• Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
In dem kleinen sächsischen Ort Zeithain, nahe Riesa, erinnert seit 1949 die Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain an die zehntausenden Kriegsgefangenen des Lagers Stalag 304 (IV H) Zeithain, das dort von 1941 bis 1945 bestand.
Bild:Zeithain, 1943/44, Zählappell vor den Unterkunftsbaracken im Kriegsgefangenenlager, Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover
Zeithain, 1943/44, Zählappell vor den Unterkunftsbaracken im Kriegsgefangenenlager, Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover

Bild:Zeithain, 2011, Ehemalige Lagerbaracke, Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Zeithain, 2011, Ehemalige Lagerbaracke, Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Im April 1941, etwa zwei Monate vor dem Angriff auf die Sowjetunion, ließ die Wehrmacht sogenannte Russenlager für die separate Unterbringung von sowjetischen Kriegsgefangenen errichten. Eines dieser Lager entstand auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz in Zeithain nahe Riesa. Die ersten 2.000 Kriegsgefangenen trafen im Juli 1941 in Zeithain ein. Nach der Registrierung im Lager vegetierten die Gefangenen unter freiem Himmel vor sich hin. Für die Kriegsgefangenen gab es keine Unterkünfte, sie waren der Witterung schutzlos ausgesetzt. Zudem herrschte Wasser- und Nahrungsknappheit, viele der Häftlinge erkrankten. Die sowjetischen Kriegsgefangenen mussten auch Zwangsarbeit leisten: Ab Juli 1941 bauten sie zunächst Unterkünfte für die Wachmannschaften und Wirtschaftsgebäude auf – erst im September 1941 bauten sie Baracken zu ihrer eigenen Unterbringung. Die Zahl der Häftlinge in Zeithain stieg schnell an, bereits vier Wochen nach dem ersten Transport befanden sich etwa 32.000 Menschen im Lager.
Ab September 1942 diente das Lager in Zeithain als Zweiglager des nahe gelegenen Stalags IV B Mühlberg zur Verteilung von Häftlingen auf andere Lager. Das Stalag 304 wurde von Zeithain nach Belgien verlegt. Zur gleichen Zeit wurde das Lager in Zeithain zum »Reservelazarett« für arbeitsunfähige sowjetische Kriegsgefangene aus dem gesamten Wehrkreis IV. Die Versorgung der Kranken war jedoch völlig unzureichend, so dass täglich zwischen 10 und 20 Menschen starben. Am 23. April 1945 befreiten Einheiten der Roten Armee die Lager Mühlberg und Zeithain.
Bild:Zeithain, 1943/44, Zählappell vor den Unterkunftsbaracken im Kriegsgefangenenlager, Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover
Zeithain, 1943/44, Zählappell vor den Unterkunftsbaracken im Kriegsgefangenenlager, Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover

Bild:Zeithain, 2011, Ehemalige Lagerbaracke, Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Zeithain, 2011, Ehemalige Lagerbaracke, Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Im Kriegsgefangenenlager in Zeithain kamen etwa 30.000 bis 35.000 Kriegsgefangene aus der Sowjetunion ums Leben. Die meisten erlagen Hunger und Krankheiten. Mindestens tausend sowjetische Gefangene wurden von der Gestapo »ausgesondert« und im Konzentrationslager Buchenwald ermordet. In Zeithain waren aber auch Häftlinge anderer Nationalität interniert: Vor allem italienische Militärinternierte und Angehörige der polnischen Heimatarmee (polnisch: Armia Krajowa). Etwa 900 Italiener kamen zwischen Oktober 1943 und 1945 in Zeithain ums Leben. Nach der Niederschlagung des Warschauer Aufstandes kamen 1944 etwa 1.400 polnische Häftlinge nach Zeithain. Von den polnischen Häftlingen überlebten fast alle, da die Wehrmacht sie – im Gegensatz etwa zu den sowjetischen Gefangenen –entsprechend der Genfer Konventionen behandelte.
Bild:Zeithain, 1942, Kriegsgefangener, Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Zeithain, 1942, Kriegsgefangener, Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain

Bild:Zeithain, 2010, Dokumentenhaus neben der ehemaligen Lagerbaracke, Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Zeithain, 2010, Dokumentenhaus neben der ehemaligen Lagerbaracke, Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Nach 1945 wurde das ehemalige Lagergelände wieder als Truppenübungsplatz genutzt. Die sowjetische Armee führte dort Manöver durch. Nach dem Abzug der russischen Truppen 1994 wurde das Gelände zum Naturschutzgebiet.
Am Ort der ersten Massengräber, dem ehemaligen »Russenfriedhof« in der Nähe des ehemaligen Lagergeländes, errichteten die sowjetischen Behörden 1949 den Ehrenhain Zeithain. Weitere Grabfelder wurden zu Friedhofsanlagen umgestaltet. 1985 wurde im ehemaligen Wohnhaus des Friedhofsgärtners (heute: Dokumentenhaus) am Ehrenhain Zeithain eine Ausstellung eröffnet. Die damalige Ausstellung berücksichtigte die nicht-sowjetischen Opfer des Lagers nicht, sondern hob besonders den kommunistischen Widerstand hervor. Diese Umdeutung der Lagergeschichte zum heldenhaften Widerstandskampf entsprach der damaligen sozialistischen Staatspropaganda. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde die Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain geschlossen. Anfang der 1990er Jahre setzten sich Ehrenamtliche für den Erhalt der Gedenkstätte ein. Ab 1995 förderte die Stiftung Sächsische Gedenkstätten die wissenschaftliche Erforschung des Stalag 304. Eine ehemalige Baracke des Lagers, die nach 1945 weiter genutzt wurde, konnte 2001 rekonstruiert und der Gedenkstätte zur Verfügung gestellt werden. 2003 wurde dort eine Dauerausstellung eröffnet.
Bild:Zeithain, 2010, Eingang zur Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Zeithain, 2010, Eingang zur Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain

Bild:Zeithain, 2003, Blick in die Ausstellung, Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Zeithain, 2003, Blick in die Ausstellung, Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Name
Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain
Adresse
Zum Ehrenhain 1
01619 Zeithain
Telefon
+49 (0)3525 760 392
Fax
+49 (0)3525 510 469
Web
http://www.ehrenhain-zeithain.de
E-Mail
ehrenhain.zeithain@stsg.de
Öffnungszeiten
Montag bis Donnerstag: 10.00 bis 16.00
Freitag: 10.00 bis 14.00
Samstag, Sonntags, Feiertagen: 10.00 bis 16.00
(Am 24.12. und am 31.12. geschlossen)
Angebot
Führungen durch die Gedenkstätte und das ehemalige Lagergelände, Workcamps, Lehrerfortbildungen