• Denkmal für die Opfer der Lager von Osaritschi
Im belarussischen Osaritschi (belarussisch: Azarytschy) würdigt eine Denkmalanlage die über 9.000 zivilen Opfer, die Anfang März 1944 in drei Lagern der deutschen Wehrmacht in der Umgebung von Osaritschi durch Fleckfieber, Hunger und Kälte zu Tode gekommen sind.
Bild:Osaritschi, 1944, Opfer des Lages, Belorusskij gosudarstwennyj muzej istorii welikoj otetschestwennoj wojny, Aufnahme: Podschiwalow
Osaritschi, 1944, Opfer des Lages, Belorusskij gosudarstwennyj muzej istorii welikoj otetschestwennoj wojny, Aufnahme: Podschiwalow

Bild:Osaritschi, 2019, Ansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Osaritschi, 2019, Ansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Anfang März 1944 richtete die 9. deutsche Armee unter Oberbefehlshaber Josef Harpe auf ihrem Rückzug bei Osaritschi, Dert und Podosinnik drei mit Stacheldraht umzäunte Notlager in einem Sumpfgebiet ein – mit dem Ziel, »Seuchenkranke, Krüppel, Greise und Frauen mit mehr als zwei Kindern unter zehn Jahren sowie sonstige Arbeitsunfähige« loszuwerden. Die 35. Infanteriedivision, die 110. Infanteriedivision sowie das Sonderkommando 7 a der SS-Einsatzgruppe B trieben dann bis zum 12. März nicht weniger als 40.000, möglicherweise über 50.000 erschöpfte und hilflose Zivilisten aus den belarussischen Gebieten Gomel, Mogilew und Polessje sowie den russischen Gebieten Smolensk und Orel dorthin. Ziel der Wehrmacht war es auch, durch die humanitäre Katastrophe den Vormarsch der Roten Armee zu verlangsamen und unter ihren Soldaten Krankheiten auszubreiten.
Bis zum Einmarsch der 65. Armee der 1. Belarussischen Front am 18./19. März 1944 kamen – unter freiem Himmel, ohne Wasser und ohne Nahrung – zwischen 9.000 und 13.000 Kinder, Frauen und Männer um. Dieses kalkulierte Massensterben durch Fleckfieber, Hunger und Kälte gilt als eines der schwersten Verbrechen der Wehrmacht gegen Zivilisten im Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion.
Bild:Osaritschi, 1944, Opfer des Lages, Belorusskij gosudarstwennyj muzej istorii welikoj otetschestwennoj wojny, Aufnahme: Podschiwalow
Osaritschi, 1944, Opfer des Lages, Belorusskij gosudarstwennyj muzej istorii welikoj otetschestwennoj wojny, Aufnahme: Podschiwalow

Bild:Osaritschi, 2019, Ansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Osaritschi, 2019, Ansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Zwischen 9.000 und 13.000 der bis zu 50.000 verschleppten belarussischen und russischen Kinder, Frauen und Männer überlebte die Lagerhaft in den Lagern bei Osaritschi nicht. Unter den Befreiten waren über 15.000 Kinder unter 13 Jahren, viele von ihnen schwer erkrankt.
Bild:Osaritschi, 1944, Die dreijährige Tanja mit ihrer toten Mutter, Belorusskij gosudarstwennyj muzej istorii welikoj otetschestwennoj wojny,  Aufnahme: Podschiwalow
Osaritschi, 1944, Die dreijährige Tanja mit ihrer toten Mutter, Belorusskij gosudarstwennyj muzej istorii welikoj otetschestwennoj wojny, Aufnahme: Podschiwalow

Bild:Osaritschi, 2019, Gedenkkapelle der russisch orthodoxen Kirche, Stiftung Denkmal
Osaritschi, 2019, Gedenkkapelle der russisch orthodoxen Kirche, Stiftung Denkmal
Bereits unmittelbar nach der Rückeroberung durch die Rote Armee begann die sowjetische Außerordentliche Kommission mit der Beweissicherung in Osaritschi, Dert und Podosinnik. Ihre Untersuchungsergebnisse dienten der antideutschen Kriegspropaganda und 1945/46 als Beweisdokument beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess. General Richert wurde 1946 in Minsk wegen seiner Beteiligung an den Todeslagern um Osaritschi zum Tode verurteilt und hingerichtet. Die Hauptschuldigen bleiben allerdings unbehelligt.
1965 entstand ein erstes Denkmal, dennoch wurden die Opfer in der Sowjetunion kaum öffentlich gewürdigt. Erst in der unabhängigen Republik Belarus konnten sie über ihre Erlebnisse berichten. 1994 wurde ein neues Denkmal eingeweiht, bei dem das Leid der Opfer im Vordergrund steht. Es befindet sich im Wald unweit des Dorfes Osaritschi. An diesem Ort gab es zwar einige von der Wehrmacht zurückgelassene Strukturen, die eigentlichen Lager befanden sich jedoch an anderen, unzulänglicheren Orten. Die russischsprachige Widmung der Denkmalanlage lautet: »Hier, im faschistischen Todeslager, kamen im März 1944 über 9.000 friedliche Einwohner durch Kälte, Hunger und Krankheiten um, wurden erschossen und gequält..«
Im Zentrum von Osaritschi wurde 2004 ein kleines »Museum für die Opfer des Todeslagers Osaritschi« eröffnet. Zum Jahrestag der Befreiung am 19. März finden jährlich staatliche und krirchlichen Gedenkfeiern statt. 2010 weihte die orthodoxe Kirche eine kleine Holzkapelle gegenüber dem Denkmal ein.
Die deutsch-weißrussische Wanderausstellung »Vernichtungsort Malyj Trostenez. Geschichte und Erinnerung«, an der die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas mitgewirkt hat, wurde zum 75. Jahrestag der Befreiung der Lager um ein Modul zum Thema »Osaritschi« ergänzt.
Bild:Osaritschi, 2019, Gedenkfeier anläßlich des 75. Jahrestags der Befreiung der Lager, Stiftung Denkmal
Osaritschi, 2019, Gedenkfeier anläßlich des 75. Jahrestags der Befreiung der Lager, Stiftung Denkmal

Bild:Osaritschi, 2019, Gemälde im Museum, Stiftung Denkmal
Osaritschi, 2019, Gemälde im Museum, Stiftung Denkmal
Bild:Osaritschi, 2019, Detailansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Osaritschi, 2019, Detailansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Bild:Osaritschi, 2019, Nachgebauter Wachturm mit Stacheldrahtzaun, Stiftung Denkmal
Osaritschi, 2019, Nachgebauter Wachturm mit Stacheldrahtzaun, Stiftung Denkmal
Bild:Osaritschi, 2019, Widmung der Gedenkanlage, Stiftung Denkmal
Osaritschi, 2019, Widmung der Gedenkanlage, Stiftung Denkmal
Bild:Osaritschi, 2019, Ausstellungtafeln im Museum, Stiftung Denkmal
Osaritschi, 2019, Ausstellungtafeln im Museum, Stiftung Denkmal
Name
Memorial schertvam faschistskogo konclagerja v Osaritschach
Adresse
GPS: 52°29'09.2"N 29°13'07.7"E
247742 Azarytschy
Öffnungszeiten
Die Denkmalanlage ist jederzeit zugänglich.