• Internierungslager Le Vernet
In der okzitanischen Gemeinde Le Vernet (Ariège) erinnert eine kleine Gedenkstätte an das Internierungslager, das dort zwischen 1939 und 1944 bestand und in dem die französischen Behörden der Regierung Vichy politische Gegner und Juden unter erbärmlichen Bedingungen gefangen hielten. Hunderte Juden wurden aus Le Vernet in deutsche Konzentrationslager deportiert.
Bild:Le Vernet, 1942, Luftaufnahme des Lagers, gemeinfrei
Le Vernet, 1942, Luftaufnahme des Lagers, gemeinfrei

Bild:Le Vernet, 2012, Bahnhofsgebäude, Thierry Llansades
Le Vernet, 2012, Bahnhofsgebäude, Thierry Llansades
Le Vernet ist eine kleine Gemeinde etwa 40 km südlich von Toulouse in der Region Okzitanien. Hier richtete die Armee 1918 ein Lager für Soldaten aus dem Senegal ein. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde es für kurze Zeit als Lager für Kriegsgefangene aus Deutschland und Österreich-Ungarn genutzt.
Als im spanischen Bürgerkrieg die Republikaner immer mehr in die Defensive gerieten, flüchteten Tausende Kämpfer über die Pyrenäen nach Frankreich, darunter viele Mitglieder der sogenannten internationalen Brigaden. Die französische Regierung hielt die Flüchtlinge in Internierungslagern fest, vor allem, weil sie ein Erstarken der Linken im Land befürchtete. Eines der größten dieser Lager wurde im Februar 1939 in Le Vernet eingerichtet.
Ab September 1939 befand sich Frankreich im Krieg mit Deutschland. Die Regierung ließ »unerwünschte« Ausländer und als »verdächtig« eingestufte Franzosen verhaften und in Lager bringen, so auch nach Le Vernet. Darunter waren viele Kommunisten und Linke, aber auch Rechtsradikale sowie hunderte ausländische Juden. Im Februar 1940 hatte das Lager 2.000 Insassen, darunter 800 Juden.
Nach der Kapitulation Frankreichs im Sommer 1940 verdoppelte sich die Zahl der Häftlinge. Unter den neuen Häftlingen waren auch viele deutsche Kommunisten. Das Lager befand sich im nicht besetzten Teil Frankreichs und wurde von den Behörden der Kollaborationsregierung in Vichy verwaltet. Die Bedingungen im überfüllten Lager waren katastrophal. Die Häftlinge, die sinnlose und oft erniedrigende Arbeiten erledigen mussten, litten an Hunger, Gewalt und Kälte.
Von September 1942 bis Mai 1944 wurden Juden aus Le Vernet nach Dachau und Auschwitz deportiert. Auch jüdische Frauen und Kinder aus der Region wurden durch das Lager geschleust. Am 15. Juni 1944 übernahmen die Deutschen das Lager und lösten es auf. Am 30. Juni 1944 wurden die letzten 400 Häftlinge in einen Zug gepfercht und in Richtung Dachau geschickt, wo er erst am 28. August mit nur noch 291 Personen an Bord ankam.
Bild:Le Vernet, 1942, Luftaufnahme des Lagers, gemeinfrei
Le Vernet, 1942, Luftaufnahme des Lagers, gemeinfrei

Bild:Le Vernet, 2012, Bahnhofsgebäude, Thierry Llansades
Le Vernet, 2012, Bahnhofsgebäude, Thierry Llansades
Insgesamt etwa 40.000 Personen aus mehr als 50 Ländern durchliefen das Lager zwischen Februar 1939 und Juni 1944. Unter den Häftlingen waren zahlreiche bekannte Kommunisten, Antifaschisten und Künstler, wie etwa der deutsche Kommunist Friedrich Wolf (1888–1953), der Schriftsteller Arthur Koestler (1905–1983) oder der später in seiner Heimat nach einem stalinistischen Schauprozess hingerichtete ungarische Kommunist László Rajk (1909–1949).
Zwischen Sommer 1942 und dem Mai 1944 wurden insgesamt 1.200 jüdische Kinder, Frauen und Männer von Le Vernet aus in die Konzentrationslager Dachau und Auschwitz deportiert. Unter den Deportierten waren nicht nur politische Häftlinge, sondern auch Juden aus der Region, die vor ihrer Deportation in Le Vernet gesammelt wurden.
Bild:Le Vernet, 2012, Lagerfriedhof, Thierry Llansades
Le Vernet, 2012, Lagerfriedhof, Thierry Llansades

Bild:Le Vernet, 2012, Gedenktafeln am Bahnhofsgebäude, Thierry Llansades
Le Vernet, 2012, Gedenktafeln am Bahnhofsgebäude, Thierry Llansades
Nach dem Krieg erinnerte lange Zeit nur wenig an das ehemalige Internierungslager, das auf Französisch offiziell Konzentrationslager (»camp de concentration«) hieß. Von den Gebäuden blieben nur wenige Reste übrig, darunter die beiden Tragesäulen des ehemaligen Lagertors. Der Lagerfriedhof blieb erhalten, genauso wie der ehemalige Bahnhof des Lagers. In der Gemeinde Le Vernet wurde ein kleines Museum über die Geschichte des Lagers eingerichtet.
1973 gründeten ehemalige Häftlinge einen Verein (»Amicale«), um die Erinnerung an das Lager aufrechtzuerhalten. Der Verein ist bis heute aktiv und organisiert unter anderem eine jährliche Gedenkveranstaltung am 1. November. 1996 kaufte der Verein einen Güterwaggon desselben Typs, in dem die Häftlinge in deutsche Konzentrationslager deportiert worden waren. Dieser Waggon steht neben dem ehemaligen Bahnhof.
Der Schriftsteller Arthur Koestler beschrieb seine Haftzeit in Le Vernet in seinem Buch »Abschaum der Erde« (englisch: Scum of the Earth«), das zuerst 1941 in England erschien.
Bild:Le Vernet, 2012, Denkmal am Lagerfriedhof, Thierry Llansades
Le Vernet, 2012, Denkmal am Lagerfriedhof, Thierry Llansades

Bild:Le Vernet, 2012, Güterwaggon, Thierry Llansades
Le Vernet, 2012, Güterwaggon, Thierry Llansades
Name
Camp du Vernet
Adresse
Allée d'Embayonne
09700 Le Vernet (Ariège)
Web
http://www.campduvernet.eu/
E-Mail
amicale@campduvernet.eu
Öffnungszeiten
Das ehemalige Lagergelände, die Installation des Waggons und der Lagerfriedhof sind jederzeit zugänglich. Das Museum ist nur auf Anfrage im Gemeinderathaus zugänglich.
Angebot
Ausstellung, jährliche Gedenkveranstaltung am 1. November