• Denkmal für die Opfer der deutschen Besatzung
Auf dem Budapester Freiheitsplatz steht seit 2014 ein Denkmal, das an die Opfer der deutschen Besatzung Ungarns 1944/1945 erinnern soll.
Bild:Budapest, 1944, Deutsche Truppen im Burgviertel, Magyar Nemzeti Múzeum
Budapest, 1944, Deutsche Truppen im Burgviertel, Magyar Nemzeti Múzeum

Bild:Budapest, 2015, Ansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Budapest, 2015, Ansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Ungarn war seit 1940 mit den Achsenmächten verbündet und nahm an der Seite des Deutschen Reiches am Zweiten Weltkrieg teil.
Am 19. März 1944 marschierte die deutsche Wehrmacht in Ungarn ein. Die Gründe für die Besetzung eines verbündeten Staates waren vielfältig: Zum einen wuchs in Berlin die Sorge, dass Ungarn angesichts des Kriegsverlaufs aus dem Bündnis austreten könnte, zum anderen sollte die Flanke in Südosteuropa gegen den Vormarsch der Roten Armee gesichert werden. Auch wirtschaftliche Überlegungen spielten eine wichtige Rolle: Ungarn verfügte über kriegswichtige Rohstoffe und vor allem über viele frische Arbeitskräfte.
Nach dem Einmarsch wurden die staatlichen Strukturen zunächst kaum geändert, auch Staatsoberhaupt Horthy blieb im Amt. Innerhalb der Regierung gewannen jedoch schnell die pro-deutschen Kräfte die Oberhand. Im Frühjahr und im Sommer wurden mit tatkräftiger Unterstützung des ungarischen Staatsapparates Hunderttausende Juden in Konzentrationslager deportiert. Die meisten Juden wurden sofort ermordet, aber Zehntausende arbeitsfähige Juden wurden als Zwangsarbeiter versklavt.
Mit der Zeit nahm der deutsche Einfluss in Ungarn stetig zu. Nach dem fehlgeschlagenen Versuch Horthys, im Oktober 1944 das Bündnis zu verlassen, installierten die Deutschen die nationalsozialistisch geprägte Pfeilkreuzlerpartei unter Führung von Ferenc Szálasi an der Macht. Zu dieser Zeit waren bereits sowjetische Truppen in Teilen des Landes. Die Pfeilkreuzler errichteten ein Schreckensregime. Vor allem in Budapest ermordeten sie Tausende Menschen, vor allem Juden, mit beispielloser Brutalität. Ihre Herrschaft war erst mit dem Ende der Kriegshandlungen im April 1945 zu Ende.
Bild:Budapest, 1944, Deutsche Truppen im Burgviertel, Magyar Nemzeti Múzeum
Budapest, 1944, Deutsche Truppen im Burgviertel, Magyar Nemzeti Múzeum

Bild:Budapest, 2015, Ansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Budapest, 2015, Ansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Vor dem Einmarsch der Wehrmacht hatte sich Ungarn trotz deutschen Drucks geweigert, die im Land lebenden Juden zu deportieren. Erst nach dem deutschen Einmarsch gewannen diejenigen Kräfte die Oberhand, die offen die Deportation der Juden forderten. Etwa 400.000 Juden aus Ungarn wurden in der Folge in deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordet.
Während der Kampfhandlungen, die ohne die Anwesenheit der Wehrmacht deutlich weniger intensiv verlaufen wären, verloren mindestens 60.000 Zivilisten ihr Leben. Auch die Zahl der in Ungarn gefallenen Soldaten war beträchtlich.
Bild:Budapest, 1945, Die Ruinen der Stadt nach dem Ende der Kampfhandlungen, fortepan.hu
Budapest, 1945, Die Ruinen der Stadt nach dem Ende der Kampfhandlungen, fortepan.hu

Bild:Budapest, 2015, Mehrsprachige Widmung, Stiftung Denkmal
Budapest, 2015, Mehrsprachige Widmung, Stiftung Denkmal
Anfang 2014 wurden die Pläne der ungarischen Regierung bekannt, im Schnellverfahren ein »Denkmal für die Opfer der deutschen Besatzung« auf dem Budapester Freiheitsplatz zu errichten. Eine vorherige Diskussion oder ein Wettbewerb zur künstlerischen Gestaltung fanden nicht statt. Die Statue des Künstlers Péter Párkányi Raab zeigt Erzengel Gabriel, Schutzpatron Ungarns, als ihm ein Adler, der für das nationalsozialistische Deutschland stehen soll, den ungarischen Reichsapfel aus der Hand schlägt. Auf dem klassizistischen Portal dahinter steht die Widmung des Denkmals: »Denkmal für die Opfer der deutschen Besatzung.«
In der ungarischen Öffentlichkeit erregte das Denkmal heftige Kontroversen. Kritiker warfen der Regierung vor, in der Erinnerungspolitik Fakten schaffen zu wollen, ohne die Zivilgesellschaft zu beteiligen. Vor allem sahen sie den Versuch, ausgerechnet im Holocaust-Gedenkjahr 2014 die ungarische Verantwortung für die Deportationen herunterspielen zu wollen. Während das Denkmal suggeriere, dass Ungarn ein unschuldiges Opfer der deutschen Aggression sei, betonten viele Historiker, dass der ungarische Staat – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern unter deutscher Besatzung – auch nach dem Einmarsch der Wehrmacht noch Handlungsspielräume hatte.
Angesichts des erbitterten Streits wurde das Denkmal im Juli 2014 ohne Einweihungsfeier der Öffentlichkeit übergeben. Unter dem Motto »Lebendiges Denkmal« organisierten Gegner des Denkmals – darunter Holocaustüberlebende und Angehörige von Ermordeten – Gesprächsrunden vor dem Denkmal. Seitdem befinden sich viele Bilder, Schilder und Kerzen auf dem Platz, die verschiedene Bürger dort angebracht haben. Sie werden nicht entfernt.
Bild:Budapest, 2015, Ansicht des Denkmals mit Elementen des »Lebendigen Denkmals« der Denkmalgegner, Stiftung Denkmal
Budapest, 2015, Ansicht des Denkmals mit Elementen des »Lebendigen Denkmals« der Denkmalgegner, Stiftung Denkmal

Bild:Budapest, 2015, »Meine Mutter, wenige Wochen vor Auschwitz«, Stiftung Denkmal
Budapest, 2015, »Meine Mutter, wenige Wochen vor Auschwitz«, Stiftung Denkmal
Bild:Budapest, 2015, Detailansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Budapest, 2015, Detailansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Bild:Budapest, 2015, Elemente des »Lebendingen Denkmals«, Stiftung Denkmal
Budapest, 2015, Elemente des »Lebendingen Denkmals«, Stiftung Denkmal
Bild:Budapest, 2015, Detailansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Budapest, 2015, Detailansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Bild:Budapest, 2015, Rückansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Budapest, 2015, Rückansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal
Name
A német megszállás áldozatainak emlékműve
Adresse
Szabadság Tér
1054 Budapest
Öffnungszeiten
Das Denkmal ist jederzeit zugänglich