• Denkmal für die ermordeten Juden von Samhorodok
In Samhorodok erinnern zwei Denkmäler an die bis zu 700 Juden des Dorfes, die zwischen 1941 und 1943 dort ermordet wurden.
Bild:Samhorodok, 2019, Neue Gedenktafel am Tag der Einweihung des Denkmals, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Samhorodok, 2019, Neue Gedenktafel am Tag der Einweihung des Denkmals, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko

Bild:Samhorodok, 2019, Gesamtansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Samhorodok, 2019, Gesamtansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Samhorodok ist ein 40 Kilometer nordöstlich von Winnyzja gelegenes Dorf, das im frühen 17. Jahrhundert gegründet wurde. 1897 waren von 3.605 Einwohnern von Samhorodok 1.234 Juden, etwas mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung. Während des Russischen Bürgerkrieges gab es im Dorf ein Pogrom: Im Oktober 1920 plünderten Soldaten der Roten Armee jüdische Häuser. Es gab auch Todesopfer, mehrere Frauen wurden vergewaltigt.
Während der frühen sowjetischen Zeit nahm die Zahl der Juden auf dem Land weiter ab, da viele Juden in die Städte zogen. Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges lebten nur noch etwa 800 Juden in Samhorodok.
Die deutsche Wehrmacht besetzte Samhorodok am 22. Juli 1941. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich etwa 700 Juden vor Ort, die bereits kurze Zeit später in ein offenes Ghetto umziehen mussten. Während im Herbst 1941 in einer Welle von Massenerschießungen viele jüdische Gemeinden in der Region ausgelöscht wurden, blieb es in Samhorodok lange relativ ruhig. Am 16. Mai 1942 wurden die Juden jedoch gezwungen, in einen besonders ärmlichen Teil des Dorfes umzuziehen. Ab diesem Zeitpunkt waren die Lebensbedingungen der Menschen im Ghetto katastrophal, schon nach wenigen Tagen waren sie körperlich sehr geschwächt.
Am 4. Juni wurde das Ghetto gewaltsam aufgelöst. An der Aktion beteiligten sich deutsche Gendarmen, ungarische Soldaten und lokale ukrainische Polizisten. Alte und Gebrechliche, die nicht mehr gehen konnten, wurden an Ort und Stelle erschossen. Alle anderen wurden in die Nähe der nahegelegenen Siedlung Hermanivka (damals: Lozivka) getrieben. Hier mussten Bauern zuvor eine Grube ausheben. Ungarische Soldaten riegelten das Gelände ab. Die etwa 500 jüdischen Kinder, Frauen und Männer mussten sich hier ausziehen und in die Grube legen, bevor sie von deutschen Gendarmen per Genickschuss ermordet wurden.
In den darauffolgenden Wochen wurden immer wieder einzelne Juden in der Umgebung gefasst und auf dem jüdischen Friedhof von Samhorodok erschossen.
Bild:Samhorodok, 2019, Neue Gedenktafel am Tag der Einweihung des Denkmals, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Samhorodok, 2019, Neue Gedenktafel am Tag der Einweihung des Denkmals, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko

Bild:Samhorodok, 2019, Gesamtansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Samhorodok, 2019, Gesamtansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Nachdem schon viele Juden wegen der katastrophalen Bedingungen im Ghetto ihr Leben verloren, ermordeten deutsche Gendarmen bei der Massenerschießung vom 4. Juni 1942 etwa 500 jüdische Kinder, Frauen und Männer. Danach wurden immer wieder einzelne Juden gefangen genommen und am jüdischen Friedhof erschossen. Bis auf etwa 10 Personen wurden alle bis zu 700 Juden ermordet, die beim Beginn der deutschen Besatzung in Samhorodok lebten.
Bild:Samhorodok, 2019, Gesamtansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Samhorodok, 2019, Gesamtansicht des Denkmals, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko

Bild:Samhorodok, 2019, Gedenkstein auf dem jüdischen Friedhof für die dort erschossenen Juden, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Samhorodok, 2019, Gedenkstein auf dem jüdischen Friedhof für die dort erschossenen Juden, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Die Rote Armee eroberte Samhorodok am 1. Januar 1944 zurück. Diesen Tag erlebten nur etwa 10 Juden aus Samhorodok. Noch vor Ende des Krieges ermittelte eine sowjetische Untersuchungskommission in Samhorodok, um Beweise über deutsche Verbrechen zu sammeln. Dabei wurde auch die Zeugenaussage eines jüdischen Überlebenden aufgenommen, was bei solchen Untersuchungen nur sehr selten vorkam. Auch einige lokale Kollaborateure wurden verhaftet.
Am Ort der Massenerschießung vom 4. Juni wurde in den unmittelbaren Nachkriegsjahren ein Obelisk aufgestellt. Welche Inschrift dieses Denkmal hatte und in welcher Sprache, kann niemand mehr mit Sicherheit sagen, auch nicht, wer die Initiative für das Gedenkzeichen ergriff. Später wurde dieser Obelisk, der mitten auf einer landwirtschaftlich genutzten Wiese stand, um eine Betonplatte ergänzt und umzäunt. Nicht-invasive archäologische Untersuchungen von 2016 und 2017 ergaben, dass sich die Betonplatte tatsächlich auf dem Massengrab befand, jedoch nicht das ganze Grab abdeckte. Im September 2019 wurde hier ein neues Denkmal feierlich eingeweiht. Das Denkmal wurde durch eine Informationsstele ergänzt, das in ukrainischer, englischer und hebräischer Sprache über das Schicksal der Juden Samhorodoks informiert. Die Untersuchungen sowie die Aufstellung des neuen Denkmals wurden im Rahmen des Projekts »Erinnerung bewahren« durchgeführt, das bei der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas in Berlin angesiedelt ist.
Auch auf dem jüdischen Friedhof erinnert mittlerweile ein Gedenkstein an die während der deutschen Besatzung dort ermordeten Juden.
Bild:Samhorodok, 2019, Obelisk aus der Nachkriegszeit und neue Bedeckung des Massengrabs, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Samhorodok, 2019, Obelisk aus der Nachkriegszeit und neue Bedeckung des Massengrabs, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko

Bild:Samhorodok, 2019, Informationsstele und der Weg zum Denkmal, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Samhorodok, 2019, Informationsstele und der Weg zum Denkmal, Stiftung Denkmal, Anna Voitenko
Name
Меморіал на місці масового розстрілу євреїв Самгородка
Web
https://www.erinnerungbewahren.de/samhorodok/
E-Mail
info@erinnerung-bewahren.de
Öffnungszeiten
Das Denkmal ist jederzeit zugänglich.