Leid der Opfer im Vordergrund. Mit der Schaffung eines unabhängigen belarussischen Staates 1991 begann die Suche nach einer eigenen nationalen Identität. Hierbei spielen die Opferzahlen – insbesondere während des Zweiten Weltkrieges – eine entscheidende Rolle. Bewusst wird allerdings eine Unterscheidung zwischen dem Gebietstand vor und nach 1939 vermieden. Die Verbrechen der Stalinzeit, aber auch der Holocaust rückten ebenso in das Blickfeld, wurden aber aufgrund der vorhandenen Regierungsform nicht weitergehend öffentlich gemacht. Das staatliche Gedenken, das seinen Ausdruck auch im 2014 eröffneten, monumentalen Neubau des Museums der Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges findet, bleibt vom Kampf in den Jahren 1941 bis 1944 geprägt. Zugleich hat jedoch der Verband der jüdischen Gemeinden in Belarus inzwischen eine Reihe von Denkmälern für die Opfer des Massenmordes errichten lassen. Seit Anfang der 1990er Jahre haben mehrere deutsche Städte Stelen im Gedenken an die dorthin deportierten und getöteten Juden in Minsk errichtet; das Berliner Erinnerungszeichen wurde – vom Land Berlin und der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas finanziert – am 25. Juni 2009 feierlich eingeweiht. Auch eine würdige Gestaltung des Areals von Malyj Trostenez geht voran: seit 2015 erinnert eine Gedenkanlage an die Opfer. Ein zweiter Bauabschnitt wurde 2018 im Beisein der Staatspräsidenten Deutschlands, Österreichs und von Belarus eröffnet. An der Realisierung beteiligte sich auch die Bundesrepublik finanziell, wie auch an der Renovierung der Geschichtswerkstatt, die sich in einem historischen Gebäude auf dem Gebiet des ehemaligen Minsker Ghettos um die Dokumentation von Opferschicksalen kümmert.

Erinnerung

An einer ehemaligen Erschießungsstätte auf dem Gelände des Minsker Ghettos, der »Jama« (Grube) entstand auf Initiative von Überlebenden schon 1946 ein Denkmal zu Erinnerung an die hier ermordeten Juden des Minsker Ghettos. An dieser Stelle sind am 2. März 1942 etwa 5.000 Juden aus dem Minsker Ghetto erschossen worden, darunter viele Kinder. Das Denkmal war eines der sehr wenigen in der ehemaligen Sowjetunion, die eine Inschrift auf Jiddisch trugen und ausdrücklich Juden als Opfer des Völkermords nannten: »Ein helles Gedenken auf ewige Zeiten den 5.000 Juden, umgekommen von der Hand der grausamen Feinde der Menschheit - der faschistisch-deutschen Verbrecher, 2. März 1942.«
Während der sowjetischen Zeit drohten die Behörden immer wieder damit das Denkmal zu entfernen oder die gesamte Jama zuschütten zu lassen. Erst 1992, nach der Unabhängigkeit von Belarus, konnten hier Gedenkfeiern abgehalten werden. Mitte der 1990er Jahre entstand eine »Allee der Gerechten der Völker« mit Bäumen, auf denen die Namen von Menschen stehen, die Juden Hilfe leisteten. Im Juli 2000 wurde die Gedenkstätte um ein weiteres Element erweitert: Die Künstler Leonid Lewin und Else Pollack schufen eine Skulptur, die 27 Ghettobewohner zeigt, wie sie vor ihrer Erschießung in die Grube hinabsteigen. Ebenfalls am Beginn der Treppe steht eine Menora aus rötlichem Stein.
Einige Straßen weiter, auf dem Gelände des ehemaligen jüdischen Friedhofs, stehen mehrere Gedenksteine in Erinnerung an deutsche Juden, die nach Minsk deportiert und in Malyj Trostenez ermordet worden sind. Die Gedenksteine erinnern unter anderem an Opfer aus Hamburg, Berlin, Wien und Königsberg.

Öffnungszeiten

Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.

Kontakt

http://minsk-old-new.com/minsk-2881-ru.htm

ujrcrb@tut.by

+375 (80)172 366 797

Saslavskaja Straße 35
Minsk