• Ehemaliges SS-Lager Soldau
Das SS-Lager im ostpreußischen Städtchen Soldau (polnisch: Działdowo) diente 1939/40 als Haftanstalt während der nationalsozialistischen Verfolgung der polnischen Oberschichten und 1940 als Mordstätte im Rahmen der Patientenmorde (»Euthanasie«). An die 13.000 bis 20.000 Opfer erinnern mehrere Gedenkzeichen am Ort und in Wäldern der Umgebung.
Bild:Soldau, o. D., Historische Ortsansicht, Franciszek Skibicki
Soldau, o. D., Historische Ortsansicht, Franciszek Skibicki

Bild:Wald von Bialutten, 2007, Wegweiser zu den Massengräbern der Ermordeten, Beax
Wald von Bialutten, 2007, Wegweiser zu den Massengräbern der Ermordeten, Beax
Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs richtete die SS in den ehemaligen Kasernen von Soldau im Herbst 1939 zunächst ein Durchgangslager für verhaftete Polen und Juden ein. Im November 1939 kam Dr. Dr. Emil Otto Rasch als Inspekteur der Sicherheitspolizei und des SD nach Königsberg. Ab Januar 1940 oblag ihm im Rahmen der deutschen »Intelligenzaktion« gegen die polnische Oberschicht die Verbringung von Häftlingen nach Soldau. Zwischen Januar und April des Jahres ließ Rasch in Soldau mindestens 1.500 Polen und Juden – vor allem Akademiker, Offiziere und Priester – nach Standgerichtsurteilen ermorden. Einzelerschießungen fanden direkt auf dem Kasernengelände statt, Massenexekutionen in den umliegenden Wäldern bei Bialutten (Białuty) und Kämmersdorf (Komorniki). Im März 1940 wurden – neben Hunderten anderen – auch der 82-jährige Erzbischof Antoni Julian Nowowiejski und Weihbischof Leon Wetmański von Płock verhaftet und dorthin überstellt. Beide kamen Anfang 1941 um.
Bereits ab Anfang 1940 mordete ein Sonderkommando unter Führung des SS-Hauptsturmführers Herbert Lange Krankenhäuser im eroberten Polen leer. Ende Mai räumte die SS die ostpreußischen Provinzialanstalten unter anderem in Allenberg bei Wehlau, in Tapiau, Kortau und Carlshof bei Rastenburg und verschleppte die Patienten in andere Einrichtungen und nach Soldau. Bis zum 8. Juni 1940 ermordete das »Sonderkommando Lange« 1.558 deutsche und bis zu 300 polnische Behinderte dort in Gaswagen.
Im Mai 1940 erfolgte die Umwandlung des SS-Lagers in ein Arbeitserziehungslager, das alle ostpreußischen Staatspolizeidienststellen bis Januar 1945 nutzten. Im Frühjahr 1944 erhielt das SS-Sonderkommando 1005 den Befehl, in einer »Enterdungsaktion« die Spuren des Massenmordes 1940/41 bei Soldau zu beseitigen. Vor dem Einmarsch der Roten Armee schickte die SS am 17. Januar 1945 die letzten Häftlinge auf einen Todesmarsch. Gleich nach der Eroberung betrieb der sowjetische Geheimdienst NKWD Soldau als Lager für polnische Kriegsgefangene und Volksdeutsche weiter.
Bild:Soldau, o. D., Historische Ortsansicht, Franciszek Skibicki
Soldau, o. D., Historische Ortsansicht, Franciszek Skibicki

Bild:Wald von Bialutten, 2007, Wegweiser zu den Massengräbern der Ermordeten, Beax
Wald von Bialutten, 2007, Wegweiser zu den Massengräbern der Ermordeten, Beax
Insgesamt durchliefen von Herbst 1939 bis Januar 1945 zwischen 20.000 und 50.000, möglicherweise sogar 200.000 Menschen das Lager Soldau. Die Zahl der Opfer – Angehörige der polnischen Oberschicht, Juden sowie Patienten aus Heil- und Pflegeanstalten – wird auf 13.000 bis 20.000 geschätzt.
Bild:Soldau, o. D., Kaserne am späteren Standort des SS-Lagers, Franciszek Skibicki
Soldau, o. D., Kaserne am späteren Standort des SS-Lagers, Franciszek Skibicki

Bild:Soldau, 2011, Die ehemalige Kaserne heute, Stiftung Denkmal
Soldau, 2011, Die ehemalige Kaserne heute, Stiftung Denkmal
Nach 1945 kam Soldau – wie das gesamte südliche Ostpreußen – zu Polen, die deutschen Einwohner wurden verfolgt und verjagt, Vertriebene aus dem sowjetisch annektierten Ostpolen angesiedelt. Diese Neusiedler entdeckten Massengräber von getöteten Häftlingen aus den Jahren 1939 bis 1944/45 in den Wäldern bei Bialutten (Białuty), südöstlich von Soldau, und Kämmersdorf (Komorniki), nordöstlich der Stadt. Dort erinnern jeweils Gedenkanlagen an die Tausenden Ermordeten. Auch auf dem Soldauer Kirchenfriedhof, wo in elf Gräbern exhumierte Leichen bestattet wurden, gibt es einen Gedenkstein.
Bild:Wald von Bialutten, 2007, Denkmal für die Ermordeten, Beax
Wald von Bialutten, 2007, Denkmal für die Ermordeten, Beax

Bild:Wald bei Kämmersdorf, 2011, Denkmalanlage, Stiftung Denkmal
Wald bei Kämmersdorf, 2011, Denkmalanlage, Stiftung Denkmal
Name
Były obóz koncentracyjny w Działdowie