• Jüdisches Zwangsaltersheim Herrlingen
Vermutlich auf Betreiben der Gestapo wurde 1939 in einem ehemaligen Landschulheim ein jüdisches Altersheim eingerichtet. Nach seiner Schließung im Jahr 1942 wurden die jüdischen Heimbewohner und Angestellten nach Theresienstadt deportiert. 2000 wurde auf Initiative des Vereins »Haus unterm Regenbogen« eine Tafel an dem ehemaligen Altersheim angebracht, die an das Schicksal der Deportierten erinnert.
Bild:Herrlingen, vor 1933, Postkartenansicht des Landschulheimes, Ruth Fichtner
Herrlingen, vor 1933, Postkartenansicht des Landschulheimes, Ruth Fichtner

Bild:Herrlingen 2007, Das ehemalige jüdische Landschulheim und Altersheim, Gemeinde Blaustein, Alb-Donau-Kreis, Manfred Kindl
Herrlingen 2007, Das ehemalige jüdische Landschulheim und Altersheim, Gemeinde Blaustein, Alb-Donau-Kreis, Manfred Kindl
Bis 1939 befand sich in Herrlingen ein jüdisches Landschulheim. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte es sich zu einem Zentrum jüdischen Lebens in Süddeutschland entwickelt. Zeitweise wurde es von über hundert Schülern besucht. Anfang 1939 wurden das Heim und die Schule nach Repressalien von Nationalsozialisten vor Ort aufgelöst. Am 3. Februar 1939 stellte der israelitische Oberrat bei der Gestapoleitung Stuttgart den Antrag, in den Gebäuden des Landschulheims ein jüdisches Altersheim einrichten zu dürfen. Vermutlich wurde die Antragstellung auf Druck der Gestapo betrieben mit dem Ziel, die jüdischen Bewohner Württembergs aus den Städten und Dörfern zu verdrängen und an einem Ort zu sammeln. Der Einzug der neuen Bewohner in das ehemalige Landschulheim geschah meist zwangsweise. Die jüdischen Rentner mussten ihre bisherigen Wohnungen und Heimunterkünfte auf Drängen der Behörden verlassen und in das Altersheim Herrlingen umziehen. Seit Ende 1940 verschlechterten sich die dortigen Bedingungen immer mehr, zugleich untersagte die Heimleitung private Besorgungen der jüdischen Bewohner. Einige Angehörige des Herrlinger Altersheims wurden auf Anweisung der Gestapo in »Heil- und Pflegeanstalten« eingewiesen, wo sie im Rahmen der »Euthanasie«-Aktion ermordet wurden. Von der Gründung bis zur Auflösung lebten insgesamt 151 Personen im Altersheim Herrlingen. Im August 1942 wurden seine Bewohner sowie acht Mitarbeiter nach Oberstotzingen verlegt. Kurz darauf wurden sie nach Theresienstadt und weiter in die Vernichtungslager im besetzten Polen deportiert. Zuvor waren bereits neun Insassen und Angestellte des Altersheims direkt in Vernichtungslager deportiert worden.
Bild:Herrlingen, vor 1933, Postkartenansicht des Landschulheimes, Ruth Fichtner
Herrlingen, vor 1933, Postkartenansicht des Landschulheimes, Ruth Fichtner

Bild:Herrlingen 2007, Das ehemalige jüdische Landschulheim und Altersheim, Gemeinde Blaustein, Alb-Donau-Kreis, Manfred Kindl
Herrlingen 2007, Das ehemalige jüdische Landschulheim und Altersheim, Gemeinde Blaustein, Alb-Donau-Kreis, Manfred Kindl
120 Bewohner des jüdischen Altersheims wurden Opfer der nationalsozialistischer Judenverfolgung. Der größte Teil der Heimbewohner und Angestellten wurde nach Theresienstadt deportiert. Viele starben dort an Unterernährung und wegen fehlender medizinischer Betreuung. Ein anderer Teil wurde von Theresienstadt aus in die Vernichtungslager verschleppt und dort ermordet. Von den insgesamt 96 nach Theresienstadt deportierten erlebten nur vier Menschen das Kriegsende. Mindestens 15 ehemalige Schüler des jüdischen Landschulheimes wurden ebenfalls Opfer nationalsozialistischer Verfolgung.
Bild:O.O., o.D., Josef Staropolski starb am 18. September 1942 mit 87 Jahren in Theresienstadt, Kreisarchiv Alb-Donau-Kreis Ulm
O.O., o.D., Josef Staropolski starb am 18. September 1942 mit 87 Jahren in Theresienstadt, Kreisarchiv Alb-Donau-Kreis Ulm

Bild:Herrlingen, 2007, Gedenktafel am ehemaligen Altersheim, Gemeinde Blaustein, Alb-Donau-Kreis, Manfred Kindl
Herrlingen, 2007, Gedenktafel am ehemaligen Altersheim, Gemeinde Blaustein, Alb-Donau-Kreis, Manfred Kindl
1985 gründete sich in dem ehemaligen Heimgebäude der Verein »Haus Unterm Regenbogen«. Der »Arbeitskreis Landschulheim« dieses Vereins beschäftigt sich seitdem mit der Aufarbeitung der Geschichte des Hauses. In den 1990er Jahren pflanzte der Verein einen »Baum der Erinnerung« vor dem ehemaligen Landschul- und Altersheim. 2000 wurde eine Erinnerungstafel an das Jüdische Altersheim in Herrlingen eingeweiht.
Bild:Herrlingen, 2007, Das ehemalige jüdische Landschulheim und Altersheim, Gemeinde Blaustein, Alb-Donau-Kreis, Manfred Kindl
Herrlingen, 2007, Das ehemalige jüdische Landschulheim und Altersheim, Gemeinde Blaustein, Alb-Donau-Kreis, Manfred Kindl

Name
Jüdisches Zwangsaltersheim Herrlingen
Adresse
Erwin-Rommel-Steige 50
89134 Herrlingen
Telefon
+49 (0)7304 588 1
Fax
+49 (0)7304 426 66
Web
http://www.haus-unterm-regenbogen.de
E-Mail
kgiebeler@aol.com
Angebot
Regelmäßige Vorträge, Konzerte und Lesungen, Führungen für Schulklassen